Montag, 11. Januar 2021

„Für den Christen von heute war die Kreuzigung ein bedauerlicher Justizirrtum.“


So schreibt es Nicolas Gomez Davila (Es genügt, dass die Schönheit unseren Überdruss streift...Aphorismen, 2017, S.115). Daß es sich so verhält, ist nicht bestreitbar, es könnte nur angemerkt werden daß nicht alle jetzigen Christen „Christen von heute“ sind. Das „heute“ bedeutet nämlich nicht eine bloße Zeitangabe, sondern meint ein Christsein gemäß der heutigen Zeit; die Zeitgemäßheit avancierte zu einer normativen Vorgabe um die Norm der Sachgemäßheit zu ersetzen. Die Zeit an sich kann keine Norm sein, aber der Geist einer Zeit, einer Epoche: wie man eben zu einer bestimmten Zeit dachte und wie man zu denken habe, wenn man dazugehören will, um nicht als vorgestrig abgeschrieben zu werden.

Welche Wahrheiten der christlichen Religion werden denn durch diese zeitgeistgemäße Vorstellung eskamotiert?


1.Gott ist ein Gott, der für die Sünden der Menschen eine gerechte Strafe verlangt und dann das Kreuz Christi als Ersatz für die Sünden der Menschen forderte.


2.Gott wollte das Kreuz Christi. Der Sohn hätte sich ob seiner Allmacht jederzeit seiner Kreuzigung entziehen können, er tat dies aber nicht aus dem Gehorsam seinem Vater gegenüber.


3.Gott gab selbst dem Römischen Staat, dem Amtsinhaber Pontius Pilatus die Vollmacht, den Sohn Gottes zu töten. So tat der Staat das, wozu er bestimmt war, als er den Sohn Gottes kreuzigte.


4.Jesus Christus war einerseits der vollkommen Unschuldige, andererseits nahm er die ganze Schuld der Menschheit auf sich, er trug sie ans Kreuz, so daß so der wahrhaftige Sünder die göttliche Strafe aller trug, weil er sich so zum Sünder gemacht hatte. Das ist vergleichbar mit jemandem, der die gesamten Schulden eines Freundes auf sich nimmt, das sind jetzt die meinigen und ich begleiche sie nun.


5. Es war auch kein Justizirrtum, denn als der Richter von der Unschuld Jesu überzeugt war, ließ er ihn doch kreuzigen allein aufgrund des Drängens der Juden. Aber da diese Wahrheit nicht dem Anliegen des christlich-jüdischen Dialoges widerspricht, wird heute die Alleinschuld dem Römischen Staate zugeschrieben. Da es aber keinen legitimen Grund für den Römischen Staat gab, Jesus zu Tode zu verurteilen, spricht man heute gern von einem Justizirrtum.


Der Gott der christlichen Religion ist nicht einfach ein Zuguckgott; es muß also gefragt werden, was denn der allmächtige Gott tat, als sein Sohn gekreuzigt wurde. Diese Frage wird einfach ausgeblendet, da ja überhaupt alle Ereignisse in der Geschichte so betrachtet werden, als gäbe es keinen Gott, der sie regiert und in ihr eingreift. Deshalb kann auch das Kreuz Christi nur ein rein weltimmanentes Ereignis sein, das mit dem Gott Jesu Christi nichts zu tuen hat. Pilatus hat sich einfach geirrt.


So kann das Kreuz Christi selbst für den Gläubigen keine Heilsbedeutung haben. Das Heil besteht allein in der durch Jesus vermittelten Erkenntnis, daß Gott als die Liebe jeden Menschen bejahe. Das Kreuz Christi kann dann höchstens nur noch aufzeigen, wie wichtig Jesus diese Liebesbotschaft war, daß er auch ob des angedrohten Todes nicht davon abließ, diese Liebe in Wort und Tat zu verkünden. Jesus bewirkt ja auch nicht das Heil, sondern verkündet ja nur, was unabhängig von ihm die Wahrheit ist, daß Gott immer der war, ist und sein wird, der zu allen Menschen sein Ja sagt.




 

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