Eine Frau, verheiratet, noch kinderlos, und dann die Diagnose: Krebs im Mutterleib; die Gebärmutter muß vollständig entfernt werden, aber die Eierstöcke bleiben ihr. Sie hatte geheiratet, weil sie mit ihrem Mann eine Familie gründen wollte: der urweibliche Wille zum eigenen Kind. Aber der Krebs verunmöglicht das.
So war es bisher! Jetzt gibt es für diesen Fall eine medizintechnische Lösung. (Hier formuliere ich jetzt etwas unbestimmt, den die Medizintechnik ist nicht mein Fach.) Es kann eine weibliche Eizelle der Ehefrau entnommen werden, in vitro mit dem Sperma des Ehemannes befruchtet werden und dann könnte die so befruchtete Eizelle einer Leihmutter implantiert werden, sodaß sie das Kind für die Mutter austrägt. Für Zukunftsromanleser gibt es noch eine zweite Möglichkeit, daß die befruchtete Eizelle sofort in einen Brutkasten gelegt wird, um dann dort sich zu entwicken. Ob die heute Brutkastentechnologie, die bei Frühgeburten jetzt schon regelmäßig erfolgreich eingesetzt wird, schon befruchtete Eizellen aufnehmen könnte, sodaß der Brutkasten ein hinreichendes Surrogat für die mütterliche Gebärmutter ist, kann ich nicht beurteilen, ich gehe aber davon aus, daß es nur eine Frage der Zeit ist, bis daß die Medizintechnik so weit sich entwickelt hat.
Ist es moralphilosophisch oder moraltheologisch legitim, in einem solchen Falle, daß die mütterliche Eizelle in vitro befruchtet wird durch den Samen des Mannes und dann in einer Leihmutter ausgetragen wird oder, wenn es technisch möglich wäre, die befruchtete Eizelle in einer künstlichen Gebärmutter sich entwickeln zu lassen. In der Katholischen Moraltheologie ist die Antwort wohl eindeutig: Nein, aber es ist wohl noch nicht das letzte Wort in dieser Causa von Rom gesprochen.
Eines darf ja nicht übersehen werden, daß der Wunsch der Frau nach dem eigenen Kinde nun nicht einfach ein Privatwunsch einer Frau ist, sondern: Das erste Gebot, das Gott den Menschen gab: Seid fruchtbar und vermehret euch, bevölkert die Erde" (Gen 1,28) erfüllt sich in ihrem Kinderwunsch- sie ist eine wahrhafte Täterin des Wortes Gottes, wenn sie ihr Kind zur Welt bringt.
Die moraltheologische Frage lautet also: Wie kann man es legitimieren, einer verheirateten Frau die Realisierung ihres Kinderwunsches zu verbieten, wenn sie trotz ihrer Krebserkrankung noch Mutter eines Kindes werden kann? Moraltheologisch einfacher zu behandeln ist der Fall, wenn die Eizelle nach der Befruchtung einer künstlichen Gebärmutter übergeben werden könnte. Schon jetzt kommen so Frühgeburten zur Welt; Niemand urteilt, daß weil Frühgeburten in einer künstlichen Gebärmutter zur Welt kommen, nicht mehr das Kind ihrer leiblichen Mutter sei. Auch herrscht ein Konsens dadrüber, daß es besser für das Kind ist, in einer künstlichen Gebärmutter zu überleben als zu sterben. Nun wird wohl eine künstliche Gebärmutter nie ein vollständiger Ersatz für den natürlichen Mutterleib sein, aber dieser Ersatz ist allemal besser als als Frühgeburt zu sterben. Oder würde irgendwer eine Mutter tadeln, wenn sie in Ermangelung von Muttermilch ihr Kind mit einer Milchflasche stillt? Selbstredend kann nun der Qualitätsunterschied der Muttermilch zur Flaschenmilch betont werden, wohl rechtens, aber dieser Qualitätsunterschied darf doch kein Argument dafür sein, nun das Kleinkind lieber verdursten zu lassen, als es künstlich mit Milch zu stillen.
Es ist das erste Gebot, das Gott uns Menschen gab,das hier zur Debatte steht! Darf, nur weil eben eine in vitro Befruchtung und ein Aufwachsen in einer künstlichen Gebärmutter wohl nicht die optimalsten Startbedingungen für das menschliche Leben sind, deshalb schon der Frau ihr Kinderwunsch verwehrt werden? Wir stehen hier zudem vor einem wahrhaft metaphysischen Problem der Moraltheologie: kann das zukünftig mögliche menschliche Leben, bevor es ist, ein Recht auf Leben beanspruchen? Wenn geurteilt wird, daß wir jetzt Lebenden nicht das Recht hätten, die Welt unseren zukünftigen Enkelkindern so zu überlassen, daß sie in dieser Welt nicht mehr leben können -als Argument für das Streben nach Umweltschutz oft gebraucht- dann impliziert dies Argument, daß das zukünftig mögliche menschliche Leben ein Recht auf sein Leben hat! Wer also dieser an Krebs erkrankten Frau die Möglichkeit zum eigenen Kinde verweigert, der verweigert damit auch einem möglichen menschlichen Leben sein Recht auf sein Leben: Es ist ein von seinen Eltern gewolltes, gewünschtes Leben, das nun eine Moraltheologie verneint, nur weil sie daran festhält, daß der Mensch nur natürlich zur Welt kommen darf und eben nicht künstlich! Nur, warum verbietet sie dann nicht auch gleich den Kaiserschnitt mit dem Argument, daß der Mensch nur natürlich geboren werden dürfe!
