Flüchtlinge und das
Hausrecht. Moraltheologische Erwägungen
1.Ein Einbruch
Mitten in
der Nacht wache ich auf. Ungewohnte Geräusche weckten mich. Ein
Einbrecher sitzt vor meinem Kühlschrank und entleert ihn. „Ein
Armutsflüchtling bin ich!“, entschuldigt er sich. „Bargeld
bräuchte ich auch noch, man kriegt ja nichts umsonst!“, fügt er
noch fordernd hinzu. Bin nun ich als Wohnungsbesitzer, weil ich
Christ bin, verpflichtet, dem Armutsflüchtling Speis und Trank zu
gewähren und ihm auch Geld zu geben, weil dieser ein Flüchtling
ist? Muß ich ihm auch erlauben, in meiner Wohnung kostenfrei zu
wohnen, wobei ich als der Wohnungsbesitzer nun auch die Lebenskosten
für diesen neun Mitbewohner zu übernehmen habe?
2. Leben in
Wohnungen
Menschen
wohnen in Wohnungen, Völker in Staaten. In Wohnungen und Staaten
üben die jeweiligen Besitzer ihr Hausrecht aus. So konstituiert sich
der Intimbereich der Menschen, als Paare, Familien oder einzeln
lebend oder als Völker in der Organisationsform des Nationalstaates,
dem Haus der Völker. Nun gibt es aber auch Menschenrechte. Wie
verhalten diese sich zum Hausrecht der Wohnungsinhaber, ist die
Zentralfrage der aktuellen moralphilosophischen Debatte um die
Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Diese Frage ist zu stellen
in den Zeiten der Auflösungstendenz aller Schöpfungsordnungen,
indem der Ordnung der Ehe die Homosexpartnerschaft gleichberechtigt
zugeordnet wird, der Ordnung der Familie die Patchworkfamilie und der
Ordnung des Volkes die multiethnische und multikulturelle
Gesellschaft, und der Ordnung des Staates der Bürgerservicestaat! In
diese Auflösungstendenz zeichnet sich nun auch die Tendenz ein, um
der Menschenrechte willen die Ordnung des Staates aufzulösen. Es ist
kein Zufall, daß in den Zeiten des verblassenden Gottglaubens auch
die Schöpfungsordnungen Gottes, Mann und Frau in der Ordnung der Ehe
und das Volk in der Ordnung des Staates an Kraft verlieren, sie in
Frage gestellt und durch Alternativmodelle ersetzt werden. Akzeptanz
der Vielfalt gelebter Sexualität ist so die Tagesparole zur
Auflösung der Ordnung der Ehe und der Familie, die Utopie einer
multikulturellen und multiethnischen Gesellschaft die Tagesparole zur
Auflösung der Ordnung des Volkes.
3.Zur
Auflösung der Schöpfungsordnungen
Inwiefern
werden nun die Menschenrechte zur Auflösung der Schöpfungsordnungen
Gottes verwendet? Die simple Parole, es gäbe ein Menschenrecht auf
die Ehe, soll die „Privilegierung“, daß eine Ehe nur eine
zwischen einer Frau und einem Mann sein kann, auflösen und das
Asylrecht, bzw. die Pflicht, jeden Flüchtling aufnehmen zu müssen,
soll die Ordnung des Volkes auflösen. Aber dies geschieht doch im
Namen von den Menschenrechten, könnte zur Legitimierung des
Auflösungswillens eingewandt werden. Stünden die Menschenrechte
nicht über den Hauseigentümerrechten? Oder müssen gar um dieser
Menschenrechte willen alle anderen Rechte untergraben werden?
Fragen wir
also: Gibt es ein Menschenrecht, überall wo ich möchte, leben zu
dürfen? Oder haben Staaten das Recht, Einwanderungswilligen ein
Wohn- und Heimatrecht in dem jeweiligen Staat zu gewähren oder auch
nicht zu gewähren? Die Ideologie des Liberalismus gibt hier eine
klare Antwort: Das Ideal des freien Marktes beinhaltet, daß jeder
Mensch das Recht haben muß, überall auf der Erde sich als
Arbeitskraft anbieten zu dürfen und überall auf der Erde als Käufer
von Waren auftreten zu können. Nicht wird so die Welt zu einem
globalisierten Dorf sondern der einstige Dorfmarkt wird zum
Weltmarkt, auf dem jeder als Händler und Käufer zu agieren hat.
