Wollte man die Lage der Kirche (zumindest im deutschsprachigen Raum) mit etwas vergleichen, um die Situation zu erhellen, so ist sie vergleichbar mit einer Fußballmannschaft, in der 70. Spielminute, 4:0 zurückliegend, die resigniert auf den Abpfiff wartet und statt weiter zu spielen, nur noch "Schwarzer Peter " spielt, jeder dem anderen die Schuld zuweisend an der Misere der Kirche. Kardinal Ratzinger resümierte schon 1985: " Es ist unbestreitbar, daß die letzten zehn Jahre für die katholische Kirche äußerst negativ verlaufen sind. Die Entwicklungen seit dem Konzil scheinen im eklatanten Widerspruch zu den Erwartungen aller, angefangen von Johannes XXIII. und Paul VI. zu stehen." Joseph Kardinal Ratzinger, Zur Lage des Glaubens, 1985, S.27) Seit dem Reformkonzil geht es bergab mit der Kirche, könnte man vergröbernd urteilen und alle Zahlen sprechen dafür, es so zu sehen, vom Mitgiederschwund, dem Rückgang praktizierter Katholizität bis hin zum schwindenden Einfluß der Kirche in der Gesellschaft.War einst die Kirche der Sauerteig der Welt, so soll jetzt die Welt der Sauerteig für die Kirche sein, damit sie sich, mehr als bisher schon, noch mehr verweltliche.
Eine Analyse der Lage der Kirche steht so vor drei Deutungsmöglichkeiten des Verhältnisses von dem Reformkonzil und der jetzigen Misere, des "seit" dem Konziles stürzt die Kirche ins Bodenlose
a) es rein zeitlich aufzufassen. Zwei kontingente Ereignisse, das des Konziles und das des Niederganges, aber Beides habe nichts miteinander zu tun,
b) daß es trotz des Konziles zu dem Niedergang der Kirche gekommen sei. Dies setzt aus such eine Therapiekonzeption, die auf eine Umsetzung der Anliegen des Konziles insistieren wird, um so die Kirche aus der Misere herauszuführen. Eine Unterabteilung bildet dabei die den "Geist des Konziles" Beschwörenden: die Kirche müsse gemäß dem "Geist des Konziles" reformiert werden. Der "Geist des Konziles erfreut sich da bei Linkskatholiken größter Beliebtheit, denn dieser Geist schwebt über den Texten des Konziles als das Eigentliche und dient faktisch als Projektionsfläche für jede Art von linken Reformen als eigentlich vom Geiste des Konziles geforderte.
c) daß das Konzil selbst eine der Ursachen des Niederganges der Kirche sei.
Kardinal Ratzinger sagt zu der letzten Möglichkeit klar Nein!. " Es ist ebenso unmöglich, sie für Trient und VaticanumI . aber gegen das Vaticanum II. zu entscheiden. Wer das Vaticanum II. verneint, negiert die Autorität, die die beiden anderen Konzilien trägt und hebt sie damit von ihrem Prinzip her auf. Kardinal Ratzinger präsentiert dann eine Alternativdeutung, daß das fehlgedeutete 2. Vaticanum einer der Ursachen der Misere der Kirche sei. Es müsse so um ein tueferes Verständnis des 2. Vaticanums gerungen werden, um so Mißdeutungen zu verhindern. Das Konzil dürfe nicht in einer Hermeneutik des Bruches zur Tradition gelesen werden. "Einem solchen Schematismus eines Vor und eines Nach in der Geschichte der Kirche, der überhaupt nicht gedeckt ist durch die Dokumente, die nichts anderes tun, als die Kontinuität des Katholizismus bekräftigen, heißt es entschieden entgegenzutreten. Es gibt keine vor oder nach konziliare Kirche:" (S.33). Nur, wer universitäre Vorlesungen in Theologie hört, gehört hat, der weiß, daß dies Vor-Nach-Schema die heutige Theologie bestimmt. (Mir selbst ist von einem Professor gesagt worden, ich solle in der Diplomarbeit keine vorkonziliaren Theologen zitieren, da sie alle unter dem Verdacht stünden, nicht auf der Höhe des Konzils zu sein! ) Kardinal Ratzinger ist damit ein einsamer Rufer in der Wüste im Meer der Schwarz-Weiß-Maler, wie die Kirche im 2. Vaticanum neu geboren wurde, weil und indem sie alle falsche Tradition hinter sich gelassen habe.
Nur ist doch zu fragen: wenn das Vaticanum II. so eindeutig und klar in der Lehrtradition der Kirche steht, wie kann es dann von der überwältigenden Mehrheit der Universitätstheologen als der Bruch, der befreiende mit der Tradition gedeutet werden, als habe jetzt erst die Kirche den Ausbruch aus der selbstverschuldeten Verdunkelung, die wohl so mit Kaiser Konstantin angefangen habe, geschafft? Böten die Texte des Konziles dafür gar keinen Anhaltspunkt, wie konnte sich dann gegen den Text die Deutung des Bruches durchsetzen? Wenn man nun urteilte, daß der Hl. Geist, bzw.Jesus Christus als der lebendige Herr seiner Kirche der Garant dafür ist, daß ein Konzil nicht irren kann- und das ist die Autorität, von der Kardinal Ratzinger spricht, wie konnte sich dann in der durch den Hl.Geist geführten Kirche diese Bruchdeutung durchsetzen. Und diese Bruchdeutung führte und führt ja auch zu einem Bruch in der kirchlichen Praxis!
Bleiben wir beim Vergleich mit einer Fußballmannschaft. Eine Fußballmannschaft ohne Angriff und Verteidigung- das ist eine Absurdität. Aber die Kirche hat nach dem Konzil den Angriff (Mission) und die Verteidigung (Apologetik) eingestellt, sie führt stattdessen den interreligiösen Dialog, daß jeder in seiner Religion verharren solle und sich alle wechselseitig respektieren sollten, und die Disziplin der Apologetik ist zur Fundamentaltheologie umgeformt worden. Deren Lieblingsidee ist dann statt der Verteidigung die der Einpassung der Kirche und der Theologie in den aktuellen Zeitgeist. Und wa ist aus der hl Messe geworden? Man kann nicht umhin, urteilen zu müssen, daß eine Protstantisierung des Gottesdienstes stattgefunden hat und daß es kein Zufall ist, daß der Begriff des Meßopfers zum Unwort der nachkonziliaren Kirche wurde!
Und doch muß dem Kardinal recht gegeben werden! Luther war es, der die These in die Welt setzte, daß Konzilien irren könnten, um so die Autorität der Kirche zu desavouieren- erfolgreich war er, sosehr, daß jetzt sogar conservative Katholiken ihm bei der Bewertung des 2.Konziles gar zustimmen!
So triumphiert gerade da Luther, wo man es am wenigsten erwartet hätte.
Aber wie ist dann das Übergewicht der Mißdeutungen des Konziles erklärbar, sodaß sie dann auch die nachkonziliare Praxis der Kirche bestimmt? Ratlos stehe ich vor dieser Frage.
Daß es mit der Kirche bergab geht, seit dem Konzil, das ist nicht mehr übersehbar! Man möge sich nur mal imaginieren, was für Ergebnisse eine Befragung unter den Mitgliedern der Katholischen Kirche sich ergäbe, früge man, was sie denn (noch)glaubten? Die Differenz zwischen dem Glauben der Kirche und dem, was ihre Deutschen Glieder heuer wirklich glauben, dürfte mindestesns genauso so groß sein, wie die zwischen der Sexualmorallehre der Kirche und dem, was ihre Glieder diesbezüglich für gut halten!
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