Für Liebhaber von Abstrusitäten: „Wie offenbart sich Gott im Gekreuzigten?:“
Dieser so betitelte Podcast der Internetseite „Communio“ am 1.9.2025 ist kein verspäteter Aprilscherz und auch kein Satirebeitrag sondern ein Kompendium abstrusester Phantasmen, denen die Kreuzestheologie Urs von Balthasar zugrunde liegen soll. So wird dieser Hörbeitrag präludiert: „Für COMMUNIO-Gründer Hans Urs von Balthasar ist das Kreuz der Höhepunkt einer Bewegung der göttlichen Selbstentäußerung. Balthasar ist überzeugt: Der allmächtige Gott offenbart sich in der Ohnmacht des Kreuzes als die reine Liebe.“
Es soll sich nun zuerst auf das Phantasmata der „Ohnmacht des Kreuzes“ kapriziert werden, Der Sohn Gottes soll also ohnmächtig das Kreuz erlitten haben! Es bedarf nun weder einer durchreflektierten Trinitätslehre noch eines in diesem Beitrag so polemisch diffamierten philosophischen Begriffes der Allmacht Gottes, um festzustellen, daß die Aussage des Philiperhymnus, daß Jesus Christus „gehorsam bis zum Tode, bis zum Tode am Kreuze“ (Philipper, 1,8) unvereinbar ist mit der Vorstellung eines ohnmächtigen Jesu Christi am Kreuze. Ein grobianisches Beispiel veranschailicht das ad hoc: Wenn ein Mann einer Frau KO-Trophen eingibt, und wenn sie dann ohnmächtig geworden ist, vergewaltigt, dann kann diese Vergewaltigung nicht als ein Gehorsam der Frau dem Vergewaltiger gegenüber interpretiert werden. Das Gehorchenkönnen setzt nämlich denknotwendig den freien Willen des Gehorchenden voraus, sich entscheiden zu können, gehorchen zu wollen oder nicht gehorchen zu wollen. Jesus gehorchte, indem er sich freiwillig dafür entschied, seinem Vater zu gehorchen, das Kreuz auf sich zu nehmen!
Jesus war keineswegs ohnmächtig und hilflos der römischen Besatzungsmacht ausgeliefert. Denn er sagte zu seinen Schülern, als die seine Verhftung durch den Einsatz des Schwertes zu verhindern versuchte: „Oder glaubst du nicht, mein Vater würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schicken, wenn ich ihn darim bäte?“ (Mt 26.53) Urprünglich wird im Hebräischen Gott als der Heer der Heerscharen bezeichnet. Das ist ein militärischer Begriff und besagt, daß Gottes Heerr unzählig groß und aus Soldaten besteht, nämlich Engeln, die sich durch ihre übernatürliche Kriegskraft aussetzen, sodaß man bei der Übersetzung ins Griechische (Pantokrator) oder ins Lateinische (omnipotent) die ursprüngliche militärische Bedeutung nicht wegdiskutieren darf. Diese zwölf Engelslegionen besitzen also so viel Macht, daß die gesamte römische Militärmacht nicht ihr sich entgegenstellen könnte, denn sie wäre wahrlich diesen Legionen gegenüber ohnmächtig.
Jesus zweifelt keine Sekunde, daß Gott, wenn er es wollte, ihm den Kreuzestod ersparen könnte, ihn davor bewahren, denn Gott ist allmächtig und das inkludiert nicht nur, daß er alles, was er will, vollbringen kann, sondern auch, daß er alles hätte wollen können,was er nicht realisiert hat. Er hat die Welt geschaffen, er hätte sie auch nicht erschaffen wollen. So betet er: „Vater,wenn du willst,nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein,sondern dein Wille soll geschehen.“ (Lk 22,42). Der Gehorsam Jesu besteht darin, daß er Gott bittet, das der Wille des Vaters geschehen solle und er dann, wenn es Gottes Wille ist, sein Kreuz ertragen will. Mit der Vorstellung einer Ohnmacht Jesu oder Gottes hat das überhaupt nichts zu tuen. Gott ist so allmächtig, daß in der Kreuzigung Jesu genau da sich Gottes Wille realisierte und Jesus, obzwar er jederzeit die Macht hätte, sich dem Kreuzestod zu entziehen, sich kreuzigen ließ.
Aber woher hatte den der Römische Staat die Macht, die Vollmacht, den Sohn Gottes zu kreuzigen? Auch diese Frage respondiert Jesus eindeutig, indem er zu Pilatus sagt: „Du hättest keine Macht über mich,wenn es dir nicht von oben gegeben wäre“. (Joh 19,11) Die Römische Staatsmacht maßt sich hier also kein Recht an, daß ihr nicht zusteht, sondern sie übt hier die Schwertgewalt aus, die ihr eigens von „oben“ von Gott also übergeben worden ist. Diese Schwertgewalt steht, wie es Paulus Metaphysik des Staates darlegt, im Dienste der Gerechtigkeit Gottes. (Röm 13,1-7)
Wäre Jesus wie der Märtyrer Stephanus gesteinigt worden, dann wäre er nur ein Opfer einer Lynchjustiz geworden, aber da ihn der Römische Staat zu Tode verurteilte als von Gott eingesetztes Schwert im Dienste der Gerechtigkeit, wird er um der göttlichen Gerechtigkeit willen gekreuzigt.1
Auch wenn aus katholischer Perspektive Luthers Theologie als häretisch beurteilt werden muß, kann man schwerlich bestreiten, daß seine Auslegung von: „uns zum Fluche geworden“ wohl die beste ist, deshalb wird sie hier zitiert:
Von Martin Luther
Gal 3,13 Christus aber hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da er ward ein Fluch für uns, denn es steht geschrieben (5.Mose 21,23): „Verflucht ist jedermann, der am Holz hanget“, auf daß der Segen Abrahams unter die Heiden käme etc.
