Ein aufgeklärter Mensch hat keine Feindbilder, er registriert sie nur unter den Feinden der Aufklärung. Es gibt Christen, die meinen, daß das Gebot der Feindesliebe uns dazu verpflichte, in uns vorhandene Feindbilder zu dekonstruieren, um hinter dem Feindbild wieder das Bild des Mitmenschen herauszukristallisieren, denn Feindschaft begönne damit, daß ich mir Feindbilder erschaffe und daraufhin Mitmenschen nicht nur als Feinde ansehe sondern sie auch so behandle. Der extremste Fall der rein destruktiven Wirkkraft eines Feindbildes sei dann Auschwitz gewesen.
Das klingt gut, zu gut vielleicht? Sprechen wir hier zuvörderst von dem bekanntesten und prominentesten "Feindbild", dem Teufel selbst. Hat Jesus Christus je gelehrt, daß wir uns von diesem vermeintlichen Feind ein ganz und gar unzutreffendes Bild gemacht hätten, daß stattdessen auch Satan als abgefallener Engel ein Geschöpf Gottes sei, daß der Kreator nie aufgehört habe zu lieben, sodaß auch wir ihm mit Sympathie (Sympathy for the Devil) zu begegnen hätten? Ruft uns Christus zur Überwindung dieses Feindbildes auf oder hat das je die Kirche getan? Gut, modernistische Theologen meinen, es gäbe keinen Teufel, das sei alles nur Mythologie. Nur, hundertprozentig sicher ist man bei denen nicht, ob ihnen nicht Gott auch nur etwas Mythologisches ist.
Es gehört zum gesunden Realismus der Kirche, mit der Realität des Teufels zu rechnen, ja die Geschichte als Kampf Gottes mit seinem Feinde zu betrachten auf dem Schlachtfelde der Erde. Hier auf dies Feindbild zu verzichten, das wäre so, als wenn Schafe, erleuchtet vom Licht der Aufklärung erklärten, daß es in einer von Gott geschaffenen Welt keine Tiere geben könne, deren Leib- und Magenspeise Schafsfleisch sei- es gibt keine Wölfe; das sei nur ein voraufklärerisches Feindbild.
Nüchtern betrachtet haben Feindbilder eine wichtige Funktion im Leben! Wie wollten Mäuse überleben, verfügten sie nicht über das Feindbild "Katze", sodaß sie, sobald sie etwas Katzenähnliches sichten, die Flucht ergreifen? Im Überlebenskmpf ist die Fähigkeit, schnellstmöglich Feind von Freund zu unterscheiden so lebenswichtig wie die Fähigkeit,Eßbares von Nicheßbaren unterscheiden zu können.Wollte ein Singvogel, statt dem Impuls des Feindbildes folgend zu flüchten, sichtet er eine Katze, erst experimentell ausprobieren, ob die sich ihm annähernde Katze wohl Eßgelüste zu ihm treiben,er überlebte nicht lang. Augenfällig ist die Verbindung von dem Feindbild und dem Fluchtverhalten: Feind ist der, vor dem man zu flüchten hat und je eher der Feind als Feind erkannt wird, desto mehr verbessert sich die Möglichkeit, rechtzeitig zu flüchten. Der Gegenbegriff zum Feindbild ist so das Beuteschema, das signalisiert: Hier lohnt sich der Angriff, weil hier Hoffnung auf eine gute Speise besteht! Auch hier gilt: Je schneller die mögliche Beute als wohlschmeckende Nahrung erkannt wird, desto schneller kann der Angriff mit guter Aussicht auf Erfolg gestartet werden. Damit die schnelle Erkennbarkeit in beiden möglich ist, muß das Feindbild wie das Beuteschema einfach strukturiert sein, damit schnellstmöglich etwas als Feind oder Beute identifiziert werden kann.
Nun könnten wir meinen, das mag im Tierreich so wohl zugehen, nicht so aber unter Menschen. Wenn man sich aber vor Augen hält, daß unsere menschliche Grundprogrammierung aus den Zeiten stammen, als wir als Jäger und Sammler lebten, auch wenn dann nach der Seßhaftwerdung allerlei nützliche Updates dazukamen, darf ees uns nicht verwundern, wenn auch wir kultivierten Menschen noch über Feindbilder und Beuteschemata verfügen, die unser Leben bestimmen. Zudem sind wir Menschen lernfähig und können Erfahrungen in unser Feindbilderrepertoire aufnehmen wie in unser Beuteschema.
