Freitag, 15. Januar 2021

Über das Schweigen der Kirche in der Caronaepidemie

(über den Verlust Gottes...)


Ich habe euch nichts zu sagen“, das ist wohl die desillusionierende Wahrheit über die Katholische Kirche und den Protestantismus Deutschlands, und nicht nur Deutschlands. Etwas Theologisches aus der Kompetenz der Kirche zu sagen, daß hieße ja, Gott in einer Relation zu dieser Seuche wahrnehmen zu können: Was hat der dreieinige Gott mit dieser Epidemie zu tuen? Das ist die religiöse Frage, die eine theologische Antwort erheischt. Da Gott denknotwendig als allmächtig zu denken ist, sonst würde er nicht als Gott gedacht, kann nicht ausgesagt werden, daß diese Seuche unabhängig oder gar gegen den Willen Gottes sich ereigne.

Entweder wirkt Gott selbst dies Unglück oder er läßt es zumindest zu. Das ist die klassische Theodizeefrage aber in einer Besonderheit. Denn die in dem Theodizeediskurs vorherrschende Antwort, daß Gott dem Menschen als Freiheit erschuf und ihm um der Freiheit willen auch die Freiheit zum Mißbrauchen der Freiheit gewährte, denn sonst wäre die Freiheit keine, kann in dieser Causa nicht gegeben werden. Diese Seuche ist nicht rückführbar auf einen Mißbrauch der menschlichen Freiheit. So läge es nah, dies Übel im Sinne des hl. Augustin als Strafübel zu begreifen: Gott straft so und zwar öffentliche kollektive Sünden im Kontrast zu den Privatsünden, die individuell Gott straft, hier oder jenseitig. Die Sintflut und Sodom und Gomorrah veranschaulichen uns ja, wie Gott Kollektivsünden straft. Wenn ich meinen Nachbarn erdolchte, wäre das meine Privatsünde, daß circa 100.000 Kinder pro Jahr im Mutterleibe getötet werden, ist dagegen eine Kollektivsünde, weil dies Töten mit öffentlicher Zustimmung, gesetzlich erlaubt geschieht.

Aber der heutige Gott, so wie er jetzt gelehrt und verkündigt wird, ist kein Gott mehr, der straft, denn er ist nur noch „lieb“. Diesen von aller Heiligkeit und Gerechtigkeit purifizierten Gott kann die Kirche nicht mehr in einen sinnvollen Zusammenhang mit dieser Seuche bringen.

Jetzt bliebe nur noch das Gebet übrig: Gott, rette uns vor dieser Seuche! Aber wenn Pater Karl Wallner urteilt, daß diese Seuche das Kirchenvolk wieder lehrte zu beten (Missio Österreich), so stellt er damit doch zuerst einmal damit fest, daß das Beten verlernt worden ist. Ja, daß Gott Gebete erhören kann und will, diese zutiefst religiöse Vorstellung hat doch die nachkonziliare Theologie weitestgehend als mit der Moderne unvereinbar reprobiert. Das Beten kann so nur eine autosuggestive Praxis oder ein Appell sein. So fällt Gott auch als Adressat unseres Betens aus.

Was hat die Kirche dann noch zu sagen? Nur dies, daß das kirchliche Leben auch ein Ort einer möglichen Verbreitung dieser Seuche sein kann, sodaß auch das kirchliche Leben, so weit es irgendwie geht, eingestellt werden soll. Ja, Lebensmittelgeschäfte müssen geöffnet bleiben für die Grundversorgung der Menschen (und es muß betont werden, daß die Supermärkte in dieser Krisenzeit wirklich hervorragend ihrer Aufgabe gerecht geworden sind und werden!), aber die religiösen Bedürfnisse sind dagegen Sonderwünsche, auf deren Befriedigung die Konsumenten in Notzeiten zu verzichten haben.

Denn wenn die Religion nur noch als ein subjektives Privatinteresse verstanden wird, dann ist es auch angemessen, daß öffentliche Gottesdienste eingestellt werden wie auch die vielen Fußballfans auf ihren Stadiumbesuch verzichten müssen. Daß die christliche Religion aber nur noch ein Privatbedürfnis ist, daß zeigt auf das bitterste, daß Gott in dieser Religionsauffassung kein wirklicher Gott mehr ist, denn er ist selbst privatisiert worden und hat so mit dem Leben außerhalb meiner Frömmigkeit nichts mehr zu tun: Er ist nur noch dafür da, mir zu sagen: Dich hab ich lieb! 

(vgl mein Buch: Der zensierte Gott) 

 

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