(Zur Vermarktwirtschaftlichung der Kirche)
Die Ordnung des Gesundheitssubsystemes ist ausgerichtet auf den Wert der Gesundheit. Erkrankte gehen zu einem Arzt, der die Krankheitssymptome des Patienten analysiert, eine Diagnose erstellt und dann die zur Wiederherstellung der Gesundheit notwendigen Schritte festlegt. „Sie haben eine schwere Lebererkrankung; deshalb müssen Sie sofort mit dem Alkoholtrinken aufhören und diese Tabletten einnehmen.“ Auch wenn der Arzt sehr wohl weiß, daß dieser Patient ein Liebhaber des Weines ist, er wird ihm diese bittere Wahrheit nicht vorenthalten, denn das ist seine Pflicht. Es gibt in der Diskursordnung der Gesundheit bittere Wahrheiten, die um des Grundwertes dieser Ordnung, der Gesundheit nicht verschwiegen werden dürfen.
In einem Verbrauchermarkt herrscht nun eine ganz andere Ordnung. Das oberste Ziel ist die Gewinnmaximierung. Ein Produkt, das zum Verkauf in den Regalen präsentiert wird, aber nicht gekauft wird, das wird nach einiger Zeit aus dem Sortiment herausgenommen. Was nicht sich verkaufen läßt, kann nicht zu einem Verbrauchermarktsortiment gehören. Selbst wenn Weinkenner urteilten, daß diese Weinsorte von höchster Qualität sei, würde sie aus dem Regal herausgenommen werden und eventuell durch einen Billigstwein ersetzt, der aber viel gekauft wird. In der Ordnung der Verbräuchermärkte ist die Qualität eines Produktes identisch mit der Häufigkeit seines Verkauftwerdens und der Höhe des dabei erzielten Gewinnes. Ganz anders sieht es in einer Apotheke aus: Der Arzt verschreibt die für den Zweck der Wiederherstellung der Gesundheit nützliche Medikamente, ihre Qualität ist so ihre Nützlichkeit.
Die Kirche ist von ihrem Wesen eine Institution, durch die Gott das Heil an alle Menschen vermitteln will, dazu stiftete und erhält er sie. Darum ähnelt ihre Ordnung der des Subsystemes der Gesundheit. Die Qualität ihrer „Produkte“ ist so die Wahrheit.
Aber die Kirche ist so auch auf die Menschen als Adressaten ihres Wirkens ausgerichtet. Was wir nun seit dem 2.Vaticanum in der Katholischen Kirche wahrnehmen, ist eine Umorientierung der Ordnung der Kirche zu dem Ordnungsmodell des Verbrauchermarktes. Kirchenkritiker stellen eben fest, daß die Produkte und Angebote der Kirche nicht mehr bei ihrer Kundschaft ankommen, sodaß nun eine Angebotsveränderung empfohlen wird.
Analysten stellen fest, daß die Angebote in der Rubrik der Dogmatik, der Glaubenslehre so wenig interessieren, daß man sie ruhig archivieren kann als nicht mehr Verkaufbares. Dagegen stoße die jetzige Morallehre auf heftigste Abneigung und müsse so den heutigen Konsumentenwünschen angepaßt werden. Die Kirche dürfe in den Fragen der Moral nicht etwas lehren, was ihr heutiges Klientel nicht hören wolle.
Nun gibt es aber nicht nur den Einzelkonsumenten sondern auch organisierte Konsumentengruppen: Wenn die Kirche nicht gemäß unseren Wünschen ihre Angebote revidiert, dann drohen wir mit einem Boykott. Besonders einflußreiche Lobbyorganistionen in diesem Sinne sind die feministischen und die homosexuellen Organisationen. Ohne deren Einfluß gäbe es sicher keinen „Synodalen Irrweg“.
Vielleicht ist dies gerade ein Symptom der Postmoderne, daß der freie Markt zu dem Ordnungsmodell für alle Subsysteme heutiger Gesellschaften avanciert. Auch die Produktion von theologischen und moraltheologischen Produkten soll gemäß dem Wert der Verkaufbarkeit, des: Wie kommt das an beim Kunden?, ausgerichtet werden.
Der Konflikt zwischen den wenigen Conservativen und dem linksliberalen Reformlager in der Kirche ist der der Frage nach der Grundorientierung: Versteht sich die Kirche wie eine Arztpraxis oder eher wie ein kundenorientiert agierender Verbrauchermarkt. Es geht so nicht einfach um die Antithese von Theo- oder Anthropozentrismus, es geht um die Frage, steht die Sorge um das Heil des Menschen im Vordergrund oder die, welche Angebote muß die Kirche wie anbieten, um bei vielen gut anzukommen, und isb bei den Mächtigen der Welt, damit die nicht zum Boykottieren der Kirche aufrufen.
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