" Es lag mir daran, mich vor dem Gesetz zu verantworten und für eine eingestandene Straftat in Untersuchungshaft genommen zu werden. Ich wollte büßen, nachts in der Welt, aber um Gottes willen nicht therapiert werden,[...]Demgegnüber würde mich die gesetzliche Strafe in der weltlich rauhen Ordnung festhalten, ohne mir den Sinn für Schuld und Sühne zu verderben." Botho Strauß, Der junge Mann, Kapitel:Die Terrasse, Die Geschichte der Almut.
Selbstredend ist in diesem Zitat "Schuld und Sühne" ein Anspiel auf Dostojewskis gleichnamigen Roman. Hier bietet uns also dieser Roman eine Reflexion darüber unter den Bedingungen der Postmoderne. Der Roman wird vom dtv beworben mit: "Ein postmodernes Erzählwerk in der Tradition des deutschen Entwicklungsromans". Deshalb ist es angemessen, hier eine Reflexion im Geiste der Postmoderne zu sehen.Da gibt es eine (alte) Ordnung, die sich aufbaut durch die Struktur von Schuld und Sühne. Das ist die, die Dostojewski schon verteidigt gegen eine Auflösung im Geiste des Nihilismus. Schuld setzt eben eine Ordnung voraus, die zwischen Gut und Böse distinguiert und das Tuen des Bösen als Schuld beurteilt, das zu sühnen ist. Der radicalste Ausdruck dieser metaphysischen Ordnung ist der Karfreitag, an dem Jesus Christus am Kreuze unser aller Sünden sühnt.
Wenn aber Gut und Böse nur zeitlich bedingte moralische Vorurteile sind, dann ist ein Handeln wider das Gute, ein Tuen des Bösen nichts Schuldhaftes, sodaß auch jedes Sühnen und Bestrafen sich erübrigt.
Was nun aber, wenn die Verantwortlichkeit des Subjektes für sein Tuen in Frage gestellt wird? Diese ganze abendländische Tradition setzt den Menschen als für sein Tuen und Unterlassen verantwortliches Subjekt. Die Streichung dieses Subjektes ist vielleicht eines der Spezifika des postmodernen Denkens. Der Böses Getanhabende ist im strengen Sinne nicht ein Täter, er ist nicht verantwortlich für seine Tat. Wer Böses tut, der ist irgndwie psychisch gestört und bedarf so nicht einer Bestrafung sondern einer Therapie. Schuld und Sühne setzen ja als Täter ein Subjekt voraus, das sich für sein Tuen verantwortlich weiß und das eine moralische Ordnung anerkennt, wider die es willentlich selbstverantworlich gehandelt hat. Aber genau das wird nun in diesem Falle bestritten.
Die Tat, die begangene Straftat war ein Verstoß gegen die Ordnung des Erlaubten und Unerlaubten, aber die Straftat war nicht die des Täters. Der Täter wird seiner Tat enteignet. Sie wird einer psychischen Erkrankung, dem negativen Einfuß der Umwelt, einer Störung in der Sozialisation zugeschrieben, sodaß es den Täter der Straftat nicht mehr gibt.
Wo es keine Verantwortlichkeit für die Untat mehr gibt, da kann es auch für den Täter keine Sühne und schon gar keine Strafe mehr geben, denn er ist zu therapieren. Das heißt für die kirchliche Praxis: Die Therapie ersetzt den Beichtstuhl.
Zu diskutieren ist jetzt nur noch, ob es Folge eine Störung ist, wenn Menschen nicht das verantwortliche Subjekt ihres Tuens und Lassens sind, sodaß durch eine Therapie der Mensch wieder zu einem Subjekt wird, oder ob er nicht prinzipiell unverantwortlich ist, daß also die Vorstellung des für sein Tuen verantworlichen Subjektes zu dekonstruieren ist, weil das nur eine zeitgeistbedingte ideologische Konstruktion ist.
Ein leichtes wäre es, gerade Kants Lehre von der Freiheit des Menschen so zu rekonstruieren, daß der Mensch, weil an ihn sittliche Forderungen gestellt werden, im reinsten im Kategorischen Imperativ, er a) daß Vermögen haben muß, diese zu erfüllen, denn sonst wäre jedes moralische Gesetz sinnwidrig und b) muß er es freiwillig erfüllen können, denn nur so ist es ein moralisches Erfüllen des Gesetzes, sodaß c) ein Nichterfüllen des moralischen Gesetzes Schuld ist, verantwortliche Schuld. Aus dem: "Du mußt..." leitet sich so ab, daß das moralisch Gesollte ein Erfüllbares ist und daß es freiwillig erfüllbar ist. Das Gesetz determiniert seinen Adressaten nicht, sodaß er nicht anders könnte, als gemäß dem Gesetz zu handeln.
(Luther lehrte ja genau das Gegenteil, daß Gottes Gesetz vom Menschen unerfüllbar sei, weil er keinen freien Willen hat, gut oder böse zu handeln, sodaß der Mensch nur durch die göttliche Gnade gerettet werden kann.)
Aber die christliche Theologie und die Philosophie beurteilen den Menschen als schuldfähiges Subjekt, ja sie sprechen dem Täter auch die Würde seiner Tat zu: Das war deine Tat.In der Postmoderne gibt es dagegen eine Tendenz, den Menschen für schuldunfähig zu erachten, ihn so zu entmündigen: Du bist es nicht, der etwas tut oder etwas unterläßt. Der schuldfähige Mensch wäre so nur eine metaphysische Konstruktion. Aber das postmoderne Denken ersetzt dann doch nur eine Konstruktion des Menschen durch eine andere, denn die Antwort auf die Frage, was denn der Mensch sei, wird immer eine philosophische oder theologische Konstruktion sein.
Selbstredend ist in diesem Zitat "Schuld und Sühne" ein Anspiel auf Dostojewskis gleichnamigen Roman. Hier bietet uns also dieser Roman eine Reflexion darüber unter den Bedingungen der Postmoderne. Der Roman wird vom dtv beworben mit: "Ein postmodernes Erzählwerk in der Tradition des deutschen Entwicklungsromans". Deshalb ist es angemessen, hier eine Reflexion im Geiste der Postmoderne zu sehen.Da gibt es eine (alte) Ordnung, die sich aufbaut durch die Struktur von Schuld und Sühne. Das ist die, die Dostojewski schon verteidigt gegen eine Auflösung im Geiste des Nihilismus. Schuld setzt eben eine Ordnung voraus, die zwischen Gut und Böse distinguiert und das Tuen des Bösen als Schuld beurteilt, das zu sühnen ist. Der radicalste Ausdruck dieser metaphysischen Ordnung ist der Karfreitag, an dem Jesus Christus am Kreuze unser aller Sünden sühnt.
Wenn aber Gut und Böse nur zeitlich bedingte moralische Vorurteile sind, dann ist ein Handeln wider das Gute, ein Tuen des Bösen nichts Schuldhaftes, sodaß auch jedes Sühnen und Bestrafen sich erübrigt.
Was nun aber, wenn die Verantwortlichkeit des Subjektes für sein Tuen in Frage gestellt wird? Diese ganze abendländische Tradition setzt den Menschen als für sein Tuen und Unterlassen verantwortliches Subjekt. Die Streichung dieses Subjektes ist vielleicht eines der Spezifika des postmodernen Denkens. Der Böses Getanhabende ist im strengen Sinne nicht ein Täter, er ist nicht verantwortlich für seine Tat. Wer Böses tut, der ist irgndwie psychisch gestört und bedarf so nicht einer Bestrafung sondern einer Therapie. Schuld und Sühne setzen ja als Täter ein Subjekt voraus, das sich für sein Tuen verantwortlich weiß und das eine moralische Ordnung anerkennt, wider die es willentlich selbstverantworlich gehandelt hat. Aber genau das wird nun in diesem Falle bestritten.
Die Tat, die begangene Straftat war ein Verstoß gegen die Ordnung des Erlaubten und Unerlaubten, aber die Straftat war nicht die des Täters. Der Täter wird seiner Tat enteignet. Sie wird einer psychischen Erkrankung, dem negativen Einfuß der Umwelt, einer Störung in der Sozialisation zugeschrieben, sodaß es den Täter der Straftat nicht mehr gibt.
Wo es keine Verantwortlichkeit für die Untat mehr gibt, da kann es auch für den Täter keine Sühne und schon gar keine Strafe mehr geben, denn er ist zu therapieren. Das heißt für die kirchliche Praxis: Die Therapie ersetzt den Beichtstuhl.
Zu diskutieren ist jetzt nur noch, ob es Folge eine Störung ist, wenn Menschen nicht das verantwortliche Subjekt ihres Tuens und Lassens sind, sodaß durch eine Therapie der Mensch wieder zu einem Subjekt wird, oder ob er nicht prinzipiell unverantwortlich ist, daß also die Vorstellung des für sein Tuen verantworlichen Subjektes zu dekonstruieren ist, weil das nur eine zeitgeistbedingte ideologische Konstruktion ist.
Ein leichtes wäre es, gerade Kants Lehre von der Freiheit des Menschen so zu rekonstruieren, daß der Mensch, weil an ihn sittliche Forderungen gestellt werden, im reinsten im Kategorischen Imperativ, er a) daß Vermögen haben muß, diese zu erfüllen, denn sonst wäre jedes moralische Gesetz sinnwidrig und b) muß er es freiwillig erfüllen können, denn nur so ist es ein moralisches Erfüllen des Gesetzes, sodaß c) ein Nichterfüllen des moralischen Gesetzes Schuld ist, verantwortliche Schuld. Aus dem: "Du mußt..." leitet sich so ab, daß das moralisch Gesollte ein Erfüllbares ist und daß es freiwillig erfüllbar ist. Das Gesetz determiniert seinen Adressaten nicht, sodaß er nicht anders könnte, als gemäß dem Gesetz zu handeln.
(Luther lehrte ja genau das Gegenteil, daß Gottes Gesetz vom Menschen unerfüllbar sei, weil er keinen freien Willen hat, gut oder böse zu handeln, sodaß der Mensch nur durch die göttliche Gnade gerettet werden kann.)
Aber die christliche Theologie und die Philosophie beurteilen den Menschen als schuldfähiges Subjekt, ja sie sprechen dem Täter auch die Würde seiner Tat zu: Das war deine Tat.In der Postmoderne gibt es dagegen eine Tendenz, den Menschen für schuldunfähig zu erachten, ihn so zu entmündigen: Du bist es nicht, der etwas tut oder etwas unterläßt. Der schuldfähige Mensch wäre so nur eine metaphysische Konstruktion. Aber das postmoderne Denken ersetzt dann doch nur eine Konstruktion des Menschen durch eine andere, denn die Antwort auf die Frage, was denn der Mensch sei, wird immer eine philosophische oder theologische Konstruktion sein.
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