Selbstredend gehört zu dieser Marktideologie, daß Arbeitskräfte,
die auf dem heimischen Arbeitsmarkt wenig Chancen auf gut bezahlte
Anstellungen haben, dann das Recht besitzen, dort hin zu wandern, wo
sie höhere Löhne erwarten. Es sind so die postmodernen Nomaden der
Globalisierung, die nun von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz wandern,
immer auf der Suche nach besser bezahlten „Jobs“. Diese liberale
Marktideologie zerstört nun die Grundlagen des Staatswesens, das nun
mal auf dem Prinzip der Geschlossenheit des Staatsgebietes und der
Unterscheidung von Dazugehörigen und Nichtdazugehörigen sich
aufbaut. Moeller van den Brucks berühmtes Votum: „Am Liberalismus
gehen die Völker zu Grunde“, bewahrheitet sich so. Die Gesetze des
Marktes lösen die Ordnung des Staates auf.
Es ist das
große Verdienst von Arnold Gehlen, daß er in seinem Werk: Moral und
Hypermoral auf die drei grundlegende Ethosse verweist: das der
Familie, das des Handels und das des Staates. Keines von diesen ist
auf eines der anderen rückführbar, sondern sie existieren je für
sich idealtypisch konstruiert, bestimmen dann aber wechselseitig sich
beeinflussend das Leben der Menschen. Hypermoral entsteht dann genau
da, wo eines diese Ethosse sich absolut setzt als die einzige Ordnung
für das Leben. Das geschieht in der Ideologie des Liberalismus. Das
ist die Verabsolutierung des Ethos, das Gehlen das der
Gegenseitigkeit nennt, das des freien Handels.Während das Ethos des
Staates und das der Familie die Unterscheidung von dazugehörig und
nichtdazugehörig kennt, ja diese Differenz konstitutiv für sie ist,
ist allein das Ethos der Ökonomie universalistisch: Jeder Mensch
darf und soll Käufer und Verkäufer auf dem globalisierten freien
Weltmarkt sein. Wenn man nun in diesem Sinne die
Menschenrechte deutet, dann sind sie wirklich wie Salzsäure,die die
Ordnung des Staates wie die der Familie auflöst. Aber das geht nur,
wenn man die konstitutive Differenz zwischen Menschenrechten und
Bürgerrechten negiert. Die Menschenrechte besagen eben nicht, daß
ich in jedem Land der Welt, weil ich ein Mensch bin, ein Wohn- und
Arbeitsrecht habe und gar das Recht, überall meine Stimme bei Wahlen
abzugeben und so mit über die Regierung des Landes zu entscheiden!
Das sind Bürgerrechte, die nur dem Staatszugehörigen zukommen. Ein
Staat kann einem Nichtstaatsbürger diese Rechte verleihen, so wie
Eltern neben ihren natürlich-leiblichen Kindern auch fremde Kinder
adoptieren können, nur es gibt weder für den Staat noch für Eltern
eine Pflicht zur Adoption! Genau das wird aber faktisch verlangt,
wenn unter der Parole: „Niemand ist illegal“ die Auflösung der
besonderen Staatsbürgerrechte eingefordert wird, weil nun die
Bürgerrechte unter die Menschenrechte als Teil von ihnen subsumiert
werden sollen.
4.Zur
Pflicht, Armen gegenüber
Nun soll es
sich bei den Flüchtlingen ja um Arme handeln. (Lassen wir diese
These mal ungeprüft stehen, auch wenn es da reichlich Bedenken gibt;
man denke nur an die Gebühren, die die Schlepperorganisationen für
das Hineinschmuggeln der Einwanderungswilligen verlangen: Von
mehreren Tausend Euro wird da in Zeitungen rapportiert. Ist der arm,
der so viel zahlen kann? ) Unbestreitbar ist, daß es viele Menschen
auf der Welt gibt, die im Vergleich zum durchschnittlichen
Leberstandast eines Deutschen arm sind. Sie sind arm und klopfen nun
an unsere Türen, weil sie eben genauso gut leben möchten wie der
Durchschnittsdeutsche. Schätzungsweise höchstens 5 Prozent der
jetzigen Asylanten sind keine Wirtschaftsflüchtlinge. Ihre Not
besteht so wesentlich in dem Faktum, daß sie in ihren Heimatländern
den von ihnen gewünschten Lebensstandart nicht realisieren können.
Legitimiert das aber, daß sie nun vom deutschen Staat aufgenommen
werden müssen und daß ihnen dann auch dieser Lebensstandart
zugeteilt wird? Daß sie das sich wünschen, ist allen einsichtig,
insbesondere wenn das Menschenbild des Homo oeconomicus zu Grunde
gelegt wird, daß das Handeln des Menschen primär von
materialistischen Zielen bestimmt ist. Einfacher gesagt: Das Geld
regiert die Welt und so wird die Welt durch das Streben nach
Mehr-Geld bewegt. Diesem Bewegungsgesetz haben dann auch
Staatsgrenzen zu weichen als offene Grenzen auch für den
Warenverkehr der freien Arbeitskräfte.
Ist es aber
nun die Pflicht des Christen, Flüchtlingen zu helfen, indem man für
ihre Aufnahme plädiert? Das hieße, auf die Ordnung der Familie
bezogen, daß die Eltern verpflichtet wären, jedes Kind, das nicht
den selben Lebensstandart genießt wie die eigenen Kinder, zu
adoptieren, um sie dann gleichberechtigt mit den leiblichen Kindern
zu versorgen! Damit wäre die Ordnung der Familie auf einen Schlag
zerstört, weil so faktisch die die Ordnung der Familie
konstituierende Differenz von zur Familie Dazugehörenden und nicht
zu ihr Dazugehörenden aufgelöst wird.
Die
Ordnungen der Familie und die des in einem Staat sich organisierenden
Volkes haben die Aufgabe, Moral lebbar zu machen, indem sie
Dostojewskijs Votum:Jeder ist für alles verantwortlich! auf etwas
Praktikables limitieren, auf die Verantwortlichkeit für die eigene
Familie und dann auf die für das eigene Volk und dann erst
abgemildert für die Anderen. Das ist die Konsequenz des Gebotes der
Nächstenliebe, die eben die Verpflichtung zum Nächsten von der zum
Fernen unterscheiden lernt. Eine Mutter ist eben in erster Hinsicht
für ihre eignen Kinder verantwortlich und sie verstieße gegen ihre
elementarsten Mutterpflichten, würde sie jedes fremde Kind wie ihre
eignen versorgen und ihm auch eine leibliche Mutter sein wollen.
Nun gibt es
Fälle, in denen der Staat wirklich verpflichtet ist, Flüchtlinge
aufzunehmen. Das ist wahr. Wer aus religiösen, politischen oder
ethnischen Gründen in seiner Heimat vom dortigen Staat verfolgt
wird, dem wird in Deutschland Asyl gewährt. Aber es gibt keine
Pflicht des Staates, jeden , der sich ökonomisch verbessern will,
hier als Flüchtling aufzunehmen! Es gibt ja auch keine Pflicht eines
besser verdienenden Christen etwa einem Wenigverdiener Geld
abzugeben, bis daß der auch einen Durchschnittsverdienst bekommt,
bloß weil der Wenigverdiener mehr Geld haben möchte! Und es gibt
auch kein Menschenrecht, überall, wo man will, leben und arbeiten zu
dürfen. Nur wnn die Menschrechte im Geiste des Liberalismus
ausgelegt werden, wird dem homo oeconomicus dies vermeintliche Recht
zugeschrieben als Teilhaberecht am globalisierten freien
Arbeitsmarkt.
5. Das Lob
der Grenze
Nun wird
viel von der Inhumanität von geschlossenen Grenzen gesprochen. Ja,
Menschen kommen gar zu Schaden beim Versuch, geschlossene Grenzen zu
überwinden. Dies Problem soll nun anhand eines einfachen
anschaulichen Beispieles erörtert werden. Denken wir uns einen
Bankräuber, der nun mit seinem Schweißgerät vor dem Banktresor
sitzt und sich beim Versuch des Aufschweißens Hände und Arme stark
verbrennt. Ist nun die Tatsache, daß die Bank das bei ihr deponierte
Geld vor einem Diebstahl zu bewahren versucht, indem sie das Geld in
einen Tresor legt, eine unmoralische Tat, da sie Bankräuber am
unbeschwerten Zugriff zum Geld hindert und gar den Räubern eine
beachtliche Verletzungsgefahr zufügt, wenn das Einbruchsgerät nicht
fachlich gut gehandhabt wird? Das ist absurd! Aber warum ist es
unmoralisch, wenn ein Staat seine Grenzen befestigt, um eine illegale
Einwanderung zu verhindern und warum ist es besonders unmoralisch,
wenn dann beim illegalen Versuch des Überwindens dieser Grenzen
Grenzüberwinder zu Schaden kommen? Schlage ich eine Fensterscheibe
eines Verbrauchermarktes ein, um im Markt vorhandene Lebensmittel zu
stehlen, und verletze mich dabei, ziehe mir blutende Schnittwunden
bei, ist dann zu folgern, daß geschlossene Fenster etwas
Unmoralisches sind, ja daß sie offen zu stehen haben, damit jeder
Bedürftige sich aus dem Verbrauchermarkt holen darf, was er möchte?
Geraten aber Flüchtlinge bei dem Versuch einer illegalen Einreise im
Mittelmeer in Seenot, sprechen die Massenmedien regelmäßig von
Tragödien. Keiner verurteilt so einen Hausbesitzer, wenn er sein
Eigentum schützt. Das sei ferne, denn so ein grober Verstoß gegen
die Ordnung des Eigentumes wie ein Einbruch ist nun mal nicht
moralisch vertretbar. Wenn es aber um ein illegales Eindringen in das
Haus des Staates geht, um sich dort staatliche Leistungen zu
verschaffen, die einem nicht zustehen, dann sollen plötzlich
geschützte Grenzen etwas Unmoralisches sein! Ja, dann klagen
Gutmenschen über die Verletzungsgefahr für illegal Eindringende und
verlangen offene Grenzen, damit niemand sich mehr verletze, wenn er
illegal Grenzen überschreitet!
„Wir haben das Lob der
Grenze nicht gelernt, sagte Sloterdijk. In Deutschland glaube man
immer noch, eine Grenze sei nur dazu da, um sie zu überschreiten.
Innerhalb Europas schere Deutschland damit aus. Die Europäer werden
früher oder später eine effiziente gemeinsame Grenzpolitik
entwickeln. Auf die Dauer setzt der territoriale Imperativ sich
durch. Es gibt schließlich keine moralische Pflicht zur
Selbstzerstörung.“ Peter Sloterdijk, in Cicero, 28. Januar 2016.
Sloterdijk ist sicher einer der
anregendsten Philosophen der Gegenwart, den gerade der Mut zum
selbstständigen und kritischen Denken auszeichnet. Hier ist nun
nicht der angemessene Ort, diesen Denker geziemend zu würdigen,
zumal die beste Würdigung darin besteht, ihn zu lesen und mit ihm zu
denken. Zur Sache: Der „territoriale Imperativ“ ist dabei gerade
auch hier ein Konzept, die moralische Verantwortung von Bürgern zu
limitieren, um so moralisch handlungsfähige Subjekte zu konzipieren,
die eben nicht, weil sie für alles verantwortlich sind, hoffnungslos
überfordert,nicht mehr moralisch handlungsfähig sind. Der
„territoriale Imperativ“ ist aber auch das Gebot der
Identitätswahrung.Identität konstituiert sich durch Grenzen und
durch ein Sichabgrenzen: Ich bin nicht du.
In R. Musils Romanwerk:
Der Mann ohne Eigenschaften im 7. Kapitel: "In einem Zustand von
Schwäche zieht sich Ulrich eine neue Geliebte" lesen wir,
scheinbar den ganz und gar lapidar daherkommenden Satz: "Schließlich
besteht ja das Ding nur durch seine Grenzen und damit durch einen
gewissermaßen feindseligen Akt gegen seine Umgebung". Der
Begriff des Dinges steht hier für alles Seiende, den auch die Farbe
Rot ist ja nur durch seine Grenze zu allen Nichtrotfarben. Wo die
Grenze aufgehoben würde, löste sich alles Seiende auf in ein graues
Einerlei. Nur, spontan empfindet der freiheitsliebende Menschen
Grenzen als ihn Begrenzendes und so werten ja selbst von Christen die
Gebote Gottes und der Kirche als freiheitsbegrenzend empfunden, als
etwas den Menschen Hemmendes. Und ist nicht die ganze menschliche
Kultur etwas den ursprünglichen Menschen Begrenzendes und
Domestizierendes? War die Freiheit des Menschen seine
Ursprünglichkeit in einem unbegrenzten Leben? Wer so denkt,
identifiziert Freiheit mit Willkür. Dann müßte aber auch im Sinne
Marquise de Sade geurteilt werden, daß nur der wie ein Diktator
Lebende ein freier Mensch ist, und das auch nur, weil er allen
anderen ihre Freiheit raubt.
