Sonntag, 25. Juli 2021

Europa- oder der Mythos von der westlichen und christlichen Freiheit



Die Europäische Union im Verbund mit der NATO, Beides steht für die Verteidigung der westlichen Freiheit gegen die Bedrohung durch den sowjetischen Bolschewismus. War Stalin noch bis 1945 ein geschätzter Bündnisparter gegen das Hitler-Deutschland, wendete sich das Blatt schnell nach 1945: Die Sowjetunion stieg auf zu dem Feind der Freiheit, ganz Westeuropa schloß sich zusammen unter der Führung des freiheitlichsten Landes des Welt, um der kommunistischen Gefahr etwas entgegenzusetzen. Die bis jetzt Europa bestimmenden Differenzen zwischen den einzelnen europäischen Staaten verschwand im gemeinsamen Abwehrkampf gegen den Osten.

Aus kirchlicher Sicht war die Lage ebenso klar: Der Osten stand für den kommunistischen Atheismus, der Westen für eine an dem Christentum orientierten Wertegemeinschaft der Freiheit und der Liberalität. So einfach läßt sich die Lage Europas von 1945 bis 1989 zurechtlegen.

Läßt dies Schwarz-Weiß-Schema noch einen Platz über für kritische Anfragen? Wenn die Westeuropäische Wertegemeinschaft die Westeuropas war zur Abwehr des Ostens, warum nannte sie sich „europäisch“, wenn in ihr doch nur westeuropäische Staaten wirkten? Warum galt die USA als außereuropäische Macht als die politische und ökonomische Kraft dieser Wertegemeinschaft, während so ureuropäische Mächte wie Rußland, Ungarn und Polen plötzlich nicht mehr zu diesem Europa zählten? Spricht das nicht eher für ein expansives, denn passives Konzept, daß eben alle europäischen Staaten des Ostens in dies Westeuropa integriert werden sollten. Stalin war es aus seiner Sicht gelungen, viele osteuropäische Länder und auch ein Teil Deutschlands in sein ideologisches System zu integrieren, aber es mußte ihm klar sein, daß in keinem dieser Länder die frisch etablierten sozialistischen Regierungen in den jeweiligen Völkern wirklich akzeptiert wurden. Aus Stalins Sicht mußte so die Stabilisierung des jetzt Erreichten im Vordergrund stehen, sodaß aktuell eine weitere Expansionspolitik nicht auf seiner Tagesordnung stand. Dazu paßte es dann auch, daß er Westdeutschland 1953 den Rückzug der russischen Truppen aus der DDR anbot, um eine Wiedervereinigung Deutschlands als neutralen Staat zwischen dem Westen und dem Osten anbot. Das spricht nicht gerade für eine Expansionsstrategie. Westeuropa schien viel eher auf die Expansion gen Osten zu setzen. Ein reines passives Verteidigungskonzept war so weder die NATO noch die EU.



Aber verteidigte nicht der freie Westen das Christentum gegen den kommunistischen Atheismus? Ein Phänomen muß nun aber so den christlichen Beobachter irritieren: Wenn es noch in Europa christlich geprägte Länder gibt, in denen die Kirchen nicht am Absterben sind, dann sind das Polen und Rußland und jetzt auch Ungarn, dessen Regierung sich die Verteidigung der christlichen Kultur zu ihrer Aufgabe gemacht hat. War denn nun der freie Westen der Hort einer an christlichen Werten orientierten Gemeinschaft im Abwehrkampf gegen den Sozialismus? Wie erklärt sich dann aber, daß jetzt die EU die Entchristlichung Europas so forciert vorantreibt durch die konsequente Begünstigung der Einwanderung von Muslimen in Europa, durch die Proklamation des Rechtes auf die Kindestötung im Mutterleib als Menschenrecht durch das EU-Parlament und durch diverse die Homosexlobby fördernden Maßnahmen. Ungarn avanciert jetzt zum Unrechtsstaat, weil es seine Kinder von Homopornographie und Polen, weil es das Leben der Ungeboren schützen will.

Könnte es sein, daß der West-Ost Konflikt gar nicht der zwischen kommunistischem Atheismus und einem christlich geprägten freiheitlichen Westen war, sondern der zwischen autoritär regierten Ländern mit liberalistisch regierten?

Ist es dann selbstverständlich, daß die Katholische Kirche auf Seiten des Liberalismus zu stehen hat? Ist die Zurückdrängung der Kirche in die Privatsphäre, der in Religionsfragen indifferente Staat, der Glaube, daß Staaten am besten regiert werden, wenn auf die Politik die christliche Religion keinen Einfluß hat, für die christliche Religion Selbstverständlichkeiten? Ist die westliche Freiheit, so wie sie der Liberalismus ausbuchstabiert, wirklich auch die christliche Freiheit?Wird dabei nicht völlig verdrängt, daß die Französische Revolution zutiefst antichristlich inspiriert war und daß auf dieser Revolution die westliche Wertegemeinschaft fundiert ist? Der große Revolutuionsführer Robespiere und nicht erst Lenin bekämpfte die christliche Religion, indem er die christliche Religion durch die Verehrung der Göttin Vernunft surrogieren wollte.

Und für uns Deutsche stellt sich die Frage so: Gehört denn Deutschland wirklich zur westeuropäischen Kultur, die nun sich anheischig macht, die ganz Europas zu werden? Eingedenk des Thomas Manns Essays: „Betrachtungen eines Unpolitischen“, dem Besten, was je ein Deutscher über uns schrieb, sind hier viele Fragezeichen erlaubt! Westlich wurden wir, weil der Westen uns 1945 besiegte und weil nach 1989 dann auch der ostdeutsche Staat in den Westen integriert wurde und weil 1953 (die sogenannte Stalinnote) eine CDU Regierung die Chance, daß wir wiedervereint in die Mitte Europas zurückkehren konnten, leichtfertig verspielte.



 

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