Eine neue Kriegstheologie braucht das Land - „Der Frieden ist nicht immer das höchste Gut.“1
Erläuternd wird hinzugefügt: „Oder richtiger: Für den dauerhaften und gerechten Frieden ist manchmal Konflikt unvermeidlich. Der billige Kompromiss, die faule Schein-Einmütigkeit kann geradezu der Feind des gerechten, wahrhaftigen Friedens sein.“ Unter dem unvermeidlichen Konflikt versteht der Taxt hier den Krieg. Man müsse also in besonderen Lagen um des Zieles des gerechten Friedens willen einen Krieg führen. Als die Alternative für einen um des gerechten Friedens willen zu führenden Kriege gilt der „billige Kompromiss“, „die faule Schein-Einmütigkeit“. Damit soll das Streben nach einer diplomatischen Lösung aktuell des Ukrainekrieges und des Gazakrieges diffamiert werden. Nur durch das Mittel des Krieges sei ein gerechter Friede erreichbar.
Carl Schmitt urteilte schon in seinem Essay: „Der Begriff des Politischen“ 1932: „daß heute der schrecklichste Krieg nur im Namen des Friedens, die furchtbarste Unterdrükung nur im Namen der Freiheit und die schrecklichste Unmenschlichkeit nur im Namen der Menschheit vollzogen wird.“2 Selbstverständlich hat die Theologie niemals behauptet, daß der irdische Friede das höchste Gut sei, höchstens der Friede mit Gott. Die von der Kirche vertretende Lehre vom gerechten Krieg beinhaltet ja gerade die gut begründete Lehre, daß es gerechtfertigte Kriege geben kann. Aber stets hat die Kirche den Krieg nur als das ultima ratio Mittel zur Wiederherstellung eines Friedens bejaht und stets den Vorzug diplomatischer Lösingen. Genau diese Präferenz will nun die zeitgenössische Kriegstheologie außer Kraft setzen.
Wie fast jede heutige politische Theologie setzt auch dieser mit dem Nationalsozialismus und Hitlers 2.Weltkrieg an und begibt sich dabei in eine gefährliche Nähe zu den Thesen revisionistischer Historiker, die unsere Alleinschuld am 2.Weltkrieg in Frage stellen. Es wird nun konstatiert, daß Hitler nach dem Ende des Polenfeldzuges alles unternahm, um den Krieg zu beenden. England und Frankreich hatten ja ob des deutschen Angriffes auf Polen Deutschland den Krieg erklärt und die deutsche Diplomatie versuchte nun, den Ausbruch des Krieges mit England und Frankreich zu verhindern.3
Der Theologe Hartl sieht das nun aber so:“Wäre es besser gewesen, die Alliierten hätten sich aus dem Krieg herausgehalten und "Frieden" mit Deutschland bewahrt? Oder müsste man nicht viel unbequemer, aber ehrlicher zugeben: Der Frieden ist nicht immer das höchste Gut.“ Damit sagt er, daß Churchil gut gehandelt hat, als er alle Vorschläge Deutschlands zur Beendigung des Krieges abgelehnt hatte und stattdessen mit den anderen Verbündeten zusammen den Krieg gegen den Diktator Hitlers geführt hatte bis zur endgültigen Besiegung Deutschlandes. Nur dieser militärische Sieg konnte einen gerechten Frieden herbeibringen, denn die Diplomatie hätte nur einen faulen Scheinfrieden erwirken können. Wie viele Millionen an Menschen hat dieser Krieg um eines gerechten Friedens willen dann das Leben gekostet! Und was war an dem Frieden nach der Kapitulation Deutschlands gerecht? Etwa die Millionen an Vertriebenen aus den Ostgebieten Deutschlandes und der Raub dieser Gebiete durch die Siegermächte?
So müsse nun auch gegen Rußland als dem Agressor und gegen die Palästinenser ein Krieg geführt werden, und man müsse auf diplomatische Lösungen verzichten, weil auch hier gälte, daß der Feind vernichtet werden müsse. „Wäre es zum Beispiel also Friede, wenn die Ukraine einfach die Niederlage gegen den Aggressor akzeptierte? Wäre es Friede, wenn Israel auf einen völligen Sieg über die Hamas verzichten würde, damit die Geiseln freikommen und die internationale Kritik abebbt?“ Der wahre Friede ist also der „völlige Sieg“ über den Feind! Und den kann nun eine diplomtische Lösung niemals erwirken, denn das Wesen einer diplomatischen Lösung ist nun mal der Kompromiß, daß den Existenzrechten aller Konfliktparteien Rechnung getragen wird.
Aber für den Theologen mutieren hier Kriege zu Endschlachten des Reiches des Lichtes gegen das Reich des Bösen, die nur in der völligen Vernichtung des Bösen enden können! Aber in den menschlichen Kriegen kämpfen nicht Rein-Gute gegen Rein-Böse, denn Gott allein ist rein gut und der Teufel allein vollkommen böse.4 Deswegen kann es auch für politische Konflikte Kompromißlösungen geben, die Kriege beendigen und daß dann der diplomatisch gewirkte Frieden „nur“ das Ende der militärischen Gewalt ist.
So könnte es auch für den Ukraine- wie für den Gazakrieg diplomatische Lösungen geben, wenn auf das Ziel der Vernichtung des Feindes verzichtet wird. Dazu gehörte aber auch, wahrzunehmen, daß in der Regel in Kriegen nicht die einen die völlig Unschuldigen und die Anderen nur die Übeltäter sind! Ein schlichtes Schwarz-Weiß-Malen behindert dagegen das Vermögen, Kompromisse für einen diplomtisch zu erringenden Frieden zu finden. Nur, wer den „völligen Sieg“ will, kann keine Kompromisse gutheißen. Das macht die neue Kriegstheologie aus!
1Johannes Hartl, Mehr als das Schweigen der Waffen: Was Frieden wirklich bedeutet, „Communio“ 10.9.2025
2Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen, 6.Auflage der Ausgabe von 1963, S.64.
3Gut rekonstruiertt findet sich dies diplomatische Unterfangen in: Helmut Schröcke, Der Jahrhundertkrieg 1939-1945. Lesenswert ist auch:Gerd Schulze-Rhobdorf: Der Krieg,der viele Väter hatte, Compact- Geschichte Nr.4.
4Man darf nicht außer Acht lassen, daß der jetzige Krieg zwischen Israel und den Palästinensern seinen Irsprung hat in der Eroberung Palästinas durch das jüdische Volk, als es aus der Wüste kommend das heutige Staatsgebiet Israels und noch mehr Gebiete militärisch eroberte und die dort Heimischen tötete und vertrieb, Hier stand das Recht der dort Beheimateten dem Recht des jüdischen Volkes, dies Land von Gott her als ihren Besitz anzusehen, gegenüber.Das Heimatrecht der Palästinenser ist auch ein Recht und das Tragische, daß beide zugleich Recht haben.
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