Es gibt laue und heiße Christen, aber auch kalte. So urteilt die Johannesoffenbarung über die Gemeinde in Laodizea (3,14-22). Lassen wir heute diesen nicht leicht ausdeutbaren Text auf sich beruhen und kaprizieren uns einseitig auf diese drei Stufen: heiß- lau -kalt.
Es soll die These aufgestellt und zur Diskussion gestellt werden, daß jede Religion einen heißen Kern und darum dann figuriert Kreise aufweist, die, je weiter sie sich vom Kern entfernt haben, abgekühltere sind: in denen lau und in denen kalt ihre jeweilige Religion praktiziert wird. Auch wenn es das Ideal der Kernmitglieder jeder Religion sein sollte, daß jeder wie sie die Religion praktiziert, so wird faktisch jede wirklich gelebte Religion diese Stufen aufweisen, auch wenn in der ersten Phase der Entwickelung einer neuen Religion anfänglich der heiße Kern überwiegen mag als Gruppe enthusiastisch Praktizierender.
Für das Christentum ist nun -so meine These- das Mönchtum-der heiße Kern. Dort und nur dort wurde und wird vielleicht heute noch die christliche Religion heiß, das ist radical gelebt.Die da "freigesetzte" Hitze erwärmt auch noch die anderen weiter Abstand vom Kern haltenden Kreise. Sie leben nicht nur aus sich, sie empfangen auch noch die Glut des Kernes als Energiezufuhr für ihr religiöses Leben. So ist der Weltpriester gerade als zölibatär Lebender und zum regelmäßigen Breviergebet Verpflichteter zwar in der Welt, er lebt aber so doch das Mönchische als seine geistliche Kraft in der Welt. Der Weltchrist, in Familie und Beruf eingegliedert kann demgegenüber nicht mehr radical seine Religion leben, er muß sie notwendigerweise mit den Alltagslebenverpflichtungen in einen Einklang bringen und so entradicalisieren. Aber auch er lebt noch von der Ausstrahlungswärme des heißen Kernes, gerade, wenn er etwa täglich seinen Rosenkranz betet und Sonntags die Messe besucht.
Für den Islam ist nun- so meine These- der heilige Krieger der heiße Kern. Er und gerade nur er wird dieser Religion in Gänze gerecht, in der eben das Schwert zu der Waffe der Religion wurde. Selbstverständlich, schon zu Mohammeds Zeiten, waren nicht alle Gläubigen dieser Religion Gotteskrieger, es gab eben von Anfang an die Ausdifferenzierung in heiße und abgekühltere.
Eines folgt aus diesen zwei Kernthesen, daß die Lebendigkeit der beiden Religionen von der Hitze des Kernes abhängt. Nun gibt es Zeiten, in denen selbst der Kern einer Religion abkühlen kann, am deutlichsten wird das in der christlichen Religion in dem allseits bekannten Niedergang des Klosterlebens und dann kühlt die ganze Religion bis zu ihren Rändern ab- selbst die Kalten können noch kälter werden. (Minusgrade). Eine Revitalisierung ergibt sich dann demzufolge, wenn der Kern sich wieder erhitzt.
Meine These lautet nun, daß die christliche Religion vom Niedergang des Klösterlichen her in einer Phase der Verlauung und Abkühlung lebt, wohingegen der Islam vom sich aufheizenden Kern her eine Vitalisierung erlebt, die dann selbst die Lauen und Kalten wieder erwärmt und so das religiöse Leben sich aktiviert.
Der Islamismus ist so nicht ein Nebenprodukt des Islam, sondern bildet seine heiße Mitte mit dem Kern des Ideales des Gotteskriegers. Nie existiert nun eine Religion nur aus ihrer heißen Mitte (das kann es nur als literarische Fiktion geben), aber je vitaler der innere Kern, desto lebendiger werden selbst die Lauen am Außenrand! Der Islam ist dann, um im Bilde zu bleiben eine abgekühltere Form des Islamismus, der aber sich auch radicalisieren kann, wenn die Hitzeenergie ihn auch aufwärmt.
Die Differenz zwischen diesen beiden Religionen macht so der Gehalt des Glutkernes aus: Mönch oder Gotteskrieger. Eines darf dabei dieser religiösen Gestalt nicht abgesprochen werden, daß die Gestalt wirklich aus rein religiösen Motiven nur zu verstehen ist, wie auch die Mönchsgestalt, auch wenn dann die Menschen , die für sich dann für eine dieser zwei Existenzweisen des Religiösen entscheiden, privat auch aus nichtreligiösen Motiven sie für sich erwählen.
Corollarium 1
Religion ist nicht von ihrem Wesen her humanistisch, sie kann aber humanistisch werden, dann aber immer nur als Produkt einer Umformung.
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