Aber so "philosophisch"
tiefschürfend geht es im Leben nicht zu. Viel banaler: Jede Grenze
empfindet das Wirtschaftsleben als Begrenzung seines Ideales des
unbegrenzten Freihandels, für den alles kauf- und verkaufbare Ware
sein soll. Der Primat der Politik über die Wirtschaft fordert, wie
Fichte es in seinem Konzept des "geschlossenen Handelsstaates"
den Nationalstaat, der um seiner Freiheit als Selbstbestimmung des
Volkes gedacht, den Außengrenzen setzenden Staat, der so Ein- und
Ausfuhr regelt ausgerichtet an dem Gemeinwohl des Volkes. Lösen sich
diese Grenzen, bestimmt nicht mehr die Politik das Wirtschaftsleben
sondern das Wirtschaftsleben die Politik.
Wo ein Volk auf seine
Grenzen verzichtet, da beginnt es sich aufzulösen. Denn zum
Volkssein gehört unbedingt die Unterscheidung von Dazugehören und
Nichtdazugehören dazu. Gibt es diese Unterscheidung nicht mehr,löst
sich jedes bestimmte Volk auf in das Einerlei von bloßem Menschsein.
So existiert ja auch die Katholische Kirche auch nur durch ihre
Grenzziehung zu den anderen christlichen Dominationen; wird diese
Grenze aufgelöst, entsteht ein diffuses unbestimmte
Irgendwiechristentum.
Das Lob der Grenze
bedeutet so für den religiösen Raum die Bejahung der Katholischen
Kirche, die ihre Grenze zu allen anderen christlichen Kirchen und
Gemeinschaften setzt und bewahrt, für den politischen Raum, daß der
Nationalstaat zur Bewahrung seines Volkes seine Grenzen setzt und
bewahrt und im menschlich elementaren Bereich, daß Frauen und Männer
sich jeweils wechselseitig begrenzen, damit sie sich erhalten. In all
diesen drei Räumen gibt es aber nun starke dazu antithetisch sich
verhaltende Bewegungen der Auflösung aller Grenzen. Die
Globalisierung will alle Nationalstaaten abschaffen, die Ökumene und
der interreligiöse Dialog alle bestimmten Religionen und der
Genderismus die Grunddifferenz von Mann und Frau! Es gilt also
wieder, das Lob der Grenze anzustimmen, denn alles ist nur durch
seine Grenze zum Anderen, sonst löst sich alles in einem
Nirvanaeinerlei auf!
6. Das Heimatrecht
Aber nun gibt uns
der Begriff des Flüchtlings noch ein weiteres moralisches Problem
zu bedenken. Gibt es nicht auch ein Hausrecht des Landes, aus dem der
Flüchtling flüchtet, dem Flüchtling gegenüber? Stellen
wir uns diesen Fall vor, der gern in der Presse kolportiert wird
unter der Rubrik: Flüchtlinge helfen, Fachkräftemangel in
Deutschland zu beheben. In Syrien gut ausgebildete Ärzte kämen nun
zu uns, um den Mangel an Ärzten auf dem Lande zu beheben. Hat nicht
der Staat Syrien viel investiert, um einen Menschen zu einem Arzt
auszubilden, von der Schulbildung bis zum Universitätsstudium in der
Erwartung, daß sich das für das Gemeinwohl rentiert, wenn der
Ausgebildete dann seinen Beruf in Syrien auch ausübt zum Wohle der
Bevölkerung? Wie nun aber, wenn der ausgebildete Arzt seinen
Verdienst in der Heimat vergleicht mit dem zu erwartenden Verdienst
in Deutschland und es dann vorzieht, in Deutschland praktizieren zu
wollen? Damit schadet er in erster Linie seiner Heimat. Sie hat ihm
diese Ausbildung ermöglicht, aber ob der offenen Grenzen zieht ihn
nun der erwartete Mehrverdienst nach Deutschland. Genereller
formuliert: Die Politik der offenen Staatsgrenzen entzieht Staaten,
die auch Gutqualifizierten nicht einen mit dem in Deutschland für
sie zu erwartenden Lebensstandart vergleichbaren Lebensstandart
gewähren können, ihre gutqualifizierten Arbeitskräfte. Sie nehmen
dabei ihre gute Ausbildung mit, die ihnen der Staat ermöglicht und
finanziert hat, damit sie damit sich in ihrer Heimat nutzbringend
einbringen. Es gibt wohl ein moralisches Recht, daß Bürger ihren
Staat verlassen dürfen, um woanders mehr zu verdienen, (so lehrt es
tatsächlich die Soziallehre der Kirche), aber es muß dem
Heimatstaate das Recht zugebilligt werden, wenn zu viele
Gutqualifizierte dies Recht in Anspruch nehmen, sodaß dem
Gemeinwesen ein erheblicher Schaden droht, etwa ein Ärztemangel, der
das Gesundheitssystem zu gefährden droht, dies Recht dann
einzuschränken.
