Donnerstag, 30. Juni 2016

Herr im eigenen Hause- ein Lob der Grenze

Flüchtlinge und das Hausrecht. Moraltheologische Erwägungen

1.Ein Einbruch
Mitten in der Nacht wache ich auf. Ungewohnte Geräusche weckten mich. Ein Einbrecher sitzt vor meinem Kühlschrank und entleert ihn. „Ein Armutsflüchtling bin ich!“, entschuldigt er sich. „Bargeld bräuchte ich auch noch, man kriegt ja nichts umsonst!“, fügt er noch fordernd hinzu. Bin nun ich als Wohnungsbesitzer, weil ich Christ bin, verpflichtet, dem Armutsflüchtling Speis und Trank zu gewähren und ihm auch Geld zu geben, weil dieser ein Flüchtling ist? Muß ich ihm auch erlauben, in meiner Wohnung kostenfrei zu wohnen, wobei ich als der Wohnungsbesitzer nun auch die Lebenskosten für diesen neun Mitbewohner zu übernehmen habe?

2. Leben in Wohnungen
Menschen wohnen in Wohnungen, Völker in Staaten. In Wohnungen und Staaten üben die jeweiligen Besitzer ihr Hausrecht aus. So konstituiert sich der Intimbereich der Menschen, als Paare, Familien oder einzeln lebend oder als Völker in der Organisationsform des Nationalstaates, dem Haus der Völker. Nun gibt es aber auch Menschenrechte. Wie verhalten diese sich zum Hausrecht der Wohnungsinhaber, ist die Zentralfrage der aktuellen moralphilosophischen Debatte um die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Diese Frage ist zu stellen in den Zeiten der Auflösungstendenz aller Schöpfungsordnungen, indem der Ordnung der Ehe die Homosexpartnerschaft gleichberechtigt zugeordnet wird, der Ordnung der Familie die Patchworkfamilie und der Ordnung des Volkes die multiethnische und multikulturelle Gesellschaft, und der Ordnung des Staates der Bürgerservicestaat! In diese Auflösungstendenz zeichnet sich nun auch die Tendenz ein, um der Menschenrechte willen die Ordnung des Staates aufzulösen. Es ist kein Zufall, daß in den Zeiten des verblassenden Gottglaubens auch die Schöpfungsordnungen Gottes, Mann und Frau in der Ordnung der Ehe und das Volk in der Ordnung des Staates an Kraft verlieren, sie in Frage gestellt und durch Alternativmodelle ersetzt werden. Akzeptanz der Vielfalt gelebter Sexualität ist so die Tagesparole zur Auflösung der Ordnung der Ehe und der Familie, die Utopie einer multikulturellen und multiethnischen Gesellschaft die Tagesparole zur Auflösung der Ordnung des Volkes.

3.Zur Auflösung der Schöpfungsordnungen
Inwiefern werden nun die Menschenrechte zur Auflösung der Schöpfungsordnungen Gottes verwendet? Die simple Parole, es gäbe ein Menschenrecht auf die Ehe, soll die „Privilegierung“, daß eine Ehe nur eine zwischen einer Frau und einem Mann sein kann, auflösen und das Asylrecht, bzw. die Pflicht, jeden Flüchtling aufnehmen zu müssen, soll die Ordnung des Volkes auflösen. Aber dies geschieht doch im Namen von den Menschenrechten, könnte zur Legitimierung des Auflösungswillens eingewandt werden. Stünden die Menschenrechte nicht über den Hauseigentümerrechten? Oder müssen gar um dieser Menschenrechte willen alle anderen Rechte untergraben werden?