Zudem: Ob ein Kind 9 Monate lang im Mutterleib lebt, bevor es geboren wird, oder die letzten Monate als Frühgeburt in einer künstlichen Gebärmutter, es wird in beiden Fällen das von seinen Eltern geliebte Kind sein, das dann auch in der künstlichen Gebärmutter getragen ist von der elterlichen Liebe.Die mütterliche Liebe, und auch die väterliche darf doch nicht so sehr auf die körperliche Vermittelung reduziert vorgestellt werden, daß das Kind diese Liebe nur körperlich vermittelt erfährt. Liebe ist ein Akt der Seele und die Seele eines Kindes erfährt sein Geliebtwerden durch seine Eltern eben immer auch als seelische Erfahrung, als Kommunikation zwischen Seelen. (Es mangelt der modernen Theologie an einer angemessenen Seelenlehre, sodaß ein materialistisches Menschenbild in die Theologie Einzug halten konnte.)
M.E. gibt es kein überzeugendes Argument dafür, in diesem Falle der krebserkrankten Ehefrau, eine in vitro Befruchtung und ein Austragen in einer künstlichen Gebärmutter zu verbieten, gerade weil sie so nun dem ersten Gebot Gottes Genüge tuen kann!
Problematischer ist nun der Fall der Leihmutter- denn hier frägt es sich, ob das Kind nach 9 monatiger Schwangerschaft nicht auch das Kind der Leihmutter geworden ist. Als moralisch nicht legitim erachte ich aber den Vorwurf, daß Leimütter sich ihren Dienst bezahlen lassen und daß das eine unzuläßliche Kommerzialisierung wäre! Ja, wer wirft den eine Hebamme vor, daß sie aus der Not einer Schwangeren, ohne fremde Hilfe ihr Kind nicht gebären zu können, einen finanziellen Nutzen zieht, indem sie ihren Dienst sich bezahlen läßt? Oder wer macht es einer Tagesmutter zum Vorwurf, an fremden Kindern Geld zu verdienen? Das Geldverdienen an einem Dienst macht den Dienst nicht verwerflich, wenn der Dienst als solcher nicht schon verwerflich ist.
Wessen Kind ist das Kind, wenn es von einer Leihmutter ausgetragen worden ist, ist für das so geborene Kind ein existentielles Problem, das sich eben im Falle einer künstlichen Gebärmutter nicht so stellt. So problemtisch das auch für das so geborene Kind ist, so muß doch gefragt werden, ob es für das menschliche Leben nicht besser ist, so geboren zu werden als gar nicht! Denn, und das ist nun ein rein theologisches Argument:Auch das durch eine Leihmutter zur Welt gekommene Kind ist in erster Linie ein Geschöpf Gottes, der ihm die Seele eingab und das er von Anfang an liebt und das geboren wird mit der Verheißung des ewigen Lebens mit Gott.
Wie dürfte da die Moraltheologie die Entstehung eines so von seinen Eltern ersehnten und gewünschten Kindes verbieten wollen, wenn hier auf den Willen Gottes geschaut wird, der das menschliche Leben will, damit es in Ewigkeit mit ihm lebt!
Es bleibt dann nur noch die Frage, ob die Leihmutterschaft der Leihmutter moralisch zumutbar ist. Es ist gewiß ein großes Opfer, wenn eine Mutter ein Kind in sich aufwachsen läßt, das nicht das ihrige ist, das aber in den 9 Monaten der Schwangerschaft doch irgendwie zu ihrem wird, und das sie dann nach der Geburt der eigentlichen Mutter zurückgibt. Das ist wahrlich ein mütterliches Opfer, das hier dargebracht wird und das gewiß durch eine noch so gute Bezahlung nicht beglichen werden kann, immer wird die eigentliche Mutter in der Schuld dieser Leihmutter bleiben, in unendlicher Dankesschuld, die nicht per Geld abgeglichen werden kann! Aber wer wollte bestreiten, daß diese Tat, gerade weil es ein Opfer ist, Gott wohlgefällig ist, weil es ein Opfer im Dienste am Leben ist. Wo Krämerseelen nur kommerzielle Interessen sehen, da hat das christliche Auge ein großes Opfer zu sehen, daß hier eine Leihmutter im Dienste am Leben erbringt.
Merksatz: Der erste Grundsatz Katholischer Morallehre ist seine Lebensdienlichkeit. Dabei muß das 1.Gebot Gottes, das er uns gab,als erstes den Grundsatz der Moraltheologie bilden. Es gilt, den Begriff des Opfers als Zentralbegriff christlichen Lebens neu wiederzugewinnen als unsere heutige Aufgabe der Theologie!
Sehr geehrter Herr Lay,
AntwortenLöschenich denke, Sie beginnen Ihre Analyse nicht mit dem Anfang. Der Anfang ist die Zeugung menschlichen Lebens mit der für das Empfangen offenen körperlichen Hingabe in Liebe des Ehepaares. Einem so gezeugten lebenden Kind soll Hilfe zuteil werden. Eine künstliche Befruchtung ist eben keine liebende Hingabe, sondern ein egoistischer Wille. Hier beginnt das Verwerfliche VOR der Zeugung, vor dem Leben. Wer künstlich nach eigenem Egoismus ein Kind erzeugen will, der liebt weder den Ehepartner noch das Kind, sondern die Ehepartner leben ein Egoismus zu zweit und instrumentalisieren das "Mitleid" anderer Menschen, dass diese ihrem Egoismus zustimmen.