Zu den bedrückendsten Problemen der Kirche heuer gehört der Mangel an Priestern. Manchmal heißt es auch, an Priesterberufungen. Was hieße das denn, wenn von einem Zuwenig an Priesterberufungen auszugehen wäre? Die erste Möglichkeit des , die "Zuwenig" zu verstehen,wäre die rein objektive: Gott beruft nur noch wenige oder zu wenige zum Priester! Die zweite Möglichkeit, daß Gott zwar genügend zum Priestersein berufe, daß aber ein Teil der Berufenen diese Berufung nicht realisiere. Die Berufenen "überhörten" sozusagen ihre Berufung-oder sie lehnten sie gar ab, weil sie sich für einen anderen Lebensentwurf entschieden. So meinen ja viele, daß mehr Männer den Priesterberuf ergreifen würden, wäre der "Zwangszölibat" abgeschafft. Das beinhaltet die Vorstellung, daß ein von Gott zum Priester Berufener Nein! zu seiner Berufung sagen kann, weil er nicht auf die geschlechtliche Liebe und die Ehe um dieser Berufung willen zu verzichten bereit ist. Ist es aber vorstellbar. daß ein sich zum Priestersein berufen Wissender Nein! zu Gottes Berufung sagt, weil ihm die geschlechtliche Liebe wichtiger ist? Oder sollen wir uns das eher so denken, daß die Sehnsucht nach der geschlechtlichen Liebe so dominant ist, daß sie die göttliche Berufung im Berufenen zum Schweigen bringt?
Damit stehen wir nun in dem Problemkreis der göttlichen Gnade und des freien Willens. Dieser Komplex gehört sicher zu den schwierigsten Materien der katholischen Dogmatik. Sein Kernproblem ist die Verhältnisbestimmung vn dem Wirken der göttlichen Gnade und dem Wirken des freien Willens des Menschen. Ad hoc könnte das auf die Vorstellung reduziert werden: Gott bietet die Gnade an und der freie Wille des Menschen nimmt sie an oder auch nicht. Auf die Berufung zum Priester appliziert ergäbe das, daß viele berufen sind von Gott zum Priestersein, aber heuer nur wenige Ja sagen zur göttlichen Berufung. Die göttliche Berufung kann der Mensch freiwillig annehmen oder reprobieren- das ist seine ihm von Gott gewährte Freiheit.
Ein kurzer Blick in eine klassische Dogmatik, etwa die von F. Diekamp zeigt uns, daß so einfach die Theologie das Problem nicht gedacht hat In dem Abschnitt:" Die Wirksamkeit der Gnade und ihr Verhältnis zum freien Willen" stoßen wir mit dem Begriff der "unfehlbar sichere[n]Wirksamkeit der Gnade" auf die Vorstellung, daß, wen Gott beruft, er ihn so beruft, daß der Berufene sicher seiner Berufung folgt!(Vgl: Franz Diekamp, Katholische Dogmatik Bd II, Die Lehre von der Gnade §14-17) Versimplifiziert:Gott kann so Menschen berufen, daß sie sicher seiner Berufung folgen werden und Gott kann so berufen, daß, wenn der Berufene die Berufung nicht ablehnen würde, er auch der Berufung folgen würde. Nur die erstere Berufung führt zum Ziel, die andere Berufung scheitert dann aber am Unwillen des Berufenen, Ja zur Berufung zu sagen. Je nachdem, wie Gott beruft, hat die Berufung Erfolg oder auch nicht.Das evoziert die Anfrage, ob so nicht Gott selbst zu dem Grund dafür wird, daß die einen die Berufung annehmen und die anderen nicht. Aber so soll es nicht gemeint sein- der Berufene, der seiner Berufung folgt, soll es ganz der göttlichen Gnade zuschreiben, daß er der Berufung folgt. Nur von dem Nichtfolgenden soll gelten, daß er sein Nichtfolgen ganz seinem Ungehorsam zuschreiben soll.
"Es gibt eine gratia vere et pure sufficiens, d.h. eine Gnade, die für ein Heilswerk wahrhaft zureicht, obwohl durch die Schuld des geschaffenen Willens dies Werk unterbleibt." §14, 3.Nun ist es aber so, daß ohne die gratia efficax, d.h. eine Gnade, welche unfehlbar sicher die von Gott beabsichtigte Heilswirkung zur Folge hat " §14,1, bei Niemanden die Gnade vere et pure sufficiens ihr Ziel erreicht. Wie immer nun auch das Mitwirken des freien Willens bei der Aneignung der gratia efficax gedacht wird, ein Problem bleibt:entweder ist der freie Wille wirklich frei, dann müßte er in sich die Potenz auch haben, zur gratia efficax Nein zu sagen, oder aber er hat sie nicht, dann ist es kein freier Wille. Aber wenn er wirklich ein freier Wille ist, dann kann diese gratia efficax nicht unfehlbar dazu führen, daß der Mensch Ja sagt zu seiner Berufung. Auch bleibt das Problem, daß die gratia vere et pure sufficiens unfehlbar zum Mißerfolg führt, denn immer sagt der freie Wille des Menschen Nein zu ihr, wenn die Gnade ihn nicht als gratia efficax begegnet. Ein Hauch von Determinismus ist dem nicht abzusprechen- und damit stehen wir mitten in einem der gravierendsten Probleme thomistischerTheologie. Ist in ihr Freiheit denkbar?
Auf das Problem der Priesterberufungen applizert hieße dies ja- versimplifiziert-, daß wer wahrhaft von Gott berufen ist, der folgt auch seiner Berufung (gratia efficax) und wer nur durch die gratia vere et pure sufficiens berufen ist, der wird aber seiner Berufung nicht folgen. Ergo: es kann immer nur so viele Priester geben, wie Gott sie durch die gratia efficax berufen hat! Wenn wir heuer zu wenige haben, dann liegt das so gesehen an Gottes Berufen in dieser zwiefachen Weise! Gott beruft dann wirksam und unwirksam!
Wenn der freie Wille bei einer Berufung durch die gratia vere et pure sufficiens Nein sagt, so könnte dieses Nein ja nicht durch weltimmanente Gründe aufgehoben werden, denn nur die gratia efficax kann das!
Aber das erscheint uns Modernen nun doch zu spekulativ. Was dann? Die einfachste Lösung, wäre dann, zu urteilen, daß Gott alle, die er beruft, so beruft, daß sie Ja oder Nein zu ihrer Berufung sagen können und so werden die Priester, die ihr Ja sagten und die werden keine Priester, die ihr Nein sagten! Nur gälte dann, daß die Differenz von Priester werden oder nicht werden allein im freien Entscheid des menschlichen Willens läge bei den Berufenen- und nicht bei der Gnade! Das war allen augustinisch geschulten Theologen ein Zuwenig an Gnade! Aber wo der Primat der Gnade gelehrt wird, muß notwendigerweise das menschliche Nein zur Berufung auch auf Gott zurückfallen, weil Gott die Neinsager nicht effektiv berufen hat!
Das Kernproblem läßt sich dann so bestimmen: wenn es keine unfehlbar wirksame Berufung zum Priester gäbe, wenn also die Realisierung der Berufung zum Priestersein abhängig davon ist, daß der von Gott Berufene Ja zu seiner Berufung sagt und er auch die Freiheit hat, Nein zu ihr zu sagen, dann könnte Gott gar nicht die Existenz der Kirche, ihre Unüberwindbarkeit verheißen, weil ihre Existenz dann davon abhängig ist, daß zum Priestersein Berufene auch freiwillig ihr Ja sagen. Wenn es aber eine unfehlbar wirksame Berufung zum Priestersein gibt, dann ist das mit dem freien Willen der Berufenen nicht vereinbar, denn sie können ja auch alle ihre Berufung verneinen. Oder man meint, daß Gott in seinem Vorauswissen weiß, daß immer genug Berufene Ja sagen werden zu ihrer Berufung- Gott weiß das kontingent geschehen Werdende als kontingente Ereignisse voraus, sein Vorauswissen determiniert nicht das von ihm Vorausgewußte.
Das Kernproblem läßt sich dann so bestimmen: wenn es keine unfehlbar wirksame Berufung zum Priester gäbe, wenn also die Realisierung der Berufung zum Priestersein abhängig davon ist, daß der von Gott Berufene Ja zu seiner Berufung sagt und er auch die Freiheit hat, Nein zu ihr zu sagen, dann könnte Gott gar nicht die Existenz der Kirche, ihre Unüberwindbarkeit verheißen, weil ihre Existenz dann davon abhängig ist, daß zum Priestersein Berufene auch freiwillig ihr Ja sagen. Wenn es aber eine unfehlbar wirksame Berufung zum Priestersein gibt, dann ist das mit dem freien Willen der Berufenen nicht vereinbar, denn sie können ja auch alle ihre Berufung verneinen. Oder man meint, daß Gott in seinem Vorauswissen weiß, daß immer genug Berufene Ja sagen werden zu ihrer Berufung- Gott weiß das kontingent geschehen Werdende als kontingente Ereignisse voraus, sein Vorauswissen determiniert nicht das von ihm Vorausgewußte.
Zudem: kann ein Mann Priester werden, ohne von Gott dazu berufen zu sein? Oder kann ein Mann, obwohl er berufen ist, nicht Priester werden? Kann ein zum Priester Berufener seiner Berufung untreu werden, sodaß er sie verliert, oder kann er sie nur verlieren, wenn er gar nicht berufen war? Das Problem wird somit immer komplexer. Gewiß ist nur, daß ein einmal zum Priester Geweihter sein Priestersein als unverlierbare Qualität bekommt, die ihm nie verlustig gehen kann. Er kann nur seiner Berufung untreu werden, bleibt aber Priester! Das gälte auch für den Fall, daß, wenn es möglich wäre, daß ein Unberufener zum Priester geweiht würde.
Oberflächliche sehen hier nur menschliche Probleme- aber daß Gott es ist, der beruft und seine Priester dann auch erhält, das wird dabei leicht übersehen in unseren anthropozentristischen Denken.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen