Sonntag, 10. Januar 2021

Prostitution der Kirche? Eine Kirchenpolemik?

(weiterer nachgetragener Artikel; auch ein kleiner Versuch zu Davila, einem der brillantesten Denker der Gegenwart; auch eine Orientieungsskizze zum Verhältnis der Kirche zur Welt)


In der Absicht, der modernen Welt die Arme zu öffnen,öffnet die Kirche ihr die Beine“ . So hart urteilt Davila über die gegenwärtige Kirche. (Nicolas Gomez Davila, Es genügt, dass die Schönheit unseren Überdruss streift...Aphorismen, 2017, S.113), aber kann dem ernsthaft widersprochen werden? Freilich, die Katholische Kirche ist in ihrem Anpassungsprozeß an die moderne Welt noch nicht so gut in ihr angekommen wie der Protestantismus. Aber die Deutsche Bischofskonferenz unter Anleitung des Laien-ZKs initiierte ja nun den „Synodalen Irrweg“, um so Einpassungsdefizite an die Moderne aus dem Wege zu räumen. „Wenn wir erst ganz weltlich geworden sind, dann wird uns die Welt schon anfangen zu lieben- nur, seit wann lieben Freier ihre Prostituierten?

Der Terminus „der modernen Welt“ in diesem Aphorismus legt es nahe, daß die Kirche sich nicht immer so zur Welt öffnend verhielt, ja das Urchristentum macht eher den Eindruck, eine Aussteigergemeinschaft gewesen zu sein. Mit der „alten Welt“, dem „alten Äon“ hatte sie abgeschlossen, es wurde das Ende der Welt in der Wiederkunft Jesu Christi erwartet und so eine neue Erde und ein neuer Himmel. Die Urgemeinde bereitete sich auf den Übergang in diesen „neuen Äon“ vor. Sie missionierte auch, um möglichst viele in die allein rettende neue Arche Noah aufzunehmen. So gehörte eine Spur Weltverachtung zum Wesen der Urgemeinde. So lesen wir im 1.Johannesbrief: Liebt nicht die Welt und was in der Welt ist! Wer die Welt liebt, hat die Liebe zum Vater nicht.“ (2,15) Das,was Gott zum Untergang bestimmt hat, die Welt, das darf und kann ein Christ nicht lieben.

Aber es ereignete sich eine große Wende im Verhältnis der Kirche zur Welt: Die Kirche wollte sie verchristlichen. Die Nächstenliebe gestaltete sich zu dem großen Projekt der Weltumgestaltung um aus Liebe zu den Menschen. Das ist die Idee der Konstantinischen Epoche. (Novalis erfaßte diese Idee in seiner Betrachtung: Christentum oder Europa kongenial.)

Davila resümiert diesen Versuch aber so in einem Aphorismus: „Nachdem sie es nicht erreicht hat, dass die Menschen praktizieren,was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.“ (S.113) Treffender kann man den Wandel der Kirche, anhebend mit dem 2.Vaticanum nicht skizzieren. Erst der gescheiterte Versuch der Verchristlichung der Welt erklärt so die neue Strategie der Welteinpassung der Kirche: von der Weltflucht über die Weltgewinnung zur Weltanpassung, so könnte pauschalisierend der Weg der Kirche skizziert werden.

Das ist gewiß ein sehr dürftiges Orientierungsschema, aber es hilft, das Wesentliche des Weges der Kirche in der Welt wahrzunehmen.


 

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