Mittwoch, 9. September 2015

Anmerkungen zum Niedergang der Katholischen Ehe- und Sexualmorallehre

Man kann sich nicht des Eindruckes erwehren, daß die Katholische Ehe-und Sexualmorallehre vor ihrem Ende steht. Die Strategie des Reformlagers ist offenkundig. Unter der Parole, daß nicht die Lehre geändert werden solle, nur die seelsorgerliche Praxis will man faktisch die Ehe- und Morallehre "entkernen", wie man Gebäude gern "modernisiert": die schöne Fassade bleibt stehen, das Innere, der Kern  aber wird völlig rundum erneuert-nichts bleibt. Ob diese Strategie in Rom erfolgreich sein wird, diese Frage lenkt   aber auch davon ab, daß faktisch im deutschsprachigen Raume schon so verfahren wird . Mustergültig dafür ist die Verliberalisierung des kirchlichen Arbeitsrechtes, sodaß nun de facto die Katholische Ehe-und Morallehre für die Mitarbeiter der Kirche unverbindlich geworden ist. 
Wenn nun so dieses Bollwerk der Katholischen Kirche geschliffen wird, so muß auch die Frage erlaubt sein, ob es denn nicht auch dem Bollwerk Immanentes gibt, daß eine solche Auflösung ermöglichte und es den Feinden der Kirche leicht machte, diese Lehre der Kirche zu destruieren.
Der große französische Schriftsteller Balzac könnte dazu einen nicht unbedeutenden Hinweis uns geben in seiner kleinen Erzählung: "Die Brautnacht des Mönchs", indem diese Geschichte den Verdacht  begründet, daß diese Lehre der Kirche  nie lebbar war und so auch nie gelebt werden konnte.  Sicher finden sich in der Sammlung der "Tolldreisten Geschichten" nichts, was der Lehre der Kirche entspricht, aber dieser Schriftsteller des Realismus ist eben einer, der vordergründig nur schreiben will, wie es nun mal ist, das Leben: wie es wirklich ist. Dieser antiidealistischer Zug macht ja auch die Gestimmtheit seiner Romane aus- man denke nur an den desillusionierenden Charakter des Romanes "Erziehung des Herzens" von Flaubert, um zu sehen, daß dieser Antiidealismus sozusagen in der Luft lag, als Hinwendung zu dem, wie es nun mal wirklich ist, das Leben . 
Zwei Söhne stehen im Mittelpunkt der Erzählung Beide sollten nach dem Willen des ehrgeizigen Vaters "Karriere" machen, der eine, der ältere eine weltliche und der andere eine kirchliche. Alles war gut geplant und lief planmäßig, bis der ältere Sohn in einem Duell zu Tode kam. Der jüngere war in ein Kloster geschickt worden mit dem Fernziel, zum allerwenigsten ein Kardinal zu werden, während der andere gut verheiratet werden sollte, um so in der Welt zu reüssieren. "Nach der Weisung des Vaters hielt der heilige Mann, der der Abt jenes Klosters war, den jungen Mann [den jüngeren Sohn]in besonderer Zucht und Aufsicht;er ließ ihn in seiner eigenen Zelle schlafen, behütete ihn streng vor jedem bösen Gedanken und erzog ihn in vollkommener Reinheit, Zerknirschung des Herzens, die einem jeden Priester zu wünschen wäre. Mit zwanzig Jahren kannte der junge Kleriker noch keine andere Liebe als die Liebe Gottes und keine andere Vertrautheit als die mit den Engeln, die nichts haben von unsern Fleischlichkeiten und die also auch keinen schlechten Gebrauch davon machen können und, ob es ihnen gefällt oder nicht, in ewiger Reinheit leben müssen." (Balzac, Die Brautnacht des Mönchs,in: Balzac, Tolldreiste Geschichten, übersetzt B. Rüttenauer, S.231). Der Sohn der Welt verstarb und der Vater ordnete an,daß nun der jüngere Sohn, jetzt noch im Kloster lebend, die Rolle des älteren zu übernehmen habe. Und als ersten Schritt habe er die Frau zu ehelichen, die eigentlich für den älteren vorgesehen war. Und o kommt es zur Brautnacht des Mönches, der nun kein Mönch mehr ist, der aber doch Mönch geblieben ist, auch wenn er äußerlich aus dem Kloster ausgetreten war, dem Vater gehorchend. 
Und dann erzählt Balzac genüßlich die Katastrophe dieser Hochzeitsnacht.Beide, der Bräutigam und die Braut waren eben so fromm und gut erzogen, daß sie in der Hochzeitnachts nichts miteinander anzufangen wußten! Peinlich war beiden ihre völlige Unwissenheit und Unkenntnis, sodaß sie am nächsten Morgen so taten, als wenn alles eben so gelaufen, wie es in dieser Nacht zu laufen hat. Aber beide beschlossen nun bei sich, sich zu "erkundigen"- damit es zu keiner zweiten Katastophennacht käme. Und so "betrog" der Ehemann seine Braut am nächsten Tage mit der Schwiegermutter und die Braut den Ehemann mit dem Schwiegervater und nach dieser "Lehrstunde" wurden sie- so Balzac ein glückliches Ehepaar.
