Samstag, 15. August 2015

Über die erkrankte Verkündigung

Bischof Stefan Oster verdanken wir eine brillante Diagnose des Krankenstandes der heutigen kirchlichen Verkündigung (Kath net 13.8. 2015 "Humanismus der Nettigkeit-oder woran krankt unsere Verkündigung?"

"Zur Diagnose: Ich halte es erstens für eine äußerlich recht sympathisch wirkende Irrlehre, wenn heute mit Hilfe des Schlagwortes „Frohbotschaft statt Drohbotschaft“ das Christentum zu einer Art Humanismus der Nettigkeit nivelliert wird: Ja nichts von Sünde, nichts von Umkehr, nichts von Gericht, schon gar nicht von Hölle predigen! Passt nicht mehr in die Zeit. Und passt auch irgendwie nicht zur Kirche im Heute. Die „Botschaft“ des Evangeliums ist demnach vor allem ein nettes, ein wenig ethisch aufgeladenes Handlungsprogramm, das uns auffordert, gut zueinander zu sein, vor allem gut zu Minderheiten und Armen, gut zur Schöpfung, gut zu Flüchtlingen, gut zum Nachbarn..... Und wer das einigermaßen erfüllt, der ist schon Christ oder zumindest irgendwas Ähnliches. Der meint, es jedenfalls schon verstanden zu haben, was in der Kirche immer gepredigt wird, der ist irgendwie dabei. Aber freilich: regelmäßiger Gottesdienst, persönliches Gebetsleben, Fasten, Umkehr, persönliche Heiligung – alles ist dann nicht mehr wirklich nötig: „Hab ja eh kapiert, was gemeint ist – und bemüh mich dann auch ums Gutsein." 


Dogmatisch geurteilt ist dies- so treffend der Passauer Bischof eine zeitgenössische Erscheinungs-form des Pelagianismus. Diese Irrlehre bildet den Gegenpol zur katholischen Gnadenlehre, die der hl Augustin in Konfrontation mit Pelagius und seinen Schülern vertieft und weiterentwickelt hat. Wenn man diesen großen und tiefsinnigen Diskurs auf seine Kernkontroverse zurückführen will, dann heißt die Grundfrage, ob der Mensch-nach dem Sündenfall- allein aus seinem natürlichen Vermögen heraus so sein Leben führen kann, daß es entweder vor Gott als ihm hinreichend wohlgefällig ist, sodaß der Mensch dann ins Reich Gottes eingehen darf, bzw. ob, wenn er so gut lebt, wie es ihm sein natürliches Vermögen zum Guten ermöglicht, daß Gott dann ihm dies gnadenhaft als ausrechend anrechnet, sodaß er ins ewige Leben eingehen kann. So schließt der Pelagianismus nicht prinzipiell die Gnade Gottes aus, aber diese Lehre sagt eben, daß, wenn der Mensch nur wirke, wie es ihm seine gefallene Natur noch erlaubt, dies ausreicht, um ins Reich Gottes einzugehen, weil wenn der Mensch das zum Guten ihm Mögliche realisiert,Gott dann -gewiß- das Fehlende  gnadenhaft ergänzen wird. Was nun das Gute ist, das der Mensch auch nach dem Sündenfall noch leisten kann, um dann ins Reich Gottes eingehen zu können, darüber divergieren im Pelagianismus die Vorstellungen. Man kann aber sicher sein, daß es, hätte der heutige Pelagianismus recht, noch nie so leicht wie heute war, ins ewige Leben einzugehen! Es reiche, anständig zu leben, so die Kernbotschaft des heutigen Pelagianismus! 
Damit wird aber das ganze Heilswerk Jesu Christi und damit auch die Kirche für völlig überflüssig erklärt. Denn Niemand braucht die Offenbarung Jesu Christi oder die Lehre der Kirche, wenn es ausreicht, anständig zu leben und wenn darunter eben nur das verstanden wird, was der gesunde Menschenverstand immer schon als anständig empfunden hat. (Nebenbei selbstredend unterliegt auch der gesunde Menschenverstand dem Wandel der Zeit, so daß heuer es schon als unanständig empfunden wird, nimmt man an praktizierter Homosexualität Anstoß, während früher die Praktizierung als unanständig empfunden wurde- aber diesen Wandel reflektiert das unmittelbar Wissen um das, was anständig ist und was es nicht ist, schon nicht mehr, um in seiner Naivität zu verharren) 
Hinter dieser Konstruktion steht nun aber auch ein ernst zu nehmendes Anliegen des Pelagianimus. Diese Lehre geht aus von dem Gedanken, daß Gott Menschen gerecht beurteilt und so belohnt oder bestraft. Wenn Gott nun vom Menschen die Erfüllung von Einlaßbedingungen in das Reich Gottes einfordert, dann kann er als gerechter Gott nur Einlaßbedingungen fordern,die vom Menschen auch erfüllbar sind und erfüllbar ist nur das, was der Mensch aus seinen ihm eigenen Vermögen vermag- was seiner natürlichen Potenz entspricht. Wenn Gott Menschen Gnade zukommen läßt, dann dürfe das nur bedeuten, daß Gott dem Menschen eine übernatürliche Kraft gewährt, damit er das, was er eigentlich bloß aus seinen Kräften hätte wirken können, nun "leichter" realisieren kann. Oder Gnade meint, daß Gott das von einem Menschen geführte Leben, obwohl er das ihm an Gutem Mögliche nicht realisiert hat, so ansieht, als hätte er das ihm Mögliche realisiert und gewährt ihm so den Eintritt ins Reich Gottes. Das eine mal verändert die Gnade die Potenz des Menschen, sodaß er leichter das ihm Mögliche an Gutem realisieren kann, das andere mal wird das von ihm realisierte so angesehen-nämlich gnädig- als hätte er so gelebt, wie er gut hätte leben können. 
Ausschließen will der Pelagianismus, daß Gott sagt, daß nur der von ihm mit Gnade ausgestattete oder gnädig Beurteilte in das Reich Gottes eingehen kann, sodaß die Gnade eine Bedingung ist, die der Mensch zu erfüllen hat, die er aber nicht und nie erfüllen kann, weil Gnade ein Geschenk Gottes ist, das der Mensch nicht selbst erwirken kann. Einfacher gesagt: Gott fordert etwas vom Menschen, das aber nur Gott selbst erfüllen kann und das wäre ungerecht. Erasmus von Rotterdamm  ist dann wohl der humanistische Theologe, der den Pelagianismus am wirksamsten und überzeugendsten in der anbrechenden Moderne entfaltete und die Aufklärung erkannte dann in ihm den einzig akzeptablen Theologen! 
Bischof Stefan Oster charakterisiert so sehr treffend die heutige Erscheinungsform des erasmischen Pelagianismus! Für ihn ist die Religion so nichts anderes mehr als irgendwie an ein höheres Wesen (Gott) zu glauben und sich bemühen, anständig zu leben. Und das ist wohl auch das Konzentrat der modernen Predigten!   
Die andere Irrlehre ist, wie der Bischof treffend ausführt, der Heilsautomatismus- einfach gesagt: weil Gott die Liebe ist, liebt er jeden Menschen und so wird auch jeder als von Gott Geliebter ins Reich Gottes eingehen!    
Der Kollateralschaden: Jesu Christi Heilswerk  wird zu etwas völlig Überflüssigem und selbstverständlich auch die Kirche mit ihren Sakramenten und ihrer Lehre vom Wege des Heiles. Eigentlich hätte Jesus nur verkünden brauchen: "Ihr seid alle gesund  und bedürft keines Arztes und Heilandes- tut einfach das jedem  von euch an Gutem Mögliche und Gott wird euch aufnehmen in sein ewiges Reich. Und was das Gute ist, da braucht euch auch niemand zu belehren, denn das sagt euch euer gesunder Menschenverstand und der reicht für ein Gott wohlgefälliges Leben!  Ich, Jesus Christus bin so für euch völlig überflüssig!      
  

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