Freitag, 8. Oktober 2021

Der Glaube an den Menschen- Illusionen

Eigentlich ist das doch ganz einfach: Weil Gott jeden Menschen liebt, wird jeder durch die Erfahrung und den Glauben an sein Geliebtwerden zu einem guten Menschen, der dann auch seine Nächsten liebt. So ist der Humanismus fundiert in dem Glauben an das Geliebtwerden jedes Menschen. Der Mensch wird dabei so sehr von Gott geliebt, daß selbst noch der Nichtgottgläubige sich als Geliebter erfährt und so ein guter Mensch wird. Nur in Folge einer traumatisierenden Kindheit könnten so Menschen zu nichtguten werden.

Aber, wird der Gedanke vom Gutsein jedes Menschen so grob skizziert uns vor Augen gestellt, ein kräftiges Unbehagen meldet sich da doch zu Worte: Jeder Blick in eine beliebige Tageszeitung oder in irgendein Geschichtsbuch zeigt uns unwiderlegbar, daß so der Mensch nicht ist.

Ein Dialog aus einem Zukunftsroman: „>Habe ich recht gehört: LOVELY LUCIFER?<fragte Waringer.Promax lächelte matt. >Sie haben, Professor.Wer die Menschen kennt, muß den Teufel für ein liebliches Wesen halten.<“Das ist nun nicht nur eine maßlose pessimistische Übertreibung sondern noch mehr eine völlige Verharmlosung des Teufels, die uns hier H.G.Ewers in dem Roman: „Rückkehr ins Jahr 2000“, Perry Rhodan Nr. 550 zumutet. Aber vielleicht hat diese maßlose Übertreibung doch etwas für sich, daß uns hier diese maßlose Übertreibung auf eine richtige Spur bringt in der Frage, wie denn der Mensch nun wirklich sei. Moralische Vorstellungen vom Menschen, wie er sein zu hat und Wunschvorstellungen, oh wäre der Mensch doch!, so verdunkeln oft die Sicht auf den Menschen, wie er nun mal wirklich ist. Vielleicht ist für die Lebenspraxis auch ganz nützlich, seine Mitmenschen optimistisch verzeichnet wahrzunehmen, um so besser mit ihnen zusammenleben zu können.

Promax gibt aber den illusionslosen Zyniker, sozialisiert mit dem Glauben an das Gute in jedem Menschen nun völlig desillusioniert den Menschen nur noch in seiner reinen Negativität sieht. Ein Argument hat dieser Desillusionierter für sich: Er kann im Namen der unendlich viel gelitten habenden Menschen sich jedes Gerede vom natürlichen Gutsein des Menschen verbieten. Daß die Geschichte der Menschheit eine große Leidensgeschichte mit ein paar wenig eingestreuten Sonnentagen ist, welcher Kenner der Geschichte könnte dem guten Gewissens widersprechen. So spricht es eben für den biblischen Realismus, daß die erste Tat, die sie von dem in der Geschichte wirkenden Menschen für erzählenswert hielt, ein Brudermord war: Kain mordete seinen Bruder Abel.Das ist dann der Anfang einer großen Blutvergißgeschichte, die jetzt in 2 Weltkriegen und danach im millionenfachen Töten von Kindern im Mutterleibe ihre konsequente Fortsetzung fand und findet.

Nur in Liebesfilmen wird uns eine andere, eine wirklich schöne Welt gezeigt, die nicht zu kritisieren ist weil die wirkliche so ganz anders geartet ist. Hans Sedlmayr zitiert Dostojewski so: „Warum liebt der Mensch bis zur Leidenschaft gleichfalls die Zerstörung und das Chaos.“ (Verlust der Mitte, 1973, S.106) Hier muß aufmerksam gelesen werden: Nicht ist hier gemeint, daß der Mensch die Zerstörung und das Chaos verursacht, um ein Ziel zu erreichen, das er so sehr liebt, daß er dafür dies Beides in Kauf nimmt, sondern daß die Zerstörung und das Chaos um ihrer selbst willen geliebt werden. Solch einen Menschen darf und kann es in den huma-nistischen Illusionen über den Menschen nicht geben. Auf zweierlei Weise kann nun die humanistische Illusion diese inakzeptable Realität außer Kraft setzen: a) in der konservativen Konzeption, daß doch früher der Mensch so nicht gewesen sei, er erst jetzt so entartet sei oder b) in der progressiven Konzeption, daß er zwar jetzt so sei, aber zukünftig ein ganz anderer sein wird, nämlich ein richtig guter Mensch.

In diesen beiden Zitaten gibt es für diese zwei Ausweichmanöver keinen Spielraum: So ist der Mensch, so war er und so wird er auch immer sein. Theologisch ist dann zu fragen, ob dieser Pessimismus nicht im Recht ist, solange von den menschlichen Möglichkeiten zum Gutwerden ausgegangen wird. Es soll nun nicht gleich die Zuflucht in den Diskurs, was vermag der Mensch an Gutem, wenn er dazu von Gott begnadet wird, genommen werden, um einfach ein mal zu konstatieren, wie es um den Menschen nach seinem Sündenfall steht, wenn er nicht durch Gottes Gnade zum Guten befähigt wird. Es könnte doch sein, daß uns das Verständnis von der Bedeutung der göttlichen Gnade abhanden gekommen ist, weil ganz verdrängt worden ist, wie der postlapsarische Mensch außerhalb der Gnade Gottes ist, die ihn auch effektiv zum Guten befähigt: der Mensch eben ohne die Gnade Gottes.



Komplifikationen

Ein Trugschluß: Indem jedes Tuen ein Streben nach einem Gut sei, sei es auch ein moralisches Streben nach etwas Guten, das Gut ist ob seiner Partizipation an dem Guten, der Idee des Guten. Es kann auch etwas Böses erstrebt werden, etwa der Lustmord aus der Lust am Quälen und Morden. So gilt dann auch nicht, daß nur durch eine Wahl unmoralischer Mittel ein Streben nach einem Gut etwas Unmoralisches, Böses wird- etwa der Nahrung stillt, um sich zu sättigen.

Ein Irrtum: Alles Sündige wäre auch etwas Unmoralisches. So gilt heutzutage der Nichtglaube an Gott nicht als etwas Unmoralisches, im Urteile Gottes ist es aber eine Sünde.



Ein weiterer Irrtum: Alles Unmoralische ist auch eine Sünde vor Gott. Dann hätte Abraham vor Gott gesündigt, denn nur allein sein Tötungsversuch, seinen Sohn zu opfern, ist eine unmoralischer und zu bestrafender Versuch, Gott aber rechnet ihm diesen Gehorsam zur Gerechtigkeit an.



Was ist dann das Böse, zu dem der Mensch neigt und es auch so oft realisiert? Und doch stimmen wir- nach einer spontanen Abwehr den beiden obigen Zitaten mehr zu als dem Glauben an das Gutsein jedes Menschen.



Dieser Glaube an den guten Menschen ist ursprünglich ein Fragment aus der christlichen Religion, daß der Mensch vor seinem Sündenfall gut geschaffen war, der aber in der Geschichte Auftretende es dann nicht mehr ist, denn in ihr wirkt nur noch der Mensch nach seinem Sündenfall. Die modernistisch-psychologistische Variante ist dann die, daß der Mensch durch Gottes Relation zu ihm, daß ER ihn liebt, zu einem guten Mensch wird- aber durch Relationen ändert sich der Mensch nicht- sondern nur durch eine Eingießung göttlicher Gnaden in ihn. Aber diese Gnade kennt die postkonziliare Theologie nicht mehr.



 

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