Samstag, 13. Juni 2015

"Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen (Mt19,6) Irritationen

Eine Irritation: setzt nicht die Aussage, daß der Mensch nicht trennen soll, was Gott verbunden hat, voraus, daß das von Gott Gebundende trennbar ist durch den Menschen, er das  aber nicht tun soll? Das Gebot: "du sollst nicht ehebrechen" setzt ja auch die menschliche Möglichkeit zum Ehebrechen voraus und sagt, daß der Mensch diese Möglichkeit nicht realisieren soll! Wäre dagegen dem Menschen ein Ehebrechen eine Unmöglichkeit, dann ergäbe das Gebot des Verbotes eines Ehebruches keinen Sinn, denn warum sollte dem Menschen Gott etwas verbieten, was der Mensch gar nicht kann?   
Nun beinhaltet aber die Katholische Lehre von der Ehe, daß sie unauflöslich ist. Das hat nun zur Folge, daß hier etwas verboten wird, was der Mensch gar nicht realisieren kann, weil er das sakramentale Eheband einer gültigen Ehe nicht auflösen kann! Wenn der Mensch das trotzdem versucht, kann er sich zwar einbilden, daß seine Ehe durch ein weltliches Gericht geschieden sein, aber dem ist nur in der Einbildung so. Das sakramentale Eheband überlebt unbeschadet diesen Zerschneidungsversuch und das Ehepaar bleibt gültig verheiratet. Damit haben wir aber schon die Lösung gefunden. Denn nur eine gültig geschlossene Ehe zwischen zwei christlich Getauften ist eine unauflösliche Ehe. Nichtgetaufte und darunter zählen auch beschnittene Juden gehen eine naturrechtliche Ehe ein, und dies natürliche, nichtsakramentale Eheband kann gelöst werden. Nur darum konnte der Gesetzeslehrer Mose auch die Auflösbarkeit der Ehe durch das Ausstellen eines Scheidebriefes erlauben. Ehen zwischen Juden sind keine sakramentalen Ehen und können so geschieden werden. Mose benannte nun die Fälle, in denen das erlaubt sei, weil es prinzipiell möglich war. Dagegen ist eine unter Christen gültig geschlossene Ehe unauflösbar und so ergibt für diese sakramentale Ehe der Satz, daß Menschen nicht auflösen soll, was Gott verbunden hat, genau genommen keinen Sinn, weil hier etwas verboten wird, was unmöglich ist. 
Also ist diese Aussage nur an die Juden gerichtet, die eine Naturrechtsehe eingegangen sind, die prinzipiell auflösbar ist. Zu ihnen sagt Jesus, daß sie das, was sie tuen könnten, nämlich eine Ehe aufzulösen, nicht tun dürfen. 
Erst durch Jesus Christus wird ja eine Ehe zwischen gültig Getauften zu einer sakramentalen Ehe, die dann unauflöslich ist. 
Nun kommt der schwierige Satz: "Wer seine Frau entläßt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus" (Mt, 5,23). Diese Ausssage, "obwohl..." gehört nun zu den am meist kontrovers ausgelegten Stellen der Bibel. (Vgl dazu: A. Wollbold, Pastoral mit wiederverheirateten Geschiedenen- gordischer Knoten oder ungeahnte Möglichkeiten", 2015) Meint das "obwohl" eine Ausnahme, (so Luther und die Mehrheit der heutigen Exegeten) oder ein selbst dann, (so die orthodox Katholische Auslegung). Aber fangen wir langsam an: wenn eine gültig geschlossene sakramentale Ehe vorliegt, kann ein Mann seine Ehefrau gar nicht aus der Ehe entlassen, weil das Entlassen dann das Auflösen von etwas Unauflöslichen bedeuten würde. Der Ehebruch meint hier ja, daß die entlassene Ehefrau wieder heiratet und so durch die neue "Ehe" die alte brechen würde, denn die alte Ehe besteht weiterhin als gültige, weil das Eheband, das sakramentale durch ein Entlassen der Frau nicht zerschnitten werden kann. So gesehen kann nur eine nichtsakramentale Ehe durch das Entlassen der Ehefrau gelöst werden. Und Jesus sagt nun, daß in Gottes Augen das nicht sein soll- der Mann darf die Ehe so nicht auflösen. Nun stehen wir aber vor einem Problem: wenn die nichtsakramentale Ehe prinzipiell auflösbar ist, dann beginge die aus ihrer Ehe entlassene Frau keinen Ehebruch, wenn sie sich neu verheiratete, denn die alte Ehe wäre ja durch das Entlassen aufgelöst. 
Der Zusatzgedanke kann hier weiter helfen: Ursprünglich sollte auch die Naturrechtsehe unauflöslich sein. Nur der Barmherzigkeit des Mose sei es zu verdanken,daß Gott Ausnahmen zuließ. Dann hätte Jesus nun auch die alte Naturrechtseheordnung repristiniert, sodaß nun auch jede Lösung dieser Ehe unerlaubt ist und das deshalb eine unerlaubte Lösung der Ehe die Ehe nicht auflöst. Dann sündigt tatsächlich die scheinbar aus der Ehe entlassene Frau, wenn sie wieder sich verheiratet. 
Anders läge der Fall, wenn man auch die unter Christen gültig geschlossene Ehe als auflösbar hielte, wie das Luther gelehrt hat! Ihm ist das "obwohl" der Beweis, daß im Falle eines Ehebruches auch eine christliche Ehe auflösbar sei und so wird es dann ja auch im Protestantismus praktiziert.
Damit steht und fällt die Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe mit der Ausdeutung dieses: "Obwohles"! Was Gott verbunden hat, dürfe der Mensch nun nicht trennen, ist nun leider kein Argument für die Unauflösbarkeit der sakramentalen Ehe, denn dies Verbot setzt denknotwendig die Möglichkeit einer Auflösbarkeit der Ehe voraus und besagt nun, daß diese Möglichkeit keine erlaubte Möglichkeit ist und konfirmiert damit die Möglichkeit der Auflösbarkeit einer Ehe. 
Wie kommt nun die kirchlich verbindliche Lehre von der Nichtauflösbarkeit der Ehe zustande? A. Wollbold spricht da von dem "krudesten Klischee einer römischen Kirche, die ihre Autorität über die Schrift stellt" (S.53). Läßt man den polemischen Ton weg, reduziert sich das auf die These, daß der Kirche das Lehramt zukommt, unklare und nicht eindeutige Aussagen der Bibel definitiv auszulegen, daß also in solchen Fällen die Auslegung der Kirche wahr ist, weil Jesus Christus ihr selbst diese Lehrautorität verliehen hat. Sie steht dann nicht über der Schrift, aber sie ist die authentische Auslegerin der Hl. Schrift, weil die Schrift eben polyinterpretabel ist. Das ist eben das Schicksal aller Texte, Roland Barthes explizierte das ja brillant in seinem Essay über den Tod des Autors. Versimplifiziert: der Text emanzipiert von der Aussagenintention des Autoren und wird zu einem von dm Autoren Selbstständigen, dem der Leser nun erst seine  Bedeutung  gibt durch sein Auslegen! Denn die Bibelausssgen sind bezüglich der  Unauflöslichkeit der Ehe nicht eindeutig!   
Katholisch formuliert: wäre die Hl Schrift so eindeutig klar, wie es Luther lehrte, dann bräuchte es tatsächlich nicht des Lehramtes der Kirche- aber wo das kirchliche Lehramt fehlt, wie im Protestantismus, da versinkt die Autorität der Hl Schrift in dem Meer der Auslegungsmöglichkeiten der Bibeltexte!                             

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