Montag, 19. Juli 2021

Der Gottesdienst- eine Zeit der Erholung und Entspannung??


Ja, das gestrige Sonntagsevangelium hat es in sich: Jesus beklagt das Schicksal der Menschen, daß sie wie eine Herde ohne Hirten sind. (Mk 6.30-34) Darum „lehrte er sie lange.“ (34). Nur paßt diese Aussage nun ganz und gar nicht mehr in das zeitgenössische Christentumsverständnis, denn erstens bedarf da der mündige Christ keiner Belehrung und zweitens schon gar nicht eines Hirten, denn als Mündig-Aufgeklärte regiert er sich doch selbst. Aber noch fataler: Hier wird doch das Eigentliche des christlichen Glaubens ganz verkannt, daß im Zentrum die persönliche Begegnung mit Jesus steht, daß dieser Begegnung der Glauben an ihn als: „Dir vertraue ich“ entspringt. Nicht verkündete Jesus irgendwelche Lehren oder gar noch schlimmer theologische Dogmen, denn er selbst und nur er selbst ist ja die Botschaft. Wir dürfen jetzt an die wunderbare Begegnungsszene des Filmklassikers „Cassablanca“ denken: „Schau mir tief in die Augen, Kleines!“

Dieser Augenblick, da wurde der wahre Glaube lebendig: „Dir vertraue ich!“ Bedauerlicherweise verfälschte dann die Kirche auch dank einer eifrigen Zuarbeit von Theologen dann dieses wunderbare reine Vertrauensverhältnis: „Dir und nur Dir vertraue ich!“ in ein dogmatisches Lehrsystem, in dem die Persönlichkeit Jesu ganz unterging. Dabei hat Jesus doch nie etwas gelehrt, sondern nur in Begegnungen Menschen erleben lassen: „Ich bin es!“Aber was macht man als Prediger dann mit diesem am Eigentlichen schon so Vorbeigeschriebenem, denn offenkundig hat der Evangelist Markus schon Jesus völlig verzeichnet, indem er schrieb: Jesus habe gelehrt? Wie sehr dieser Evangelist schon danebenlag, beweist er ja gleich am Anfang seines Evangeliumes: „Und sie staunten über seine Lehre (doctrina),denn er lehrte sie wie einer, der Macht hat.“ (1,22)

Kommt und ruht ein wenig aus!“ (Vers 11) rettet da regelmäßig die Predigt.“Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder, wir sind hier, um auszuruhen von den Anstrengungen der Arbeitswoche.“ Der Gottesdienst dient also unserem Ausruhen, Auftanken, Sichbesinnen, um dann erholt sich wieder dem Alltagsleben zuzuwenden. Ja überhaupt: Nur wer sich Pausen gönnt, abschalten kann, der kann dann, wenn es wieder nötig ist, konzentriert arbeiten. Der Gottesdienst dient also unserer Erholung.Aber so spontan geurteilt: Ist ein geselliger Frühschoppen bei Weißwurst und einer Maß Bier nicht weit erholsamer, oder ein sonntäglicher Frühspaziergang oder ein ausgiebiges Frühstück? Warum in der Kirche sich erholen und entspannen?

Aber noch verwirrender: Seit wann entspannt sich ein Diensttuender in seinem Dienst? Halten wir uns den Dienstberuf schlechthin, den Butler vor Augen: Er dient und damit ist seine ganze Berufstätigkeit schon allumfassend erfaßt. Ist es vorstellbar, daß ein Butler sagt: „In meinem Dienst erhole und entspanne ich mich“?Aber wenn die Gemeine in der Kirche versammelt Gott dient, dann soll das für sie eine Entspannung und Erholung sein? Das ist absurd. Aber wahrscheinlich provoziert diese Aussage nur die Behauptung, daß der Gottesdienst gar kein Dienst an Gott sei, daß er aber auch seiner Gemeinde da nicht diene, sondern daß der Pfarrer mit seinem Team für die Gemeinde etwas Entspannendes und möglichst auch Unterhaltsames zu inszenieren habe.

Besucher stellten dann aber regelmäßig fest, daß ihnen der Gottesdienst nichts brächte und so sank die Gottesdienstbeteiligung in Deutschland auf 9 Prozent der Katholiken vor der Coronaseuche. Das Gebotene ist wohl doch nicht so entspannend und unterhaltsam, wie es in den Predigten zu diesem Text verkündet wird. Nur, wie kann ernsthaft gemeint werden, daß ein Dienst etwas Entspannendes und Auffrischendes sei? Ganz vorkonziliar Gestimmte sagen sogar, daß die hl. Messe etwas für unser Heil Notwendiges sei. Kann etwas Heilsnotwendiges wirklich eine Entspannungs- und Ausruhveranstaltung sein?

In den nachkonziliaren Zeiten ist einfach das Verständnis für das Wesen der hl. Messe verloren gegangen, sodaß sie nun gar als Erholungs- und Entspannungsveranstaltung angepriesen wird. Nur erholen kann ich mich, fast jeder wohl besser bei einem wohlschmeckenden Sonntagsfrühstück oder in einem sommerlich gestimmten Biergarten.

 

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