Fragen wir also: Gibt es ein Menschenrecht, überall wo ich möchte, leben zu dürfen? Oder haben Staaten das Recht, Einwanderungswilligen ein Wohn- und Heimatrecht in dem jeweiligen Staat zu gewähren oder auch nicht zu gewähren? Die Ideologie des Liberalismus gibt hier eine klare Antwort: Das Ideal des freien Marktes beinhaltet, daß jeder Mensch das Recht haben muß, überall auf der Erde sich als Arbeitskraft anbieten zu dürfen und überall auf der Erde als Käufer von Waren auftreten zu können. Nicht wird so die Welt zu einem globalisierten Dorf sondern der einstige Dorfmarkt wird zum Weltmarkt, auf dem jeder als Händler und Käufer zu agieren hat. Selbstredend gehört zu dieser Marktideologie, daß Arbeitskräfte, die auf dem heimischen Arbeitsmarkt wenig Chancen auf gut bezahlte Anstellungen haben, dann das Recht besitzen, dort hin zu wandern, wo sie höhere Löhne erwarten. Es sind so die postmodernen Nomaden der Globalisierung, die nun von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz wandern, immer auf der Suche nach besser bezahlten „Jobs“. Diese liberale Marktideologie zerstört nun die Grundlagen des Staatswesens, das nun mal auf dem Prinzip der Geschlossenheit des Staatsgebietes und der Unterscheidung von Dazugehörigen und Nichtdazugehörigen sich aufbaut. Moeller van den Brucks berühmtes Votum: „Am Liberalismus gehen die Völker zu Grunde“, bewahrheitet sich so. Die Gesetze des Marktes lösen die Ordnung des Staates auf.
Es ist das große Verdienst von Arnold Gehlen, daß er in seinem Werk: Moral und Hypermoral auf die drei grundlegende Ethosse verweist: das der Familie, das des Handels und das des Staates. Keines von diesen ist auf eines der anderen rückführbar, sondern sie existieren je für sich idealtypisch konstruiert, bestimmen dann aber wechselseitig sich beeinflussend das Leben der Menschen. Hypermoral entsteht dann genau da, wo eines diese Ethosse sich absolut setzt als die einzige Ordnung für das Leben. Das geschieht in der Ideologie des Liberalismus. Das ist die Verabsolutierung des Ethos, das Gehlen das der Gegenseitigkeit nennt, das des freien Handels.Während das Ethos des Staates und das der Familie die Unterscheidung von dazugehörig und nichtdazugehörig kennt, ja diese Differenz konstitutiv für sie ist, ist allein das Ethos der Ökonomie universalistisch: Jeder Mensch darf und soll Käufer und Verkäufer auf dem globalisierten freien Weltmarkt sein. Wenn man nun in diesem Sinne die Menschenrechte deutet, dann sind sie wirklich wie Salzsäure,die die Ordnung des Staates wie die der Familie auflöst. Aber das geht nur, wenn man die konstitutive Differenz zwischen Menschenrechten und Bürgerrechten negiert. Die Menschenrechte besagen eben nicht, daß ich in jedem Land der Welt, weil ich ein Mensch bin, ein Wohn- und Arbeitsrecht habe und gar das Recht, überall meine Stimme bei Wahlen abzugeben und so mit über die Regierung des Landes zu entscheiden! Das sind Bürgerrechte, die nur dem Staatszugehörigen zukommen. Ein Staat kann einem Nichtstaatsbürger diese Rechte verleihen, so wie Eltern neben ihren natürlich-leiblichen Kindern auch fremde Kinder adoptieren können, nur es gibt weder für den Staat noch für Eltern eine Pflicht zur Adoption! Genau das wird aber faktisch verlangt, wenn unter der Parole: „Niemand ist illegal“ die Auflösung der besonderen Staatsbürgerrechte eingefordert wird, weil nun die Bürgerrechte unter die Menschenrechte als Teil von ihnen subsumiert werden sollen.

4.Zur Pflicht, Armen gegenüber
Nun soll es sich bei den Flüchtlingen ja um Arme handeln. (Lassen wir diese These mal ungeprüft stehen, auch wenn es da reichlich Bedenken gibt; man denke nur an die Gebühren, die die Schlepperorganisationen für das Hineinschmuggeln der Einwanderungswilligen verlangen: Von mehreren Tausend Euro wird da in Zeitungen rapportiert. Ist der arm, der so viel zahlen kann? ) Unbestreitbar ist, daß es viele Menschen auf der Welt gibt, die im Vergleich zum durchschnittlichen Leberstandast eines Deutschen arm sind. Sie sind arm und klopfen nun an unsere Türen, weil sie eben genauso gut leben möchten wie der Durchschnittsdeutsche. Schätzungsweise höchstens 5 Prozent der jetzigen Asylanten sind keine Wirtschaftsflüchtlinge. Ihre Not besteht so wesentlich in dem Faktum, daß sie in ihren Heimatländern den von ihnen gewünschten Lebensstandart nicht realisieren können. Legitimiert das aber, daß sie nun vom deutschen Staat aufgenommen werden müssen und daß ihnen dann auch dieser Lebensstandart zugeteilt wird? Daß sie das sich wünschen, ist allen einsichtig, insbesondere wenn das Menschenbild des Homo oeconomicus zu Grunde gelegt wird, daß das Handeln des Menschen primär von materialistischen Zielen bestimmt ist. Einfacher gesagt: Das Geld regiert die Welt und so wird die Welt durch das Streben nach Mehr-Geld bewegt. Diesem Bewegungsgesetz haben dann auch Staatsgrenzen zu weichen als offene Grenzen auch für den Warenverkehr der freien Arbeitskräfte.

Ist es aber nun die Pflicht des Christen, Flüchtlingen zu helfen, indem man für ihre Aufnahme plädiert? Das hieße, auf die Ordnung der Familie bezogen, daß die Eltern verpflichtet wären, jedes Kind, das nicht den selben Lebensstandart genießt wie die eigenen Kinder, zu adoptieren, um sie dann gleichberechtigt mit den leiblichen Kindern zu versorgen! Damit wäre die Ordnung der Familie auf einen Schlag zerstört, weil so faktisch die die Ordnung der Familie konstituierende Differenz von zur Familie Dazugehörenden und nicht zu ihr Dazugehörenden aufgelöst wird.
Die Ordnungen der Familie und die des in einem Staat sich organisierenden Volkes haben die Aufgabe, Moral lebbar zu machen, indem sie Dostojewskijs Votum:Jeder ist für alles verantwortlich! auf etwas Praktikables limitieren, auf die Verantwortlichkeit für die eigene Familie und dann auf die für das eigene Volk und dann erst abgemildert für die Anderen. Das ist die Konsequenz des Gebotes der Nächstenliebe, die eben die Verpflichtung zum Nächsten von der zum Fernen unterscheiden lernt. Eine Mutter ist eben in erster Hinsicht für ihre eignen Kinder verantwortlich und sie verstieße gegen ihre elementarsten Mutterpflichten, würde sie jedes fremde Kind wie ihre eignen versorgen und ihm auch eine leibliche Mutter sein wollen.

Nun gibt es Fälle, in denen der Staat wirklich verpflichtet ist, Flüchtlinge aufzunehmen. Das ist wahr. Wer aus religiösen, politischen oder ethnischen Gründen in seiner Heimat vom dortigen Staat verfolgt wird, dem wird in Deutschland Asyl gewährt. Aber es gibt keine Pflicht des Staates, jeden , der sich ökonomisch verbessern will, hier als Flüchtling aufzunehmen! Es gibt ja auch keine Pflicht eines besser verdienenden Christen etwa einem Wenigverdiener Geld abzugeben, bis daß der auch einen Durchschnittsverdienst bekommt, bloß weil der Wenigverdiener mehr Geld haben möchte! Und es gibt auch kein Menschenrecht, überall, wo man will, leben und arbeiten zu dürfen. Nur wnn die Menschrechte im Geiste des Liberalismus ausgelegt werden, wird dem homo oeconomicus dies vermeintliche Recht zugeschrieben als Teilhaberecht am globalisierten freien Arbeitsmarkt.

