Montag, 22. September 2025

Die Dogmen des Freimaurertumes und der Katholische Glaube (Kardinal Ratzinger)

 

Die Dogmen des Freimaurertumes und der Katholische Glaube



Kardinal Joseph Ratzinger spricht in seinem Essay: „Was ist Wahrheit“ unter dem Verweis auf den katholischen Philosophen Maritain „von den freimaurerischen Dogmen des notwendigen Fortschritts,des anthropologischen Optimismus,der Vergötterung des Individuums“. 1 Das Anliegen Maritains ist es nun, ein für den Katholischen Glauben bejahbares Verständnis der Demokratie zu konstruieren,indem die Idee der Demokratie aus ihrem freimaurerisch dogmatischen Kontext herausemanzipiert werden soll.

Eines der Kernanliegen des Freimaurertumes könnte in dem Kampf gegen das Thron- und Altarbündnisses, dem Zentrum der Konstantinischen Epoche angesehen werden, sodaß als das Endziel eine bürgerliche Weltrepublik entstünde, in der die Kirche und alle Religionen, wenn sie dann noch existieren nur noch als eine Marginiale. Hier steht extra ein Konjunktiv dubitationis, denn ganz Gewisses kann über eine so geheime Organisation wie die der Freimaurer nicht ausgesagt werden, zumal die existierenden Gerüchte über einen Zusammenhang zwischen dem Templerorden und der Gründung der Freimaurerei noch Dunkleres und Verborgeneres vermuten lassen könnten. Ob die Behauptung, daß gar in dem Templerorden ein/der Behemoth verehrt wurde, wahr ist, wird wohl erst im göttlichen Endgericht endgültig geklärt werden.

Es ist aber zu fragen, ob das Konzept der Demokratie tatsächlich vollständig von diesen freimaurerischen Dogmen emanzipiert werden kann. Daß die bürgerliche Gesellschaft mit ihrer Staatsform der Demokratie besser ist als das Herrschaftssystem der Konstantinischen Epoche, setzt das nicht voraus, daß das Nacheinander, daß nun die bürgerliche Gesellschaft an die Stelle der früheren tritt, eine Weiterentwickelung ist, daß darin also der Fortschritt sich manifestiert.

Eine auf den ersten Blick störende Ausschweifung zu dieser Causa

In dem Thomas Mann Roman: „Doktor Faustus“ finden sich tiefgründige Erwägungen und ein Durchdenken dessen, was die Musik und dann wohl auch die Kunst ist. Dabei wird von einer Unterscheidung „zwischen kultischen und kulturellen Epochen“ der Kunst gesschrieben, daß eine „Säkularisierung der Kunst,ihre Trennung vom Gottesdienst“ sich ereignet habe.2 Aber die habe ihr ihren Gehalt beraubt, so daß die „Säkularisierung“ „nur oberflächlichen und episodischen Charakter trage.“3



Was allgemein als ein Beispiel des Fortschrittes gedeutet wird, daß sich die Kunst aus ihrem ursprünglichen Eingebundensein in magische und kultische Praktiken emanzipiert hat, wird hier zu etwas Bezweifeltem, als ein Verlust gedeutet,sodaß die Frage aufgeworfen wird, ob und wie die Kunst sich neu wo wieder beheimaten könnte, da sie ihre ursprüngliche durch die Säkulariisation verlustig gegangen ist. ( Nebenbei: Der ganze Roman ist dieser Suchbewegung gewidmet!)

Die bürgerliche Demokrtie lebt von dem Pathos, daß die Politik, wenn sie sich ganz von allen Religiösem emanzipiert zu einer Tätigkeit der Vernunft wird. Das ist auch einer der Gründe, warum die jetzige Staatsregierung Israels zu heftig attackiert wird, weil in ihr jüdisch-religiöse Parteien Einfluß hätten und das schon allein als vernunftwidrig und demzufolge als extremistisch verurteilt wird. Es ist ja nun auch gerade das Anliegen des Kardinals und späteren Papstes Benedikt, darauf zu insistieren, daß die Demokratie eines Fundamentes moralischer Art bedarf, die der Staat nicht selbst hervorbringen kann. Aber genau das bildet das Zentrum des dogmatischen Optimismus, daß die menschliche Vernunft, befreit aus der Bevormundung durch die Kirche und der Religionen erst zu einer wahrhaft humanen Praxis befähigt.

Daß dasdaß Ordnungsprinzip der bürgerlichen Gesellschaft das Streben nach dem Eigenutz ist, das stellte nicht nur Karl Marx sondern schon Hegel fest in seiner immer noch bedenkenswerten Kritik der bürgerlichen Gesellschaft, dem Hegel dann die Ordnung des Staates ges genüberstellt. Versimplifiziert könnte man den Staat im Sinne Hegels mit einem Dirigenten vergleichen, der so ein Orchester regiert, daß statt daß jeder nach seiner Lust, spielt wie es ihm gefällt, das Orchester auf ein gemeinsames Ziel hin geleitet wird, daß da staat einer Katzenmusik etwa eine Synphonie erklingt. Führt aber die Staatsform der Demokrtie eher dazu, daß der Staat sich von lobbyistischen Machtgruppen angeeignet wird, sodaß der Staat nicht mehr der erste Diener des Allgemeinwohles, des Staatsvolkes ist.

Den Menschenrechten und der Menschenwürde liegt ja primär die Idee, den Einzelnen vor eih nem übergriffigen Staat zu schützen, daß jeder sein Privatleben führen dürfe, aber es fehlt so die Ausrichtung auf das Allgemeinwohl. Der Bürger tritt hier nur als ein vernünftig egoistisch leben Wollender auf, der stets seine Freiheit durch die Freiheit des Anderen bedroht sieht, aber nicht als Zoon politicon, als von seiner Natur her auf ein soziales Leben Ausgerichteter.

Die „Vergötterung des Individuums“ manifestiert sich in den aktuellen politischen Debatten in dem Nein zu einem sozialen Pflichtjahr bzw dem Nein zur Wiedereinführung der Wehrdienstpflicht, denn wo wird deutlicher als da, daß der Einzelne eingebunden lebt in einer Gemeinschaft, die ihm viel gibt aber auch Anforderungen an ihn stellt, daß er Pflichten seiner Gemeinschaft gegenüber hat. Das andere Extrem zeigt die Debatte um dasß Asylrecht auf, daß hier ohne eine Rücksicht auf das Allgemeinwohl die unbegrenzte Aufnahme von „Flüchtlingen“ verlangt wird, daß also das vermeintliche Recht, daß jeder leben dürfe, wo es ihm gefalle, anerkannt wird zum Schaden des eigenen Volkes, sowohl des Aufnahmelandes wie dessen, aus denen deren Bürger so fliehen, ihre Pflichten ihrer Heimat gegenüber untreu werdend. Die Frucht einer „Vergötterung des Individuums“ ist nun mal der praktizierte Egoismus, durch den sich die bürgerliche Gesellschaft auszeichnet. Es ist so eine offene Frage, ob der demokratische Staat stark genug sein kann, sich seiner Usurpation durch Gruppenegoismen zu widersetzen.

Kardinal Ratzinger setzt dabei auf eine moralische Fundierung der bürgerlichen Gesellschaft, aber auch die muß dann auch staatlich unterstützt und gestärkt werden.

Man könnte sagen, daß die Freimaurerei mit dem Sturz der letzten großen christlichen Monarchien Europas, des zaristischen Rußlandes, und des deutschen und österreichischen Königsreiches am Ende des 1.Wetkrieges ihr Ziel der Zerstörung des Thron- und Altarbündnisses erreicht hatten und daß nun nach 1989 in ganz Europa die Demokratien blühen, aber ob das in jeder Hinsicht ein Fortschritt im Guten ist, da darf man wohl ein Fragezeichen setzen.

Man kann sich aber nicht des Eindruckes erwehren, daß die Kirche im „Geiste des 2.Vaticanums“ sich diese freimaurerischen Dogmen selbst zu eigen gemacht hat, sich selbst dabei als die Erlösungsreligion verleugnend. Denn wenn diese Freimaurerdogmen wahr wären, wäre jeder Erlöser und jede Erlösungsreligion völlig überflüssig!



1Joseph Kardinal Ratzinger, Was ist Wahrheit?, in: Werte in Zeiten des Umbruchs, 2005,S.59.

2Thomas Mann, Doktor Faustus VIII Kapitel.

3Thomas Mann, a.a.O.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen