Freitag, 26. September 2025

Gott ist identisch mit dem Guten! Ist das wirklich eine problemlos anzuerkennende Wahrheit? Eine Kritik

 

Gott ist identisch mit dem Guten! Ist das wirklich eine problemlos anzuerkennende Wahrheit? Eine Kritik



Pater Recktenwald stellt in dem Artikel: „Gott ist nicht das Problem, sondern die Lösung: ein philosophisches Bekenntnis“1 die These der Identität Gottes mit dem Guten auf: „Diese Identität zwischen Gott und dem Guten können wir in unserem Denken auf zweierlei Weise herstellen: entweder vom Gottesbegriff aus oder vom Begriff des Guten aus. Es geht also um die zwei Fragen: Wie muss ich Gott denken, damit er mit dem Guten identisch ist? Wie muss ich das Gute denken, damit es mit Gott identisch ist?“

Wenn Gott das Gute ist, mit ihm identisch zu denken ist, dann ist Gott als durch das Gutsein bestimmt zu denken. Nun gilt aber: Omnia determinatio est negatio, also ist Gott, indem er das Gute ist, nicht das Nichtgute. Wie kann nun diese Begrenzung Gottes gedacht werden? Der Mensch findet sich stets als ein Mensch vor,das ist seine Natur, zu der er sich dann noch reflexiv verhalten kann, daß er sich als Mensch erkennen kann, cognitiv und bejahen kann, voluntativ und selbst lieben kann, affirmativ. Stets verhält er sich dabei schon zu etwas Vorhandenem. Das zeichnet den Menschen als ein geschaffenes Wesen aus, daß er nicht durch sich selbst hervorgebracht ist, sondern durch seine Eltern, bzw letztlich durch Gott. Das Geschaffensein als seine Bestimmung ist seine Natur.

Kann es so auch für Gott eine göttliche Natur geben, die seinem sich reflexiv dazu Verhaltem vorausgeht?Würde er so gedacht, dächte man in wie ein geschaffenes Sein. Daraus resultierte denknotwendig die Frage, wie Gott dann zu seiner göttlichen Natur gekommen sei, wenn sie seinem Erkennen und Wollen vorausgeht? Wie kann Gott so begrenzt gedacht werden, wenn es doch keine Macht geben kann, die Gott selbst begrenzen könnte? Nur ein erschaffenes Sein wird durch seinen Hervorbringer als etwas Bestimmtes erschaffen und so begrenzt, determiniert. Die Freiheit des Menschen ist deshalb immer auch eine durch seine Natur begrenzte, aber kann Gottes Freiheit als begrenzt gedacht werden?

Gottes Natur darf weder univok, wie die Natur des Menschen, noch äquivok, als völlig verschieden von der menschlichen Natur sondern ist analogisch zu denken, der Grundsatz der Analogia Entis Lehre.Setzt man in Gott eine unabhängig von seinem Erkennen und Wollen Gott eigene Natur voraus, denkt man Gott wie ein kreatürliches Sein, dem stets seine Natur vorausliegt, zu der sich dann aber der Mensch als Freiheit kontingent verhalten kann.

Das Gute ist nur als die Negation des Nichtguten ud das Nichtgute ist nur als die Negation des Guten. Wenn Gott also ursprünglich das Gute ist aus sich heraus als seine Natur, müßte das Nichtgute, das Böse also gleichursprünglich sein. Hier muß nun die geniale Erkenntnis Heraklits in diese Erörterterung einbezogen werden: „Der Krieg ist der Vater aller Dinge und der König aller. Die einen macht er zu Göttern, die andern zu Menschen, die einen zu Sklaven, die andern zu Freien.“ Für den philosophischen Gebrauch empfielt es sich nun, statt „Krieg“ die „Differenz“ zu setzen: Ohne Differenzen ist nichts als etwas Bestimmtes.Ja,es könnte nicht mal ausgesagt werden, daß es „ist“, denn das wäre schon die Negation dessen, was nicht ist und damit ist schon eine Differenz gesetzt, die zwischen dem, was ist und was nicht ist- das ist die Grunddifferenz der theoretischen Vernunft, während die der praktischen die der Differenz zwischen dem Guten und dem Bösen und die der ästhetischen Vernunft die der zwischen dem Schönen und dem Häßlichen ist.

Aber der Absolutheit Gottes widerspricht es nun,daß Gott erst durch die Negation von etwas, was er nicht ist, Gott ist. Aber ohne eine solche Differenz kann Gott nicht als etwas Bestimmtes ausgesagt werden, denn auch die Götter sind nur Götter durch ihre Differenz zu den Nichtgöttern, wie Heraklit es hier so klar erfaßt.

Wenn Gott also als Gott zu denken ist, wird er es nur im Sinne der negativen Theologie als reine Unbestimmtheit. Es wäre sehr nützlich, Plotins Lehre von dem Einen als vollkommene Unbestimmtheit als eine krititische Revision der These Platons von der Identität Gottes mit dem Guten zu rekonstruieren! En passant muß daran erinnert werden, daß Platons Identifikation des Guten mit Gott erkenntnistheoretisch auf schwachen Füßen steht, denn dabei ist ja sein Primäranliegen ein volksschulüädagogisches: Wenn schon von Göttern erzählt wird, daß sie unmoralisch agierten, wie soll dann das Volk zu einem sittlichen Lebenswandel motiviert werden? Deshalb darf von den Göttern oder von dem einen Gott nur ein rein moralisches Handeln erzählt werden, da Gott als von Natur aus nur gut handeln Könnender gedacht werden dürfe. Die Alternativversion lautete: „Was den Göttern erlaubt ist, ist noch lange nicht uns Menschen erlaubt: „quod licet jovi non licet bovi!“

Wenn Gott Bestimmungen zukommen, daß er nicht einfach reine Unbestimmtheit ist2 oder nichtder Zusammenfall aller oppositionellen Bestimmungen , dann müssen seine Bestimmungen als Selbstbetimmungen gedacht werden. Er bestimmt sich dazu Gott zu sein, indem er damit mitsetzt, was er nicht sein will. So wird Gott als causa sui gedacht und so erst nicht mehr univok mit allem anderen Seienden. Gott bestimmt, was gut ist, indem er bestimmt, was nicht gut ist, was nicht sein soll. Die Grunddifferenzen von: Sein und Nichtsein, Gutsein und Nichtgutsein, von Schönsein und Nichtschönsein, sind so von Gott erst selbst gesetzte Ordnungen, die ideele Welt,die durch dieses Meer der Differenzen bestimmt ist. Gott bestimmt sich und er bestimmt diese drei metaphysischen Ordnungen.

Etwas kann nur als gut gewollt und gut getan qualifizert werden, wenn es dem Subjekt des Wollens und Tuens auch möglich wäre, das Nichtgute zu wollen und zu tuen. Wenn der Mensch notwendig das Gute wollen und tuen würde, würde sein Wollen und Tuen nur ein technisches Funktionieren sein, daß aber nicht moralisch qualifizierbar ist. Man sagt, daß ein technisches Gerät gut funktioniert, aber es agiert dann nicht gut in dem moralischen Sinne. Ohne die Setzung der moralischen Ordnung durch Gott könnte es so kein gutes Wollen und kein gutes Tuen geben, diese Bestimmungen lösten sich in einem reinen Indifferentismus auf. Aber diese Ordnungen hat Gott als potentia absoluta selbst völlig frei gesetzt. (Vgl hierzu Wilhelm Ockhams Gotteslehre! Ihr Verdienst ist es, Gott als Freiheit zu denken!)

Wenn Gott nun aber ähnlich einem vollkommenen KI-Computer gedacht werden würde, dann könnte seine Vollkommenheit so gedacht werden, daß Gott immer nur das vollkommen Gute wollen und realisieren könne. Aber diese ontologische Vollkommenheit führte dann denknotwendig dazu, daß Gott nicht mehr als moralisch gut qualifiziert werden kann.3 Gott kann aber nur als moralisch qualifizerbar wollend und wirkend gedacht werden, wenn er selbst als souverän über den von ihm selbst gesetzten Ordnungen, auch der der Moral steht und so auch gegen sie wollen und handeln könnte. Gott regiert nicht wie ein König in einer konstitutionellen Monarchie sondern als absolutistischer Herr über alle Ordnungen stehend.

Der Begriff des Guten setzt so notwendig den des Nichtguten mit, und daß nur etwas freiwillig Gewolltes und Getanes dann als gut moralisch qualifizierbar ist. Die Ordnungen des Wahren, Guten und Schönen, sind so von Gott frei gesetzte Ordnungen, durch die er auch selbst sein Wollen als moralisch qualifizierbares setzt. Erst dadurch wird Gott gut, das ist, daß er immer freiwillig das Gute will und realisiert.4 Aber das kann Gott nicht als der absolute Gott sein, sondern erst dadurch, daß er selbst diese metaphysischen Ordnungen setzt.

Jedes Wollen und Tuen wider die metaphysische Ordnung des Guten, ist dann notwendig auch ein Wollen und Tuen wider Gott als dem Urheber dieser Ordnung. Objektiv ist so jede Sünde eine wider Gott, da es eine wider seine Ordnung ist und sie ist auch jedem als solche zurechenbar, wie Paulus ausführlich in seinem Römerbrief (1-7) es begründet.

Es muß aber festgehalten werden, daß eine ontologisches Gutsein eine Unmöglichkeit für jedes philosophische Denken ist, da das Gute nur ist als die kontingente Negation dessen, was nichtgut ist, sodaß das Nichtgute auch sein muß als eine Möglichkeit, es zu wollen und zu tuen. 

Zusätze:

Wenn Gott einfach identisch mit dem Guten wäre, warum kann es dann in der hl.Schrift heißen: "Und der Engel des HERRN erschien nicht mehr Manoah und seinem Weibe. Da erkannte Manoah, daß es der Engel des HERRN war, 22und sprach zu seinem Weibe: Wir müssen des Todes sterben, daß wir Gott gesehen haben.  Richter 13,21f. Gott sagt gar zu Mose (2.Mose 33,20):"Du kannst mein Angesicht nicht sehen;denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben beiben."   Könnte das Sehen Gottes die Befürchtung hervorrufen, deswegen sterben zu müssen, wäre Gott eins mit dem Guten? Vgl grundlegend dazu: Rudolf Otto, Das Heilige, Gott als die Einheit des tremendum und fascinosum.  Auch ist die Rede von einem "spirtus Domini malus"=einem von Gott augesandtem bösen Geist" (1Samuel,16,23) kaum vereinbar mit der Behauptung, Gott sei eins mit dem Guten.

 

(die Fußnoten sind irgendwie nach unten verrutscht!) 





























1CNA am 20.5.2024. Damit Gott die Lösung von etwas ist, müßte ja zuerst bewiesen werden,daß Gott ist und die Erbringung dieses Beweises ist seit der Kritik der Gottesbeweise (Kant) eine sehr schwierige Aufgabe, Die Alternative hieße dann wohl, daß weil Gott die Lösung von bestimmten Problemen sei, er auch ist. Das ist aber ein Denkfehler: Wenn die Lösung meiner Finanzprobleme 6 Richtige im Lotto wären, habe ich die 6 Richtigen nicht schon, denn von der Nützlichkeit von etwas kann nicht auf das Sein des Nützlichen geschllossen werden.

2Vgl dazu: „Wikipedia, Plotin:“Als Ursprung und Existenzgrund aller Dinge ist das Eine das Höchste, was es geben kann. In einer religiösen Terminologie käme ihm faktisch die Rolle der obersten Gottheit zu. Eine solche Bestimmung wäre jedoch bereits eine unangemessene Differenzierung, denn jede Bestimmung impliziert einen Unterschied und damit eine Nicht-Einheit. Aus diesem Grund ist es auch unzulässig, dem Einen Merkmale zuzuschreiben, die als göttlich gelten, etwa es mit dem Guten oder dem Sein zu identifizieren. Vielmehr ist das Eine weder seiend noch nichtseiend, sondern überseiend, und weder gut noch schlecht, sondern jenseits solcher Begrifflichkeit.“

3Vgl dazu sehr gediegen Arnim Kreiners Ausführungen zur ontologischen Vollkommenheit in: „Gott im Leid“ 2005.

4Es könnte erwägenswert sein, zu untersuchen ob Plotins Lehre von dem Einen und dem Nous als ein Selbstbestimmungsakt des Einen reknstruierbar ist, wobei dann der Nous auch der Ort des platonischen Ideenhimmls meinen könnte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen