Dienstag, 13. März 2018

Über die Liebe zum Besonderen

 Ernst Jünger: „Wir Nationalisten glauben an keine allgemeinen Wahrheiten. Wir glauben an keine allgemeine Moral. Wir glauben an keine Menschheit als an ein Kollektivwesen mit zentralem Gewissen und einheitlichem Recht. Wir glauben vielmehr an ein schärfstes Bedingtsein von Wahrheit, Recht und Moral durch Zeit, Raum und Blut. Wir glauben an den Wert des Besonderen.“ „Das Sonderrecht des Nationalismus“   zitiert nach: https://arbeitertum.wordpress.com/.../zu-ernst-jungers-nationalrevolutionarer-phase/)
Bei aller Wertschätzung für Ernst Jünger, aber: Ist die Aussage, daß wir an ein scharfes Bedingtsein der Wahrheit durch den Kontext glauben, nicht selbst eine allgemeine Wahrheit, die, daß alles Wahre nur kontextuell wahr sei?
Emanuel Hirsch hat ja schon in seinem brillanten Essay: "Deutschlands Schicksal" Nietzsches Kritik aller menschlichen Erkenntnis als durch die Subjektivität des Menschen bedingte und so unwahre Erkenntnis in Frage gestellt durch die simple Gegenfrage, wie denn überhaupt der Mensch Nietzsche dann eine wahre Erkenntnis über alle vermeintlichen Erkenntnisse aller Menschen formulieren kann, wenn dann doch auch seine Kritik diesem Urteil der subjektiven Bedingtheit zum Opfer fallen müsse.
Und doch ist Ernst Jünger zuzustimmen, wenn die Individualität der Völker betont wird, daß eben nicht für jedes das Gleiche das Wahre ist. Für die Religion gilt, daß die christliche für alle Völker die einzig wahre ist. Das muß heute auch betont werden gegen den Philosemitismus und die politische Korrektheit, die es als praktizierten Antisemitismus ansieht, verkündete die Kirche Juden die wahre Religion. Aber nicht darf geurteit werden, daß die angloamerikanische Kultur, sehr oft schon zu der des Westens veruniversalisiert, nun die sein muß, durch die alle Völker zu beglücken sind. Im Sinne von Jünger wäre so etwa zu sagen, daß das chinesische Volk, gerade auch angesichts seiner eigenen Hochkultur, nicht sich von der Westkultur zu beglücken hat, denn es hat das Recht, nach seiner Fasson selig zu werden, um es preußisch auszudrücken. 
Auch gehört unser deutsches Volk nicht selbstverständlich zum freien Westen, sondern wir lebten unsere eigene Kultur, bis dann nach dem verlorenen Kriege wir zumindest in Westdeutschland verwestlicht wurden, was immer auch eine Entdeutschung mit sich brachte. So ist ja auch der Ostdeutsche den Westgutmenschen ein einziges Greuel,er verteufelt ihn gern zum Dunkeldeutschen, weil der Ossi noch nicht hinreichend verwestlicht wurde nach der Wiedervereinigung 1989.
Ernst Jünger drückt in seinem Votum eben das tiefe Unbehagen gegen jegliche Gleichmacherei aus, für die das Faktum verschiedener Völker mit differenten Kulturen nur etwas zu Überwindenes ist.  
Es muß so aber auch gegen Jünger klar zwischen allgemeinen Wahrheiten und Particularweiheiten unterschieden werden. Gerade das Urteil, daß es nicht eine für alle Völker gleich wahre Kultur gäbe, ist eben selbst eine als universal gültige Wahrheitsbehauptung zu qualifizieren und zu bewahrheiten. Der Glaube an das Besondere will eben selbst als eine allgemeingültige Wahrheit verstanden werden, die sich gerade so polemisch gegen jeden universalistischen Kulturimperialismus stellt, der das Glück der Welt heutzutage in der Globalisierung der westlichen Kultur sieht. 
Die Liebe zum Besonderen ist heutzutage aber auch die beste Antithese zur Genderideologie, in der die Geschlechterdifferenz genichtet werden soll, aber auch zur Verbrüderungsidologie der Französischen Revolution, die die Differenz der Völker eben auch nichten wollte und will, weil nun plötzlich alle Menschen Brüder sein sollen,oder Geschwister, obzwar der Begriff des Bruders nur solange einen Sinn macht, wie es auch den menschlichen Nichtbruder gibt. Oder zur Veranschaulichung: Wenn jede  Frau der Welt meine Ehefrau ist, dann wird der Begriff der Ehefrau völlig sinnlos. Es wäre der völlige Ruin der Ehe und der Brüderlichkeit, wenn Bruder und Ehefrau veruniversalisiert werden zu: jeder Mann ist mein Bruder und jede Frau ist meine Ehefrau. So widerlegt sich jeder Universalismus selbst, wenn er alles Bestimmte auflösen will, daß es nur eine deutsche Kultur gibt, weil es auch nichtdeutsche Kulturen gibt, daß es nur Brüder gibt, weil es auch Männer gibt, die meine Nichtbrüder sind. 
In der Weimarer Republik gab es so noch Patrioten, zu denen auch Ernst Jünger zu zählen ist, die auch die Ideale der Französischen Revolution (der Freimaurer) in Frage stellten als für alle Völker gültige Werte.  Wikipedia schreibt so zum Projekt "der Ideen von 1914" als Antithese zu den Ideen der Französischen Revolution:"Der Begriff Ideen von 1914 beschreibt die publizistische Reaktion national gesinnter Intellektueller in Deutschland  auf den Ausbruch des Ersten Weltkrieges  und das sogenannte Augusterlebnis. Während des Krieges entwickelten sich daraus nationalpolitische Sinndeutungen und Zukunftsentwürfe. Sie umfassten u. a. Vorstellungen über die politische Neugestaltung Deutschlands, die auf eine Aufhebung der Ideale der Französischen Revolution, der „Ideen von 1789“ (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) gerichtet waren."  Im Kern ging es dabei um die Idee der Volkseinheit als eine Besonderheit, die den anderen Völkern als Einheit gegenübersteht. Alles ist nur als Bestimmtes durch seinen Gegensatz zu den Anderen, sonst versinkt alles Besondere im grauen Einerlei.       

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