5. Das Lob der Grenze
Nun wird viel von der Inhumanität von geschlossenen Grenzen gesprochen. Ja, Menschen kommen gar zu Schaden beim Versuch, geschlossene Grenzen zu überwinden. Dies Problem soll nun anhand eines einfachen anschaulichen Beispieles erörtert werden. Denken wir uns einen Bankräuber, der nun mit seinem Schweißgerät vor dem Banktresor sitzt und sich beim Versuch des Aufschweißens Hände und Arme stark verbrennt. Ist nun die Tatsache, daß die Bank das bei ihr deponierte Geld vor einem Diebstahl zu bewahren versucht, indem sie das Geld in einen Tresor legt, eine unmoralische Tat, da sie Bankräuber am unbeschwerten Zugriff zum Geld hindert und gar den Räubern eine beachtliche Verletzungsgefahr zufügt, wenn das Einbruchsgerät nicht fachlich gut gehandhabt wird? Das ist absurd! Aber warum ist es unmoralisch, wenn ein Staat seine Grenzen befestigt, um eine illegale Einwanderung zu verhindern und warum ist es besonders unmoralisch, wenn dann beim illegalen Versuch des Überwindens dieser Grenzen Grenzüberwinder zu Schaden kommen? Schlage ich eine Fensterscheibe eines Verbrauchermarktes ein, um im Markt vorhandene Lebensmittel zu stehlen, und verletze mich dabei, ziehe mir blutende Schnittwunden bei, ist dann zu folgern, daß geschlossene Fenster etwas Unmoralisches sind, ja daß sie offen zu stehen haben, damit jeder Bedürftige sich aus dem Verbrauchermarkt holen darf, was er möchte? Geraten aber Flüchtlinge bei dem Versuch einer illegalen Einreise im Mittelmeer in Seenot, sprechen die Massenmedien regelmäßig von Tragödien. Keiner verurteilt so einen Hausbesitzer, wenn er sein Eigentum schützt. Das sei ferne, denn so ein grober Verstoß gegen die Ordnung des Eigentumes wie ein Einbruch ist nun mal nicht moralisch vertretbar. Wenn es aber um ein illegales Eindringen in das Haus des Staates geht, um sich dort staatliche Leistungen zu verschaffen, die einem nicht zustehen, dann sollen plötzlich geschützte Grenzen etwas Unmoralisches sein! Ja, dann klagen Gutmenschen über die Verletzungsgefahr für illegal Eindringende und verlangen offene Grenzen, damit niemand sich mehr verletze, wenn er illegal Grenzen überschreitet!

„Wir haben das Lob der Grenze nicht gelernt, sagte Sloterdijk. In Deutschland glaube man immer noch, eine Grenze sei nur dazu da, um sie zu überschreiten. Innerhalb Europas schere Deutschland damit aus. Die Europäer werden früher oder später eine effiziente gemeinsame Grenzpolitik entwickeln. Auf die Dauer setzt der territoriale Imperativ sich durch. Es gibt schließlich keine moralische Pflicht zur Selbstzerstörung.“ Peter Sloterdijk, in Cicero, 28. Januar 2016. Sloterdijk ist sicher einer der anregendsten Philosophen der Gegenwart, den gerade der Mut zum selbstständigen und kritischen Denken auszeichnet. Hier ist nun nicht der angemessene Ort, diesen Denker geziemend zu würdigen, zumal die beste Würdigung darin besteht, ihn zu lesen und mit ihm zu denken. Zur Sache: Der „territoriale Imperativ“ ist dabei gerade auch hier ein Konzept, die moralische Verantwortung von Bürgern zu limitieren, um so moralisch handlungsfähige Subjekte zu konzipieren, die eben nicht, weil sie für alles verantwortlich sind, hoffnungslos überfordert,nicht mehr moralisch handlungsfähig sind. Der „territoriale Imperativ“ ist aber auch das Gebot der Identitätswahrung.Identität konstituiert sich durch Grenzen und durch ein Sichabgrenzen: Ich bin nicht du.
In R. Musils Romanwerk: Der Mann ohne Eigenschaften im 7. Kapitel: "In einem Zustand von Schwäche zieht sich Ulrich eine neue Geliebte" lesen wir, scheinbar den ganz und gar lapidar daherkommenden Satz: "Schließlich besteht ja das Ding nur durch seine Grenzen und damit durch einen gewissermaßen feindseligen Akt gegen seine Umgebung". Der Begriff des Dinges steht hier für alles Seiende, den auch die Farbe Rot ist ja nur durch seine Grenze zu allen Nichtrotfarben. Wo die Grenze aufgehoben würde, löste sich alles Seiende auf in ein graues Einerlei. Nur, spontan empfindet der freiheitsliebende Menschen Grenzen als ihn Begrenzendes und so werten ja selbst von Christen die Gebote Gottes und der Kirche als freiheitsbegrenzend empfunden, als etwas den Menschen Hemmendes. Und ist nicht die ganze menschliche Kultur etwas den ursprünglichen Menschen Begrenzendes und Domestizierendes? War die Freiheit des Menschen seine Ursprünglichkeit in einem unbegrenzten Leben? Wer so denkt, identifiziert Freiheit mit Willkür. Dann müßte aber auch im Sinne Marquise de Sade geurteilt werden, daß nur der wie ein Diktator Lebende ein freier Mensch ist, und das auch nur, weil er allen anderen ihre Freiheit raubt.
