Sonntag, 10. Oktober 2021

Simuliertes Beten in der Kirche



Das Allerheiligste ist ausgesetzt zur stillen Anbetung nach der hl. Messe und dann schreitet der Priester zum Ambo, in seinem Rücken Jesus Christus in der ausgesetzten Monstranz und betet zur Gemeinde hingewendet: „Jesus, unser Bruder....“.

Wer käme auf die Idee, wenn er zu jemandem sprechen wollte, ihm den Rücken zuzukehren um dann zu sprechen anzufangen? Das Gebet, das der Priester da spricht, ist ja explizite an Jesus Christus adressiert, aber warum spricht er dann zur Gemeinde und dann noch durch ein Mikrophon, damit auch jeder in dem Kirchraum ihn gut verstehen kann? In der ganzen Liturgie agiert der Priester der Gemeinde hin zugewandt, während Jesus Christus im Hochalter in dem dort platzierten Tabernakel unbeachtet weilt. Ist denn die ganze Messe ein einziger Dienst an der Gemeinde, den der Priester oft in Cooperation mit anderen vollzieht? Und was bedeutet das für das Gebet in der Messe?

Davila könnte uns hier auf die rechte Spur bringen, indem er urteilt:„Für den progressiven Katholiken ist das Gebet eine Ermahnung an sich selbst.“ Davila, Es genügt,dass die Schönheit unseren Überdruss streift...Aphorismen, 2017,S. 116.

Dem Wortlaut nach wird das Gebet zu Gott oder zu Jesus Christus gerichtet, aber die Körpersprache dementiert dies: Das Gebet ist faktisch eine Redehandlung an die Gemeinde. Kommunikationstheoretisch berachtet beinhaltet eine solche Handlung drei Aspekte: eine Ichaussage, eine über etwas, den Sachgehalt und einen Appell an den Adressaten. So drängt sich die Mutmaßung auf, daß das eigentliche Anliegen der Gebete, isb der Fürbitten ein Appellieren an den Hörer ist: Tue Du das, worum hier gebeten wird! Simuliert würde dann, daß das Gebete an Gott ausgerichtet sei in der Hoffnung, daß Gott es gnädig erhören wird. Dies impliziert, daß Gott mächtig genug ist, ein Gebet zu erhören und daß er dazu auch willig ist. Nun werden genau diese Voraussetzungen der Ermöglichung einer Gebetserhörung aber von progressiven Katholiken verworfen, wie Davila es hier voraussetzt. Die Allmacht Gottes kann aber nicht bestritten werden, denn in jeder monotheistischen Religion muß Gott denknotwendig als allmächtig gedacht werden. Es bleibt dann so nur noch der Ausweg einer Selbstlimitation Gottes, daß er etwa um der Freiheit der Menschen willen nicht mehr in die Geschichte eingreife, damit diese wirklich die freie Hervorbringung des Menschen sein kann. Nur in Ausnahmen wirke Gott dann noch in der Geschichte, als er etwa seinen Sohn von den Toten auferweckt hatte.

Im Hintergrund steht selbstredend das Theodizeeproblem: Warum gibt es Leid in der Welt, wenn sie ein allmächtiger und guter Gott regiert? Die Behauptung, Gott regiere faktisch gar nicht mehr, weil er dem Menschen ihr Schicksal in ihre Hände gelegt habe um seiner Freiheit willen, eine freiheitstheoretisch modifizierte Version des Deismus, ist aber der Tod der christlichen Religion. Dann könnte wirklich Gott nicht mehr im Gebet angesprochen werden, es wäre dann von ihm nichts mehr zu erwarten und zu erhoffen.

Dann muß tatsächlich der Mensch in das Zentrum rücken, daß es dann eben nur noch auf ihn ankäme. Jesus Christus habe keine Hände außer den unsrigen, um jetzt noch wirken zu können, dies Votum tötet dann wahrhaftig die christliche Religion. Sie läßt dann nur noch Gebetssimulationen zu. An die Gemeinde wird dann nur noch appelliert, wenn formal auch noch an Gott das Gebet adressiert wird. Dabei wartet doch unser Heiland, hörbereit im Tabernakel auf unser Gebet! Nur, es wird lieber an die Gemeinde appelliert. Vgl dazu: G.Wozniak, Hilft mir Gott? Wunderbare Gebetserhörungen in der Corona-Krise)



 

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