Es muß nüchterner gefragt werden, ob es nicht auch in unserer ach so kultivierten Welt berechtigte Feindbilder gibt! Ist es denn etwa nicht legitim, wenn ein Christ, sieht er einen Mann auf sich zukommend, die Fahne des Islamischen Staates in der Faust, dies Feindbild vor Augen, die Flucht ergreift? Ist es illegitim, wenn eine junge Frau, eine Gruppe mehr oder weniger angetrunkener und herumgröllender Männer vor sich sehend, einen großen Bogen um diese Gruppe macht, sexuelle Belästigungen oder gar Übergriffe fürchtend?
Es zeigt sich auch hier in diesen Beispielen, daß Feindbilder die Funktion haben, möglichen Konflikten durch ein frühzeitges Erkennen von Gefahren durch Flucht oder wenigstens durch Kontaktvermeidung sich zu entziehen. Der Mensch verfügt wie auch höherentwickelte Tiere über drei wesentliche Verhatensmöglichkeiten: Angriff, Standhalten und Fliehen. Feindbilder inkludieren die Option zum Flüchten, das Beuteschema die Option zum Angreifen. Ist das Gegenüber weder Feind noch Beute dann wird standgehalten und eventuell kommuniziert!
Wie kam es nun zur Perhoreszierung des Feindbildes? Die einfachste Erklärung dafür ist die, daß das Ideal des Handels eine Weltsicht schuf, in der es nur noch Handelspartner und Handeskonkurrenten geben darf, aber weder Feinde noch Beute! Eingedenk der These von Arnold Gehlen, (Moral und Hypermoral), daß es nicht eine Universalmoral gäbe, sondern ein Familienethos, ein Staatsethos und eines des Handels, kann gesagt werden, daß sowohl das Familienethos wie das Staatsethos den Feind kennt als Vorstellung in seinem Ethos
etwa als politischen Feind oder als Ehebrecher als Feind der Familie, die liberale Marktwirtschaftsideologie keinen Feind kennen kann und will, weil sie mit jedem Handel treiben will und die globalisierte Marktwirtschaft auch jeden dazu nötigt, Handel zu treiben, wenn auch nur als Anbieter seiner Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt. Wäre jeder Mensch nun nur homo oeconomicus, gäbe es keine menschlichen Feinde; da aber Menschen einfach nicht auf ihr ökonomisches Leben reduzierbar sind, werden Menschen auch immer Feinde ihrer Mitmenschen sein. Man denke nur an das im Arbeitsleben oft praktizierte Mobbing, um einzusehen, wie wichtig auch da die Erkennbarkeit von Feinden ist. Und dazu dienen Feindbilder!
Also die Weltanschauung des Liberalismus verbietet jedes Feindbild und verteufelt es, hoffend das menschliche Leben auf ökonomisches Handeln reduzieren zu können.
Nun gibt es aber den Sonderfall des Glaubens an den letzten Feind. Dieser Sonderfall des Feindbildes hat seinen spezifischen Sitz in Erlösungsweltanschaungen.Jeder Erlösugsweltanschauung liegt die Struktur zu Grunde, daß es eine Größe gibt, die a) für das Schlechte in der Welt ursächlich verantwortlich ist,b) daß so das Schlechte nicht eine immerwährende Notwendigkeit ist,und daß c) die Erlösugsmöglichkeit in der Möglichkeit eines endgültigen Sieges über diese Größe begründet liegt. Diese Größe ist der letzte Feind, den es zu eliminieren gilt, damit dann nur noch das Gute ist. Jede Erlösungsweltanschauung hat so ihr spezifisches Feindbild. Dieses nun ist im Gegensatz zu dem bisher erörterten Fall des Feindbildes ein agressives, denn nur die Vernichtung dieses letzten Feindes garantiert ja den Endsieg des Guten. Der Apostelfürst Paulus fungierte hier für alle Erlösungsweltanschauungen als säkularisierte Formen der christlichen Erlösungsreligion als der Stichwortgeber, wenn er im 1.Korintherbrief 15, 26 schreibt: "Der letzte Feind, der entmachtet wird". Die Entmachtung des letzten Feindes machen die säkularisierten Erlösungsreligionen zu einer rein menschlichen Aufgaben als dem politischen Kampf gegen den letzten Feind. Das Feindbild des letzten Feindes ist so ein funktionales Surrogat für den Glauben an den Feind schlechthin, dem Satan in dem Vorstellungsraum von Welterlösungsideologien. Und darum gehört notwendigerweise die Verteufelung des letzten Feindes zum notwendigen Interieur jeder säkularen Welterlösungskonzeption! Aktuell erfüllt für die Multikultiideologen das Feindbild des Rechten diese Funktion des letzten Feindes. Erschreckend ist es aber, wie sehr in der Kirche und im Protestantismus man sich dieses Feindbild selbst zu eigen gemacht hat und es auch tatkräftig praktiziert, so etwa im Ausschluß von AfD Mitgliedern von den Podien des letzten Katholikentages im völligen Vergessen des wahren letzten Feindes des Menschen, des Satans!
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