Das ist wahrlich eine derb-frivole Erzählung, aber vielleicht in dieser Überspanntheit doch auch ein wenig wahr! Die Extremposition wäre die, daß der Mann und die Frau beide vor der Ehe jungfräulich gelebt haben und mit der  Sexualität erst in der Hochzeitsnacht konfrontiert werden. Balzacs Realismus sagt nun, daß völlig Unerfahrenen dann die Hochzeitsnacht (und wohl dann daraufhin auch das künftige Liebesleben) mißlingen wird.Die klassische Rollenverteilung kennt so auch nur das Ideal der "Jungfräulichkeit", wohingegen "Jungmännlichkeit" wie eine Absurdität klingt. Dem Ideal der "Jungfäulichkeit" der Braut bis zur Hochzeitsnacht korrespondierte  also nicht etwa ein "jungmännlicher" Mann, sondern ein Mann mit "Erfahrung".  Lebten aber beide vor der Ehe gemäß der moralischen Norm der Enthaltsamkeit bis zur Hochzeitsnacht, würde die Ehe scheitern. Balzac gelingt es dabei ja mit seiner Kurzcharakteristik des Mönches diesen als völlig unfähig zur Ehe zu skizzieren! Das ist wahrlich "tolldreist", daß der moralisch zu einem "Heilgen" Erzogene unfähig zum Leben ist, insofern er den wichtigsten Akt des Lebens zum Erhalt des Lebens nicht vollziehen kann. Aber ein kräftiger "Seitensprung" beseitigt dies Problem und die Natur des Mannes (wie auch die der Frau) siegt über die Moralerziehung und sie können die Ehe jetzt erst leben.
Bakzacs Morallehre ließe sich dann grotesk aber realistisch so auf den Punkt bringen:nur weil zu allen Zeiten die zukünftigen Ehemänner sich nicht an der Morallehre der Enthaltsamkeit bis zur Ehe hielten, konnten sie Frauen ehelichen, die wirklich bis zur Hochzeitsnacht enthaltsam gelebt haben, aber für eine gelingende Ehe ist eine "erfahrene" Frau zu bevorzugen, denn Balzac schreibt ja ausdrücklich, daß Beide fremdgingen, um dann reif zu sein  für die nachzuholende Hochzeitsnacht.
Will man dies nun  nicht einfach als eine kleine Groteske Balzacs abtuen, könnte man nun tiefsinniger fragen, ob tatsächlich Balzac etwas Wahres getroffen hat, wenn  er auch die menschliche Sexualität für eine Lernaufgabe ansieht! Von Natur ist zwar jeder Mensch mit einem Fortpflanzungstrieb ausgestattet, der mit dem Beginn der Geschlechtsreife aktiviert wird, aber es ist kein einfaches im Menschen abgespeichertes Festplattenprogramm, das dann einfach automatisch abläuft, sondern eher vergleichbar mit dem jedem gesunden Menschen innewohnenden Vermögen zum Erlernen des Sprechens- das, wozu der Mensch bestimmt ist, zu sprechen, das hat er gerade auch zu erlernen. So wäre auch die Praxis des Fortpflanzungstriebes , die Sexualität etwas zu erlernendes !  Das zeichnet dann bei aller scheinbaren  Frivolität den modernen Gehalt dieser Erzählung aus: so sehr ist der Mensch ein Kulturwesen, daß ihm selbst das scheinbar natürlichste, die Sexualität nicht gelingt, wenn er sie nicht erlernt. 
Das hätte für die Katholische Morallehre den bitteren Beigeschmack, daß, wenn alle sich an sie hielten,sie wirklich dysfunktional für das Eheleben wäre- es gäbe viele völlig gescheiterte Hochzeitsnächte! Realistisch löste man dann diese Lebensuntauglichkeit dieser Ehemorallehre,indem die "Jungfräulichkeit" allein den zukünftigen Bräuten als Norm vorgegeben wurde und man dem Mann selbstverständlich das Recht zusprach, vorher "Erfahrungen" zu sammeln, um ehetauglich zu werden. 
Aber so zeigt uns dies, daß die Kirche in diesem Punkte der Ehemorallehre etwas Unlebbares propagiert, das für das Eheleben mehr als dysfunktional ist und das darum auch so nie gelebt wurde.
Der Grundirrtum besteht einfach in dem Verkennen der menschlichen Sexualität als etwas rein Natürliches, das jedes Erlernen von ihr völlig unnötig mache. Damit aber eine Ehe gelingen kann, setzt sie selbst zumindest einen erfahrenen Partner voraus. Denn wenn Beide gleich unerfahren sind, wie soll dann ein Lernen möglich sein? In Balzacs Erzählung  kann das unerfahrene Ehepaar eben nicht voneinander lernen Beide brauchen eine Lernstunde mit einem Erfahrenen!

     
Nebenbei:Leider hat  nun die "Homosexlobby" diesen kulturellen Charakter der menschlichen Sexualität klar erkannt, während andere hier nur etwas rein Natürliches sehen, und gerade darum will sie unbedingt eine Reform der Sexual-ERZIEHUNG!. Denn wenn Sexualität eben nicht nur etwas rein Natürliches ist, dann besteht aus Sicht der Homosexlobby auch die Chance zu einer ERZIEHUNG zur Homosexualität!               
                    



1 Kommentar:

  1. Vollkommener Schwachsinn. Das ist doch nicht ernst gemeint, oder? Natürlich können die jungfräulich Verheirateten MITEINANDER die Sexualität "erlernen". Wie es Millionen von verheirateten Katholiken einst und jetzt getan haben. Was für ein Geist ist das, der den "Erfolgs"druck der Hochzeitsnacht über die Gebote stellt, die übrigens genauso für den Mann gelten wie für die Frau?
    Balzacs Propagandamärchen für die Unreinheit hier ein Forum zu geben... also, der, der das hier eingestellt hat, sollte das beichten.

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