Hier
offenbart sich eine prinzipielle Schwäche der
Menschenrechtsideologie, weil sie zu einseitig die Rechte des
Individuums betont, aber die Rechte der Gemeinschaft dann über das
Individuum vernachlässigt. (Das ist ja auch der Kern der Kritik der
Menschenrechtslehre von Karl Marx in seiner humanistischen Phase;zur
humanistischen Phase vergleiche L. Althussers Marxstudien) Dieser
Ideologie liegt eben die Idee des Menschen als homo oeconomcus zu
Grunde, der sein Leben als Käufer und Verkäufer führt und der dann
die Rechte beansprucht als Menschenrechte, damit er so als homo
oeconomicus leben kann. Ein Flüchtling, gerade der
Wirtschaftsflüchtling steht so eben nicht zu Unrecht unter dem
Verdacht, seine Verpflichtungen der Sozialgemeinschaft gegenüber,
der er von Geburt an angehört, zu vernachlässigen, weil er für
sich einen höheren Lebensstandart erstrebt, als er ihn in seiner
Heimat realisieren kann. Es muß so aber gesehen werden, daß die
Politik der offenen Grenzen für Staaten, die Gutqualifizierte
hervorbringen, ein Angriff auf ihre Zukunfsfähigkeit ist, weil diese
Politik dann gerade diesen Staaten ihre potentiellen Leistungsträger
entzieht. Aus dem Bundesligafußball ist uns dies Phänomen
wohlvertraut:Kleine finanzschwache Vereine können wohl gute
Nachwuchsspieler hervorbringen, wenn sie dann aber gut sind, werden
sie von den reichen Fußballvereinen abgekauft, sodaß die kleinen
nie eine Chance auf obere Plätze in der Ligatabelle haben: Alle
wirklich guten Spieler werden ihnen abgekauft. Die Politik der
offenen Grenzen will so auch mit den Gutqualifizierten aus armen
Staaten verfahren. Moraltheologisch geurteit ist diese Art der
Schädigung der Herkunftsländer zumindest problematisch! Aber die
Medien schauen nur auf das Einzelindividuum, das halt bei uns besser
leben will ohne zu reflektieren, in wieweit es damit seiner eignen
Heimat schadet und unsere Politik der offenen Grenzen die
Heimatländer!