Aber so "philosophisch" tiefschürfend geht es im Leben nicht zu. Viel banaler: Jede Grenze empfindet das Wirtschaftsleben als Begrenzung seines Ideales des unbegrenzten Freihandels, für den alles kauf- und verkaufbare Ware sein soll. Der Primat der Politik über die Wirtschaft fordert, wie Fichte es in seinem Konzept des "geschlossenen Handelsstaates" den Nationalstaat, der um seiner Freiheit als Selbstbestimmung des Volkes gedacht, den Außengrenzen setzenden Staat, der so Ein- und Ausfuhr regelt ausgerichtet an dem Gemeinwohl des Volkes. Lösen sich diese Grenzen, bestimmt nicht mehr die Politik das Wirtschaftsleben sondern das Wirtschaftsleben die Politik.
Wo ein Volk auf seine Grenzen verzichtet, da beginnt es sich aufzulösen. Denn zum Volkssein gehört unbedingt die Unterscheidung von Dazugehören und Nichtdazugehören dazu. Gibt es diese Unterscheidung nicht mehr,löst sich jedes bestimmte Volk auf in das Einerlei von bloßem Menschsein. So existiert ja auch die Katholische Kirche auch nur durch ihre Grenzziehung zu den anderen christlichen Dominationen; wird diese Grenze aufgelöst, entsteht ein diffuses unbestimmte Irgendwiechristentum.
Das Lob der Grenze bedeutet so für den religiösen Raum die Bejahung der Katholischen Kirche, die ihre Grenze zu allen anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften setzt und bewahrt, für den politischen Raum, daß der Nationalstaat zur Bewahrung seines Volkes seine Grenzen setzt und bewahrt und im menschlich elementaren Bereich, daß Frauen und Männer sich jeweils wechselseitig begrenzen, damit sie sich erhalten. In all diesen drei Räumen gibt es aber nun starke dazu antithetisch sich verhaltende Bewegungen der Auflösung aller Grenzen. Die Globalisierung will alle Nationalstaaten abschaffen, die Ökumene und der interreligiöse Dialog alle bestimmten Religionen und der Genderismus die Grunddifferenz von Mann und Frau! Es gilt also wieder, das Lob der Grenze anzustimmen, denn alles ist nur durch seine Grenze zum Anderen, sonst löst sich alles in einem Nirvanaeinerlei auf!


6. Das Heimatrecht
Aber nun gibt uns der Begriff des Flüchtlings noch ein weiteres moralisches Problem zu bedenken. Gibt es nicht auch ein Hausrecht des Landes, aus dem der Flüchtling flüchtet, dem Flüchtling gegenüber? Stellen wir uns diesen Fall vor, der gern in der Presse kolportiert wird unter der Rubrik: Flüchtlinge helfen, Fachkräftemangel in Deutschland zu beheben. In Syrien gut ausgebildete Ärzte kämen nun zu uns, um den Mangel an Ärzten auf dem Lande zu beheben. Hat nicht der Staat Syrien viel investiert, um einen Menschen zu einem Arzt auszubilden, von der Schulbildung bis zum Universitätsstudium in der Erwartung, daß sich das für das Gemeinwohl rentiert, wenn der Ausgebildete dann seinen Beruf in Syrien auch ausübt zum Wohle der Bevölkerung? Wie nun aber, wenn der ausgebildete Arzt seinen Verdienst in der Heimat vergleicht mit dem zu erwartenden Verdienst in Deutschland und es dann vorzieht, in Deutschland praktizieren zu wollen? Damit schadet er in erster Linie seiner Heimat. Sie hat ihm diese Ausbildung ermöglicht, aber ob der offenen Grenzen zieht ihn nun der erwartete Mehrverdienst nach Deutschland. Genereller formuliert: Die Politik der offenen Staatsgrenzen entzieht Staaten, die auch Gutqualifizierten nicht einen mit dem in Deutschland für sie zu erwartenden Lebensstandart vergleichbaren Lebensstandart gewähren können, ihre gutqualifizierten Arbeitskräfte. Sie nehmen dabei ihre gute Ausbildung mit, die ihnen der Staat ermöglicht und finanziert hat, damit sie damit sich in ihrer Heimat nutzbringend einbringen. Es gibt wohl ein moralisches Recht, daß Bürger ihren Staat verlassen dürfen, um woanders mehr zu verdienen, (so lehrt es tatsächlich die Soziallehre der Kirche), aber es muß dem Heimatstaate das Recht zugebilligt werden, wenn zu viele Gutqualifizierte dies Recht in Anspruch nehmen, sodaß dem Gemeinwesen ein erheblicher Schaden droht, etwa ein Ärztemangel, der das Gesundheitssystem zu gefährden droht, dies Recht dann einzuschränken.
Hier offenbart sich eine prinzipielle Schwäche der Menschenrechtsideologie, weil sie zu einseitig die Rechte des Individuums betont, aber die Rechte der Gemeinschaft dann über das Individuum vernachlässigt. (Das ist ja auch der Kern der Kritik der Menschenrechtslehre von Karl Marx in seiner humanistischen Phase;zur humanistischen Phase vergleiche L. Althussers Marxstudien) Dieser Ideologie liegt eben die Idee des Menschen als homo oeconomcus zu Grunde, der sein Leben als Käufer und Verkäufer führt und der dann die Rechte beansprucht als Menschenrechte, damit er so als homo oeconomicus leben kann. Ein Flüchtling, gerade der Wirtschaftsflüchtling steht so eben nicht zu Unrecht unter dem Verdacht, seine Verpflichtungen der Sozialgemeinschaft gegenüber, der er von Geburt an angehört, zu vernachlässigen, weil er für sich einen höheren Lebensstandart erstrebt, als er ihn in seiner Heimat realisieren kann. Es muß so aber gesehen werden, daß die Politik der offenen Grenzen für Staaten, die Gutqualifizierte hervorbringen, ein Angriff auf ihre Zukunfsfähigkeit ist, weil diese Politik dann gerade diesen Staaten ihre potentiellen Leistungsträger entzieht. Aus dem Bundesligafußball ist uns dies Phänomen wohlvertraut:Kleine finanzschwache Vereine können wohl gute Nachwuchsspieler hervorbringen, wenn sie dann aber gut sind, werden sie von den reichen Fußballvereinen abgekauft, sodaß die kleinen nie eine Chance auf obere Plätze in der Ligatabelle haben: Alle wirklich guten Spieler werden ihnen abgekauft. Die Politik der offenen Grenzen will so auch mit den Gutqualifizierten aus armen Staaten verfahren. Moraltheologisch geurteit ist diese Art der Schädigung der Herkunftsländer zumindest problematisch! Aber die Medien schauen nur auf das Einzelindividuum, das halt bei uns besser leben will ohne zu reflektieren, in wieweit es damit seiner eignen Heimat schadet und unsere Politik der offenen Grenzen die Heimatländer!
