"Wie geht es dir?" "Gut!" erfolgt als Antwort, während der so Antwortende sich Tränen aus dem Gesicht wischt. Die Körpersprache widerlegt die Mundsprache; ein angstvoll verzerrtes Gesicht und die Aussage: "Nein, ich fürchte mich nicht!" Die Arme vor der Brust verschränkt: "Ich liebe dich!" Jedes mal dementiert die Körpersprache das gesprochene Wort. Wir Menschen sind nun so konditioniert, daß wenn die Mund- und die Körpersprache sich widersprechen, wir spontan der Körpersprache des Redenden mehr glauben als seinen Worten.
In der Messe wird zu Gott oder zu Jesus Christus gebetet, aber auch zur Mutter Gottes. Für das Katholische Kultverständnis ist es konstitutiv, daß wir an die Anwesenheit Gottes in der Kirche glauben. Protestantisch ist es, wenn man den Gottesdienst reduziert auf die Vorstellung, wo zwei oder drei in meinem Namen, Jesu Christi, zusammenkommen, da ist er dann gegenwärtig. Katholisch dagegen: Wir versammeln uns da, wo Jesus Christus gegenwärtig ist, in der Kirche im Tabernakel. Gott ließ im Alten Bund seinen Namen im Tempel wohnen, da war er für Israel anrufbar. Und dehalb brauchte ein frommer Jude auch nicht Gott suchen sondern er verließ sich auf Gottes Verheißung, daß er da im Tempel anrufbar ist. Im Neuen Bund hat diese Funktion der Tabernakel übernommen: In ihm residiert der Sohn Gottes, dort wartet er auf uns, denn dort ist er für uns da.
Wie absurd wäre es doch auch, wenn mir Freund zusagt, daß er heute Abend ab dem Zeitpunkt in dieser Restauration sein wird, sodaß ich ihn da antreffen kann und ich ihn dann den ganzen Tag über in der Stadt suchte, um des Abends, erschöpft von der Suche zu Bett ginge: "Ich fand den Freund nicht!"
Aber wie wird nun in der Messe gebetet? Nach dem Evangelium und (wenn es eine Predigt gibt nach ihr) tritt der Beter an den Ambo und spricht das Gebet zur Gemeinde hin. So spricht der Mund des Beters zu Gott, aber die Körperhaltung sagt eindeutig, daß der Adressat die Gemeinde ist. Der Beter spricht in ein Mikrophon, damit er im ganzen Kirchraum von allen gut verstanden wird! Aber überträgt dies so genutzte Mikrophon auch das Gebet zu Gott? Warum wird überhaupt zur Gemeinde hin gebetet, wenn doch der Adreesat unseres Betens der dreienige Gott ist? Warum wird das Gebet in der Volkssprache gehalten, sodaß die Gemeinde das Gebetete versteht?
Ein Verdacht drängt sich jetzt auf! Daß die Körpersprache wahrer ist als die Worte des Mundes! Theoretisch betet man zwar noch zu Gott, faktisch ist aber die Gemeinde der Adressat des Gebetes. Und dazu paßen auch die Inhalte des Betens der Tendenz nach. So lautet das Gebet wohl: "Gott, stehe den Opfern der Naturkatastrophe bei!", aber gemeint ist: Gemeinde, helfe- spende! Gesagt wird: "Gott, gebe den Vereinsamten Mitmenschen, die ihnen ein gutes Wort sagen!", gemeint ist aber ein Apppell an die Gemeinde, so tätig zu werden. Ja, es gibt eine Tendenz, Gott um etwas zu bitten, was eigentlich wir Christen auch selbstständig vollbringen könnten.
Die Form des Gebetes an Gott ist noch da, aber es wird als Appell an die Gemeinde vorgetragen!
Der Gipfel der Absurdität wird dann erreicht, wenn das Allerheiligste ausgesetzt worden ist, der Priester sich zur Gemeinde umwendet, Jesus Christus im Rücken von sich habend zur Gemeinde betet: Liebster Jesus....Dem Angesprochenen den Rücken zu wendend zur Gemeinde zu beten, das ist schon wirklich ein Stück absurdes Theater. Oder müssen wir die Körpersprache noch ernster nehmen, daß bei dieser Art von Beten der Beter gar nicht an die Gegenwart von Gottes Sohn glaubt!Oder glaubt man bei dieser Gebetspraxis mit den Modernisten gar nicht mehr daran, daß Gott Gebete erhören kann! Wenn Gott nämlich wirklich keine Gebete erhören kann, wie viele Theologen es lehren, dann hat es ja wirklich nur noch Sinn, Gebete als versteckte Appelle an die Gemeinde zu richten!
Gut katholisch wäre es, alle Sprechandlungen, bei denen die Gemeinde der Adressat sind, vom Ambo zur Gemeinde in der Volkssprache zu sprechen und alles, was zu Gott gesprochen wird hin zum Tabernakel zu sprechen in lateinischer Sprache, denn das ist die eigentliche Kultsprache, gerade weil sie im profanen Leben nicht mehr benutzt wird. Sie ist somit ausgesondert für den religiösen Kultus und das ist die Heiligkeit dieser Sprache.
Aber der Anthropozentrismus macht so selbst aus dem Beten in der Messe eine Verkündigungshandlung an die Gemeinde: Sie soll das vollbringen, wozu man einst Gott bat!
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