Dienstag, 17. Januar 2017

Ehebruch-immer eine schwere Sünde?

Das ist ja rein "moralistisch"! Diesem Vorwurf wohnt immer eine antithetische Gegenüberstellung von der Moral und dem Leben inne, daß da etwas moralisch wohl richtig geurteilt sei, aber dem Leben nicht gerecht wird.Der Ausspruch ist so ähnlich dem Gemeinspruch:"Das  mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nichts für die Praxis", dem Kant ja eine eigene kleine Untersuchung widmete. Angeregt durch eine sehr gelungene Verfilmung der Siegfried Lenz Erzählung: "Die Flut ist pünktlich" soll nun ein Fall konstruiert werden, um zu prüfen,ob in jedem Falle ein Ehebruch eine schwere Sünde ist, wie es im Rahmen der Debatte um AL immer wieder geschrieben wird.
Gesetzt den Fall, der Ehemann erleidet einen schweren Unfall ist danach irreversibel gelähmt, sodaß er nicht mehr mit seiner Ehefrau ehelich verkehren kann. Er sagte nun zu seiner Frau, daß er von ihr, inbesondere weil sie noch sehr jung ist, nun keine eheliche Treue mehr erwarten kann. Er möchte weiterhin mit ihr als seiner Ehefrau zusammenleben, "erlaubte" ihr aber jetzt "Seitensprünge",da er sie nicht mehr sexuell befriedigen könne. 
Gesetzt den Fall, die Ehefrau geht auf diesen Vorschlag ein, begeht sie dann, wenn sie fremdgeht, eine schwere Sünde?  Einerseits ja, denn ihr Fremdgehen widerspricht der Ordnung der Ehe, zu der kontitutiv die Treue gehört. Andererseits setzt doch der Ehebruch immer die Vorstellung voraus, daß das Fremdgehen gegen den Willen des anderen Ehepartners vollzogen wird.
Siegfried Lenz läßt den männlichen Protagonisten seine Ehefrau eine Erlaubnis zum Fremdgeben aussprechen, indem er erklärt, daß er krankheitsbedingt nicht mehr mit ihr Geschlechtsverkehr haben kann. Sie beginnt darauf eine Liason mit einem anderen Mann, von der der Ehemann weiß.  (In der Erzählung ist dieser Fall noch komplexer, da der Ehemann sich selbst beim Fremdgehen mit AIDS infiziert hat, dies aber der Ehefrau nicht eingestehen will und so eine andere Krankheit ihr vortäuscht, während er sie nicht infizieren will aber ihr auch nicht die Wahrheit sagen will. Als er ihr die aber offenbart, kommt es zu einem Ehedrama, in dem die Ehefrau versucht, ihren Mann zu töten und er daraufhin den Freitod wählt.) 
Wie hier nun eine gerechte Beurteilung finden? Das Fremdgehen der Frau ist in diesem Falle doch einerseits ein Ehebruch als Verstoß gegen die Ordnung der Ehe und doch ist es es auch nicht, denn der Ehemann hat ihr das ja ausdrücklich erlaubt. 
Man könnte jetzt so urteilen: Der Ehemann erlaubt die Seitensprünge, um seine Ehe als Ganzes zu retten, da er davon ausgehen muß, daß seine Frau sich gänzlich von ihm trennte, wenn sie in der Ehe keinerlei sexuelle Befriedigung mehr erleben und erwarten könne. Damit die Ehe nicht als Ganzes scheitert. erlaubt er eine punktuelle Durchbrechung der Ordnung der Ehe. Oder ist das eine zu laxe Auffassung von der Ehe? Muß die Ehefrau dies Schicksal akzeptierend  um der Ordnung der Ehe willen auf eine glückliche Ehe verzichten?
Wie verhält sich zu diesem Fall die Regel des Alten Testaments,daß, wenn eine Ehe kinderlos blieb, der Ehemann sich eine andere Frau nehmen durfte, um von ihr ein Kind zu bekommen, das dann als legitimes Kind der Ehe galt, auch wenn die Ehefrau nicht die leibliche Mutter war? Hier galt ja, daß die Ordnung der Ehe zum Hindernis für den Zweck der Ehe wurde, und daß deshalb um des Zweckes willen die dem Zweck der Ehe subordinierte Ordnung der ehelichen Treue punktuell auflösbar war. Der Ehemann ging ja nicht eine Zweitehe ein im Sinne einer Polygamie, sondern die andere Frau ersetzte nur die Ehefrau, damit ein legitimer Nachwuchs  entstehen konnte. 
Ein wenig hat hier der von Kant kritisierte Spruch doch Wahrheit in sich: In der Theorie der Ehe ist jeder Ehebruch eine schwere Sünde, aber es kann Fälle geben, wo er das nicht ist, besonders dann nicht, wenn das Fremdgehen um eines höheren Zieles willen gerechtfertigt sein könnte, also dem Zweck der Ehe, dem Nachwuchs oder wo nur, wenn ein Fremdgehen erlaubt wird, die Ehe aufrecht erhalten werden kann.                   

1 Kommentar:

  1. Nein, der Zweck heiligt nicht die Mittel.
    Und schon gar nicht die Benutzung eines anderen Menschen zur Selbstbefriedigung.
    Das Eheversprechen umfasst auch die „bösen“ Tage.
    Sex ist nicht notwendig, um eine Ehe im Sinne Gottes aufrechtzuerhalten.
    Es ist uns nicht als höchstes Ziel aufgetragen, hier auf Erden glücklich zu sein - um den Preis der Übertretung der Gebote -, sondern vielmehr unter Widrigkeiten den guten Kampf zu kämpfen, um einst in die ewige Glückseligkeit einzugehen.
    Gott gibt immer die hinreichende Gnade, seine Gebote - auch unter widrigen Umständen - zu erfüllen.
    Eine solche Tat ist also in jedem Fall objektiv ein Verstoß gegen das sechste Gebot. Über die Schwere der persönlichen Schuld („Todsünde“) angesichts widriger Umstände steht uns kein Urteil zu. Darüber kann nur der Herr selbst am jüngsten Tag urteilen.

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