7. Die Rechte der Nation
Papst Johannes Paul II. sprach 1995 vor den Vereinten Nationen von den vernachlässigten Rechten der Nationen. „ Die alllgemeine Erklärung der Menschenrechte, die 1948 angenommen wurde, hat ausdrücklich die Rechte der Persönlichkeit behandelt. Aber es gibt noch keine ähnliche internationale Vereinbarung, die angemessen die Rechte der Nationen aufgegriffen hätte.“ (Zitiert nach Friedrich Romig, Die Rechte der Nation, 2002, S.9) Der Papst führt dazu aus in seiner Enzyklika Laborem exercens: „ Die Volksgemeinschaft- auch wenn sie noch nicht die ausgereifte Form einer Nation erreicht hat- ist nicht nur die große, wenn auch mittelbare >Erzieherin< jedes Menschen (da ja jeder sich in der Familie die Gehalte und Werte zu eigen macht, die in ihrer Gesamtheit die Kultur einer bestimmten Nation ausmachen), sie ist auch die große und historische Inkarnation der Arbeit aller bisherigen Generationen. All das bewirkt, daß der Mensch seine tiefste Identität mit der Zughörigkeit zu einer Nation verbindet und seine Arbeit auch als eine mit seinen Landsleuten zusammen zu erarbeitende Mehrung des Gemeinwohls versteht,“. (zitiert nach Friedrich Romig, Die Rechte der Nation, 2002, S.10f) Die Nation ist so dem Einzelindividuum etwas Vorgeordnetes, in das er hineingeboren wird, das er dann durch sein Leben mitgestaltet, und das noch leben wird, wenn der Einzelne verstirbt. Unter Nation versteht der Papst hier das, was man im hegelischen Sinne als das für sich statt des an sich von etwas verstehen kann, daß ein Volk zu einem sich als Volk Bewußtem wird, daß es dann nicht nur objektiv ein Volk ist, sondern es auch im Selbstbewußtsein ist. Das Volk so gesehen als eigenständige Entität verfügt so auch über Rechte. Das meint der Begriff des Selbstbesimmungsrechtes der Völker. Das sind sozusagen die Hausrechte des Volkes in seinem eignen Territorium. Nur in Grenzen kann so jedes Volk für sich seine Identität sich bewahren und entwickeln. Löste man alle Grenzen auf, verlöre sich die Identität jedes Volkes. Gerade die Geschichte des Volks Israels im Alten Testament zeigt ja aufs deutlichste, wie wichtig die Abgrenzung und Unterscheidung dieses Volkes zu den anderen Völkern ist, um seine Identität zu wahren.
Es ist so kein Zufall, daß das erste Experiment der Errichtung eine multikulturellen Gesellschaft auf jüdischem Boden unter dem König Salomo in einer Katastrophe für das Volk endete. Der König hatte für jede seiner Frauen in Jerusalem für deren Religion einen Tempel errichten lassen- fast jede heidnische Religion war so präsent in Israel. Gott zürnte über diesen Frevel und so spaltete er das Volk in zwei jüdische Staaten, Juda und Israel, die dann gar einen Bruderkrieg gegeneinander führten.(1. Könige 11) Der Bürgerkrieg folgte auf das Multikultiexperiment.
Auf die Causa der Flüchtlingspolitik bezogen heißt dies, daß zu unterscheiden ist zwischen Einzelfällen, wo es darum geht, ob einem Menschen ein Asyl gewährt werde kann, oder ob es sich um eine Masseneinwanderung handelt, in der Teile von Völkern für sich einen neuen Lebensraum suchen. Das eine mal geht es um die Integrationssmöglichkeit von Einzelnen, das andere mal darum, wie viele, wie große Fremdkulturen in einer Nation einen Lebensraum finden können, ohne daß die Identität des dort beheimateten Volkes gefährdet ist. Merke: Einzelne integrieren sich, ganze eingewanderte Volksgruppen bilden Subkulturen in der bestehenden Gesellschaft, in denen sie dann ihre Heimatkultur leben, sich von der sie umgebenden Fremdkultur absondernd. „Ganze Völker,Zivilisationen und Religionen- erst recht Religionen, die sebst eine Form der Zivilisatin bedeuten- , Gesellschafts- und Staasformen können sich jedoch nicht ohne weiteres mit anderen Völkern, Zivilisationen und anderen Formen des Lebens und Denkens vermischen; sie können diese Vermischung nicht einmal wollen, es sei denn, sie wollen tatsächlich ihre Identität aufgeben. Letzteres wird ihnen jedoch kaum als wünschenswert erscheinen, wenn diese andeen Völker, diese anderen Zivilisationen, diese aufnehemenden Nationen und ihre Bewohner von ihnen verachtet werden“, urteilt Renaud Camus in: Der Große Austausch oder: Die Auflösung der Völker, in: Renaud Camus, Revolte gegen den großen Austausch, 2016, S.46f.
Daraus entspringt dann die selbstgewählte Gettoexistenz, um das Eigene in der Fremde zu bewahren, wie einst das exilierte jüdische Volk im babylonischen Exil es praktizierte. Die Utopie einer multiethnischen und multikulturellen Gesellschaft lebt ja von der Voraussetzung, daß die verschiedenen Kulturen nicht sich vermischen zu einer, wie es die amerikanische Ideologie des Schmelztiegels vorsah, sondern daß sie nebeneinander leben mit einem Minimum an einer Kultur des Miteinanderauskommens, die die individuelle Gettokultur so voraussetzt. Eine Masseneinwanderung bedeutet dann, daß sich die Einwanderungsströme in die jeweiligen ethnisch-kulturell homogenen Subkulturen aufteilen, sodaß ein Prozeß der Herausbildung von Parallelgesellschaften einsetzt. Es gibt keine Einheit und Gemeinschaft der Gesellschaft mehr sondern nur noch ein Nebeneinader von unverbundenen Subkulturen. Unter diesen Bedingungen kann das einstige Volk nicht mehr selbstbestimmt im eigenen Hause leben. Es verliert seine Identität.
So erfaßt die tschechische Bischofskonferenz das Problem der jetzigen Masseneinwanderung sehr gut, wenn sie sich so äußert: „Die Erklärung beschränkt sich weitgehend auf Verweise auf Aussagen des Papstes sowie der Kardinäle Antonio Maria Verglich und Jean-Louis Taurin, setzt dabei jedoch differenzierte eigene Akzente. So spiegelt schon die Rede von einer "organisierten Migration" im Titel die Überzeugung des BKA-Vorsitzenden Kardinal Dominik Dukat, wonach die Masseneinwanderung nach Europa von islamistischen Kreisen gelenkt sei. Es gehe bei ihr darum, den Nahen Osten von Christen zu säubern und andererseits Europa mit dem Islam zu infiltrieren, hieß es.“ (zitiert nach Kath net vom 24.4. 2016:Prag, Pressburg: Kirchliche Kontroverse zu Flüchtlingen hält an) Hier wird sehr klar das Problem der sich herausbildenden Parallelgesellschaften erfaßt: Es bleibt nicht bei der Auflösung der bestehenden Kultur in den Einwanderungsländern, das Endziel ist die Etablierung der Einwanderungskultur in Europa und somit der Auslöschung der abendländisch-christlichen Kultur!
8. Gott und die Völker
Deuteronomium 32, 8f gehört sicher zu den schwer ausdeutbaren Aussagen der Bibel: „Als der Höchste (den Göttern) die Völker übergab, als er die Menschheit aufteilte, legte er die Gebiete der Völker nach der Zahl der Götter fest, der Herr nahm sich sein Volk als Anteil, Jakob wurde sein Erbland.“ Ein Versuch: Götter meint hier selbstredend Engel und so besagt diese Stelle, daß Gott es war, der die Einheit der Menschheit auflöste in eine Vielzahl von Völkern, die ihren individuellen, sich von den anderen unterscheidenden Charakter durch den jeweiligen Völkerengel bekommen, denn nach der Zahl der Völkerengel bildete Gott die Anzahl der Völker. Nationen sind also so nicht einfach ein Produkt einer innerweltlich kulturellen Entwicklung, sondern der Schöpfergott hat sie selbst erschaffen und so gehören sie zu der Schöpfungsordnung Gottes. Sie haben ihre Identität von Gott her, sodaß die Bewahrung ihrer selbst selbst der Anspruch Gottes an sie ist. Gerade dieser Status muß es aber bedenklich erscheinen lassen, wenn durch eine Politik der offenen Grenzen die Identität der Völker gefährdet wird. Es gilt hier das Recht und die Pflicht der Nationen, sich selbst in ihrer Eigenart zu bewahren.Und da alles, was ist, nur durch seine Grenze zu den Anderen existiert,müssen die identitätsstiftenden Grenzen bewahrt werden.Das ist das Hausrecht der Nationen, wie es das Recht jedes Wohnungseigentümers ist, seine Türen und Fenster zu schließen zum Schutz vor ungebetenen Gästen.
Menschliches Leben bewahrt sich nur, wenn die drei Sphären des Lebens, die Familie, die Ökonomie und der Staat ihre Eigenart und ihr spezifisches Ethos bewahren (Gehlen) und nicht eine zur totalitären Ordnung aufgebauscht wird. Sie müssen sich wechselseitig begrenzen. Das ist das Lob der Grenze, die verhindert, daß eine Moral, ein Ethos, wie Arnold Gehlen es nennt, sich zur Hypermoral aufbläht und so totalitär wird.



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