7. Die Rechte der Nation
Papst
Johannes Paul II. sprach 1995 vor den Vereinten Nationen von den
vernachlässigten Rechten der Nationen. „ Die alllgemeine Erklärung
der Menschenrechte, die 1948 angenommen wurde, hat ausdrücklich die
Rechte der Persönlichkeit behandelt. Aber es gibt noch keine
ähnliche internationale Vereinbarung, die angemessen die Rechte der
Nationen aufgegriffen hätte.“ (Zitiert nach Friedrich Romig, Die
Rechte der Nation, 2002, S.9) Der Papst führt dazu aus in seiner
Enzyklika Laborem exercens: „ Die Volksgemeinschaft- auch wenn sie
noch nicht die ausgereifte Form einer Nation erreicht hat- ist nicht
nur die große, wenn auch mittelbare >Erzieherin< jedes
Menschen (da ja jeder sich in der Familie die Gehalte und Werte zu
eigen macht, die in ihrer Gesamtheit die Kultur einer bestimmten
Nation ausmachen), sie ist auch die große und historische
Inkarnation der Arbeit aller bisherigen Generationen. All das
bewirkt, daß der Mensch seine tiefste Identität mit der
Zughörigkeit zu einer Nation verbindet und seine Arbeit auch als
eine mit seinen Landsleuten zusammen zu erarbeitende Mehrung des
Gemeinwohls versteht,“. (zitiert nach Friedrich Romig, Die Rechte
der Nation, 2002, S.10f) Die Nation ist so dem Einzelindividuum etwas
Vorgeordnetes, in das er hineingeboren wird, das er dann durch sein
Leben mitgestaltet, und das noch leben wird, wenn der Einzelne
verstirbt. Unter Nation versteht der Papst hier das, was man im
hegelischen Sinne als das für sich statt des an sich von etwas
verstehen kann, daß ein Volk zu einem sich als Volk Bewußtem wird,
daß es dann nicht nur objektiv ein Volk ist, sondern es auch im
Selbstbewußtsein ist. Das Volk so gesehen als eigenständige Entität
verfügt so auch über Rechte. Das meint der Begriff des
Selbstbesimmungsrechtes der Völker. Das sind sozusagen die
Hausrechte des Volkes in seinem eignen Territorium. Nur in Grenzen
kann so jedes Volk für sich seine Identität sich bewahren und
entwickeln. Löste man alle Grenzen auf, verlöre sich die Identität
jedes Volkes. Gerade die Geschichte des Volks Israels im Alten
Testament zeigt ja aufs deutlichste, wie wichtig die Abgrenzung und
Unterscheidung dieses Volkes zu den anderen Völkern ist, um seine
Identität zu wahren.
Es ist so
kein Zufall, daß das erste Experiment der Errichtung eine
multikulturellen Gesellschaft auf jüdischem Boden unter dem König
Salomo in einer Katastrophe für das Volk endete. Der König hatte
für jede seiner Frauen in Jerusalem für deren Religion einen Tempel
errichten lassen- fast jede heidnische Religion war so präsent in
Israel. Gott zürnte über diesen Frevel und so spaltete er das Volk
in zwei jüdische Staaten, Juda und Israel, die dann gar einen
Bruderkrieg gegeneinander führten.(1. Könige 11) Der Bürgerkrieg
folgte auf das Multikultiexperiment.
Auf die
Causa der Flüchtlingspolitik bezogen heißt dies, daß zu
unterscheiden ist zwischen Einzelfällen, wo es darum geht, ob einem
Menschen ein Asyl gewährt werde kann, oder ob es sich um eine
Masseneinwanderung handelt, in der Teile von Völkern für sich einen
neuen Lebensraum suchen. Das eine mal geht es um die
Integrationssmöglichkeit von Einzelnen, das andere mal darum, wie
viele, wie große Fremdkulturen in einer Nation einen Lebensraum
finden können, ohne daß die Identität des dort beheimateten Volkes
gefährdet ist. Merke: Einzelne integrieren sich, ganze eingewanderte
Volksgruppen bilden Subkulturen in der bestehenden Gesellschaft, in
denen sie dann ihre Heimatkultur leben, sich von der sie umgebenden
Fremdkultur absondernd. „Ganze Völker,Zivilisationen und
Religionen- erst recht Religionen, die sebst eine Form der
Zivilisatin bedeuten- , Gesellschafts- und Staasformen können sich
jedoch nicht ohne weiteres mit anderen Völkern, Zivilisationen und
anderen Formen des Lebens und Denkens vermischen; sie können diese
Vermischung nicht einmal wollen, es sei denn, sie wollen tatsächlich
ihre Identität aufgeben. Letzteres wird ihnen jedoch kaum als
wünschenswert erscheinen, wenn diese andeen Völker, diese anderen
Zivilisationen, diese aufnehemenden Nationen und ihre Bewohner von
ihnen verachtet werden“, urteilt Renaud Camus in: Der Große
Austausch oder: Die Auflösung der Völker, in: Renaud Camus, Revolte
gegen den großen Austausch, 2016, S.46f.