– Der ganze Nachdruck li„Christus hat alle unsere Sünde auf sich genommen …“ Eine Auslegung von Galater 3,13egt auf dem Wörtchen „für uns“. Christus ist, was seine Person angeht, unschuldig. Folglich mußte er nicht am Holze hangen, aber, weil jeder Räuber nach dem Gesetz ans Holz gehörte, darum mußte Christus nach dem Gesetz des Mose ans Holz gehängt werden, weil er die Person des Sünders und Räubers, nicht eines Einzelnen, sondern aller Sünder und Räuber vertreten hat. Wir sind ja Sünder und Räuber, darum sind wir des Todes und der ewigen Verdammnis schuldig. Aber Christus hat alle unsere Sünde auf sich genommen und ist dafür am Kreuz gestorben. Darum mußte er, wie Jes. 53,12 sagt, unter die Räuber gerechnet werden.
Das haben alle Propheten gesehen, daß der zukünftige Christus der größte Räuber, Mörder, Ehebrecher, Dieb, Tempelschänder, Lästerer etc. sein würde, der durch keinen Verbrecher in der Welt je übertroffen wird.“
Das Kreuz Christi offenbart uns so zuvörderst Gottes Gerechtigkeit, Paulus spricht gar vom „Zorn Gottes“ (Röm 1,18), der so offenbar wird.Nun wird aber in dem Podcast behauptet, daß Gott seine reine Liebe offenbare. Das kann aber schon dewegen nicht stimmen, da zu erst Gott seine Gerechtigkeit hier offenbart, daß er die Sünde straft. In am Kreuze sterbenden Jesus straft Gott die Sünden aller Menschen. Die Liebe zeigt sich dabei daran, daß er statt die Menschheit zu strafen, seinen Sohn stellvertretend straft. Daß Jesus nun die Strafe Gottes auf sich nahm, hat überhaupt nichts mit einer Ohnmacht Gottes zu tuen.
Wie wenig der Sohn Gottes ohnmächtig gewesen ist zwischen dem Karfreitag und Ostern, zeit uns:“So ist er auch zu den Geistern gegangen,die im Gefängnis waren, und hat ihnen gepredigt.“ (1.Petr. 3,19) Die christliche Religion kennt nicht die moderne, auf Epikur zurückführbare Vorstellung von dem Ganztod des Menschen, seiner Nichtung, sondern daß die Seele nach ihrer Trennung von ihrem Leibe alttestamentlich in die Unterwelt eingeht, wo Jesus ihnen nun am Karsamstag das Evangelium predigte.Der Tod ist das Getrenntsein der Seele von Gott, („Warum hast Du mich verlassen, mein Gott?“ ) in dem Hades, in den Jesus zum Heil der Seelen hinanstieg und dort selbst auch dies Getrenntsein von Gott erlittt in dieser Unterwelt.
Die These, daß Gottes Allmacht seine Liebe wäre, ist nun der Gipfel der Abstrusitäten dieses Podcastes! Gottes Allmacht, ursprünglich als realpolitisch als eine Militärmacht gedacht, ist sein Vermögen, alles realisieren zu können, was er will und daß er auch alles realisieren konnte, was er nicht realisieren wollte. Daß er ein liebender Gott ist, muß dabei als eine Selbstbestimmung Gottes gedacht werden, daß es ein Akt der Gnade ist, wenn Gott anderes als sich selbst liebt. Daß Gott sich dazu frei selbst bestimmen konnte und er nicht heteronom zur Liebe zu anderen bestimmt ist, setzt seine Allmacht als sein alles Bestimmenkönnen voraus. Gottes Sein darf ja nicht univok mit dem kreatürlichen Sein verstanden werden, daß seiner Existenz seine Essenz vorausliegte, zu der er sich dann noch kontingent verhalten könnte.2 Alle Bestimmungen Gottes können nur als wahre angesehen werden, wenn es durch einen Akt der Selbstbestimmug gesetzte Bestimmungen sind. Da der Grundsatz gilt: „Omnes determinatio est negatio“ kann eine Selbstlimitierung Gottes nur als eine durch ihn selbst gesetzte gedacht werden. Gott bestimmt sich dazu, Gott zu sein und somit nicht ein Nichtgott zu sein. Das exkludiert alles, was nicht Gott ist. Daß Gott ein den Menschen Liebender sein will, ist somit eine Setzung seiner Allmacht als potentia absoluta und deshalb kann seine Allmacht nicht seine Liebe sein, denn zu Gottes Allmacht gehört konstitutiv auch die Möglichkeit, ein den Menschen Verneinder sein zu können.
Völlig unsinnig ist nun die Behauptung, Gott erweise seine Liebe, indem er den Tod Jesu zugelassen hätte. Es ist sowohl mit der menschlichen wie der göttlichen Liebe unvereinbar, den Tod seines eigenen Kindes zuzulassen, wenn dieser vermieden werden könnte. Zu behaupten, Gott hätte den Kreuzestod nicht verhindern können, widerspricht nun eindeutig dem Gottsein Gottes und dem klaren Zeugnis der hl. Schrift! Mit 12 Engelslegionen hätte Gott seinen Sohn vom Kreuzestod bewahren können, aber er wollte diesen Kreuzestod um der göttlichen Gerechtigkeit willen.
1Am Rande ist zu ereähnen, daß durch die Beteiligung des Hohenpriesters am Kreuztod Chriisti dieser Tod als ein kultisches Sühnopfer zu stehen kommt, das darzubringen die vorhmehmste Aufgabe ja des Hohepriesrters ist.
2Weiterführend hierzu sei auf J.P. Sartres Freiheitsreflexionen verwiesen.
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