Dienstag, 19. Oktober 2021

Eine in der Kirche verdrängte Wahrheit: Jesus Christus kam, um die Kranken, die Sünder zu heilen


Unter den „Kranken“ sind natürlich im theologischen Diskurs nicht einfach nur die wirklich an Krankheiten Leidenden sondern primär jeder Mensch, insofern er vor Gott als Sünder steht. Um es medizintechnisch auszuformulieren: Die Medizin erwarb Jesus Christus am Kreuze, um sie dann durch seine Apotheke, der Kirche in der Form der Sakramente auszuteilen. Er lehrte uns dann noch, wie wir zu leben haben, um die so erlangte Heilung nicht wieder zu verlieren. Das verhält sich so wie wenn ein Arzt zu einem passionierten Raucher sagt: Sie müssen diese Medikamente einnehmen, sonst werden sie ihre Lungenentzündung nicht los und sie müssen aufhören zu rauchen sonst verhindert das Rauchen die Heilkraft der Medizin.


So ist den Menschen zu verkündigen, daß es wirklich schlimm um sie steht, daß es aber für sie eine Rettung gibt. So Jesu Auftrag, daß er gekommen sei, um die Kranken zu heilen, auszuführen, wird heutzutage als nicht mehr akzeptabel reprobiert. So dürfe die Kirche nicht mehr reden, denn kein Mensch wolle hören, daß es so arg um ihn stünde.

Gar theologische Einwände werden dann erbracht. Die traditionelle, die vorkonziliare Theologie der Kirche glaubte noch an die Gerechtigkeit Gottes, daß er so dem Sünder zürne, ja er gewiß mit seinem Ausschluß von dem ewigen Heil zu rechnen habe und schon zu seinen Lebzeiten stünde er unter dem Zorn Gottes. Aber es gäbe für ihn eine Rettung, wenn er wahrhaft glaubt und dem gemäß dann auch lebe. Von zentralster Bedeutung seien dafür die göttliche Gnade vermittelnden Sakramente, isb die heilige Eucharistie als Opfer und Sakrament.

Nur seien das alles völlig inakzeptable Vorstellungen von Gott und seinem Verhältnis zu seinen Menschen. Denn Gott ist nur, ausschließlich als alle Menschen zu Liebender zu denken. Demzufolge kann es keinen Zorn Gottes geben, keinen Ausschluß eines Menschen vom ewigen Heil und somit auch keine heilsnotwendigen Sakramente oder gar die Aufforderung, um des Heiles willen, die Gebote Gottes zu halten. Der nachkonziliare Jesus verkündet nämlich jedem: „Gott liebt Dich so, wie Du bist!“ Es kann keine wirklich „Kranken“ geben, nur eingebildete „Kranke“, die meinen, Gott zürne ihnen, weil sie Sünder seien, die meinen, Gott verlange, daß seine Gebote zu halten seien. Jesus nun aber befreite uns Menschen von solchen falschen Gottesvorstellungen, um den alle einfach liebenden Vatergott zu verkünden. Es wirkte wahrhaft als Aufklärer, sein Heilswerk bestand so allein in der Verkündigung dieses jeden liebenden Gottes, indem er fast mehr in der Tat als durch seine Lehre diese allumfassende Liebe erfahrbar machte.

So habe dann auch die Kirche primär diakonisch zu wirken, allen isb den Leidenden diese „bedingungslose“ Liebe zu vermitteln. Der Glaube, die Teilhabe an den Sakramenten oder gar eine christlich-ethische Lebensführung seien so genau genommen unnötig, weil ja Gottes Liebe bedingungslos gälte, so nicht an die Condition des Glaubens, eines sittlichen Lebens oder gar des Empfanges der Sakramente gebunden sei. Wenn Gott jeden liebt, wie er ist, dann bedarf kein Mensch eines Arztes noch der Kirche als der Apotheke Gottes, er bedarf nur noch der Aufklärung darüber, daß er ein von Gott Bejahter ist. Und wenn er nicht an Gott glaubt, nicht, daß er von Gott angenommen ist, so schadet das überhaupt nicht, denn er ist ja völlig unabhängig von dem, was er glaubt oder auch nicht glaubt, ein von Gott Angenommener. So bleibt für die Kirche nur noch die Aufgabe, jeden Menschen wie einen von Gott Bejahten anzusehen und zu fordern, daß überall im gesellschaftlichen Leben jeder Mensch wie ein Bejahter anerkannt wird, also jeder menschenwürdig zu behandeln sei. Denn die Liebe Gottes zu jedermann konstituiert die Menschenwürde jedes, sodaß die wichtigste Aufgabe der Kirche die ist, mitzuhelfen, die Würde des Menschen überall zu realisieren als die Aufgabe der Humanisierung der Welt. Die Welt sei so nicht zu evangelisieren, sondern zu humanisieren. Das und nur dies sei die wahre Mission der Kirche, in Gänze gelebte Diakonie zu werden.

Nun ist der Mensch auch nicht mehr primär der Sünder, dessen Herz zum Bösen geneigt ist, sondern der primär Vernünftige, der als Gutwilliger mit allen anderen cooperierend die Aufgabe der Humanisierung der Welt übernehmen soll und es auch kann: Ja, wir können gemeinsam die Welt optimieren. Dazu ist es aber notwendig, daß alle Religionen unter der Zurückstellung ihrer theologischen Differenzen gemeinsam sich dieser Aufgabe stellen. Theologische, religiöse Differenzen störten dann nur bei diesem Humanisierungsprojekt und sind somit im Dialog der Religionen als unwesentliche Differenzen zu marginalisieren um der gemeinsamen Praxis willen. Das ist dann das Ende der christlichen Mission, da nun nicht mehr das Evangelium von der Rettung des Menschen durch den wahren Glauben zu verkündigen sei, sondern der Glaube, daß alle, wenn sie nur zusammenwirken, die Welt besser machen können um der Würde des Menschen willen.

 

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