Daraus
entspringt dann die selbstgewählte Gettoexistenz, um das Eigene in
der Fremde zu bewahren, wie einst das exilierte jüdische Volk im
babylonischen Exil es praktizierte. Die Utopie einer multiethnischen
und multikulturellen Gesellschaft lebt ja von der Voraussetzung, daß
die verschiedenen Kulturen nicht sich vermischen zu einer, wie es die
amerikanische Ideologie des Schmelztiegels vorsah, sondern daß sie
nebeneinander leben mit einem Minimum an einer Kultur des
Miteinanderauskommens, die die individuelle Gettokultur so
voraussetzt. Eine Masseneinwanderung bedeutet dann, daß sich die
Einwanderungsströme in die jeweiligen ethnisch-kulturell homogenen
Subkulturen aufteilen, sodaß ein Prozeß der Herausbildung von
Parallelgesellschaften einsetzt. Es gibt keine Einheit und
Gemeinschaft der Gesellschaft mehr sondern nur noch ein Nebeneinader
von unverbundenen Subkulturen. Unter diesen Bedingungen kann das
einstige Volk nicht mehr selbstbestimmt im eigenen Hause leben. Es
verliert seine Identität.
So
erfaßt die tschechische Bischofskonferenz das Problem der jetzigen
Masseneinwanderung sehr gut, wenn sie sich so äußert: „Die
Erklärung beschränkt sich weitgehend auf Verweise auf Aussagen des
Papstes sowie der Kardinäle Antonio Maria Verglich und Jean-Louis
Taurin, setzt dabei jedoch differenzierte eigene Akzente. So spiegelt
schon die Rede von einer "organisierten Migration" im Titel
die Überzeugung des BKA-Vorsitzenden Kardinal Dominik Dukat, wonach
die Masseneinwanderung nach Europa von islamistischen Kreisen gelenkt
sei. Es gehe bei ihr darum, den Nahen Osten von Christen zu säubern
und andererseits Europa mit dem Islam zu infiltrieren, hieß es.“
(zitiert nach Kath net vom 24.4. 2016:Prag, Pressburg: Kirchliche
Kontroverse zu Flüchtlingen hält an) Hier wird sehr klar das
Problem der sich herausbildenden Parallelgesellschaften erfaßt: Es
bleibt nicht bei der Auflösung der bestehenden Kultur in den
Einwanderungsländern, das Endziel ist die Etablierung der
Einwanderungskultur in Europa und somit der Auslöschung der
abendländisch-christlichen Kultur!
8. Gott und die Völker
Deuteronomium 32, 8f
gehört sicher zu den schwer ausdeutbaren Aussagen der Bibel: „Als
der Höchste (den Göttern) die Völker übergab, als er die
Menschheit aufteilte, legte er die Gebiete der Völker nach der Zahl
der Götter fest, der Herr nahm sich sein Volk als Anteil, Jakob
wurde sein Erbland.“ Ein Versuch: Götter meint hier selbstredend
Engel und so besagt diese Stelle, daß Gott es war, der die Einheit
der Menschheit auflöste in eine Vielzahl von Völkern, die ihren
individuellen, sich von den anderen unterscheidenden Charakter durch
den jeweiligen Völkerengel bekommen, denn nach der Zahl der
Völkerengel bildete Gott die Anzahl der Völker. Nationen sind also
so nicht einfach ein Produkt einer innerweltlich kulturellen
Entwicklung, sondern der Schöpfergott hat sie selbst erschaffen und
so gehören sie zu der Schöpfungsordnung Gottes. Sie haben ihre
Identität von Gott her, sodaß die Bewahrung ihrer selbst selbst der
Anspruch Gottes an sie ist. Gerade dieser Status muß es aber
bedenklich erscheinen lassen, wenn durch eine Politik der offenen
Grenzen die Identität der Völker gefährdet wird. Es gilt hier das
Recht und die Pflicht der Nationen, sich selbst in ihrer Eigenart zu
bewahren.Und da alles, was ist, nur durch seine Grenze zu den Anderen
existiert,müssen die identitätsstiftenden Grenzen bewahrt
werden.Das ist das Hausrecht der Nationen, wie es das Recht jedes
Wohnungseigentümers ist, seine Türen und Fenster zu schließen zum
Schutz vor ungebetenen Gästen.
Menschliches Leben
bewahrt sich nur, wenn die drei Sphären des Lebens, die Familie, die
Ökonomie und der Staat ihre Eigenart und ihr spezifisches Ethos
bewahren (Gehlen) und nicht eine zur totalitären Ordnung
aufgebauscht wird. Sie müssen sich wechselseitig begrenzen. Das ist
das Lob der Grenze, die verhindert, daß eine Moral, ein Ethos, wie
Arnold Gehlen es nennt, sich zur Hypermoral aufbläht und so
totalitär wird.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen