Montag, 5. Juli 2021

Kurz und bündig: Der Priester ist zum Dienen, nicht zum (Be)Herrschen da!

(zum Anthropozentrismus in der nachkonziliaren Kirche)

Sehr oft seit dem Bekanntwerden der Mißbräuchsfälle in der Katholischen Kirche wird diese Parole angestimmt. Der klerikal sich gebende Priester wird so zu der Negativfolie, der das Bild des guten Pfarrers als ein den Menschen Zugewandter und für sie Daseiender gegenübergestellt wird. Das klingt gut, aber es frägt sich doch, wem denn das Priesteramt dient. Die Antwort fällt eindeutig aus und provoziert so fast unerträglich: Ein Priester dient dem dreifaltigen Gott, indem er ihm zur Ehre die hl. Messe zelebriert und Gott das Meßopfer darbringt. Erst in zweiter Linie dient das Priesteramt der Gemeinde und den Einzelnen.

In der christlichen Theologie erwirkt aber die traditionelle Vollkommenheitslehre Gottes ein beachtliches Problem: Wie kann denn überhaupt einem so vollkommenen Gott, der sich selbst vollkommen genügt, noch gedient werden? Es liegt nahe, daß so spätestens im Geiste der Aufklärung das kirchliche Wirken und somit auch das des Priesteramtes rein auf den Menschen bezogen gedacht wird. Die Kirche teilt das von Jesus Christus am Kreuze gewirkte Heil durch die Predigt und die 2 Sakramente der Taufe und des Abendmahles aus, lehrte schon Luther ganz anthropozentristisch. Konsequenterweise schuf er dann ja auch das Priestertum ab, um es durch das Amt des Gemeindebelehrers zu ersetzen. Für Luthers Kampfgefährten Melanchthon bestand so die Kirche aus 2 Ständen: dem Lehrstand und den Zubelehrenden.

Dieser Anthropozentrismus setzte sich so zuerst in der Reformation durch und wurde durch den Geist der Aufklärung noch verstärkt. Der große Aufklärer Kant schrieb es nicht nur den Protestanten in ihr Lehrbuch: Ein vernünftiger Gottesdienst könne allein nur im Streben nach Sittlichkeit bestehen. Der Pfarrer habe mit seinen Gottesdiensten dem zu dienen und nicht Gott; das verurteilt Kant als „Afterdienst“ in seiner Schrift über die Religion in den Grenzen der bloßen Vernunft.

Nachkonziliar hat sich wohl weitestgehend die Katholische Kirche dieser Vorstellung des alleinigen Menschendienstes unterworfen. Deshalb gilt ja in der nachkonziliaren Kirche der Begriff des „Meßopfers“ als Unwort, ja man spricht kirchlich korrekt nur noch von „Mahlfeiern“. Dem korreliert, daß selbst wenn das Allerheiligste ausgesetzt ist, der Pfarrer mit dem Rücken zur Monstranz zur Gemeinde hin die Gebete spricht - die Gemeinde und nicht der dreifaltige Gott fungiert so als der Adressat des Betens.

Das Priesteramt diene also gar nicht Gott sondern sei ein reines Dienstamt, das sich an den Menschen orientiere.

Aber wie wird nun den Menschen gedient? Einst bestieg der Pfarrer die Predigtkanzel, um dann von „Oben“ her dem Kirchenvolke die Wahrheit zu verkünden. Ein Brückenbauer war er, indem er durch seinen Dienst von Gott her kommend die Wahrheit der Hörergemeinde nach unten hin vermittelte.

Nachkonziliar blieben die Predigtkanzeln leer, der Prediger fast in Augenhöhe mit der Gemeinde stehend legt nun das Evangelium für sie aus. Belehrt er sie noch, verkündet er noch die Wahrheit oder bezeugt er in seiner Predigt nur noch seinen persönlichen Glauben, etwas rein Subjektives? Er soll ja nur noch der Gemeinde dienen, sie begleiten- wie man heutzutage so gerne formuliert - und somit belehrt und führt er sie nicht mehr. In dem den Menschen „Dienen“ steckt ein Moment der Subordination, der Pfarrer hört so auf, ein Mittler zwischen Gott und dem Menschen zu sein, er wird zu einem Diakon der Menschen, denn ihnen allein hat er zu dienen. Einfacher formuliert: Der Pfarrer ist eine Servicekraft für das Gemeindeleben. Als solcher läßt er sich natürlich von der Gemeinde, ihren Wünschen und Interessen führen, er subordiniert sich so der Gemeinde. „Was wir nicht hören wollen, das darf der Pfarrer nicht mehr sagen!“ lautet dann die 1.Dienstanweisung an ihn. Da die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen sich im Laufe der Zeiten ändern, muß dann eben auch der Pfarrdienst sich dem anpassend wandeln. Wenn die Gemeinden also Frauen als Pfarrerin sehen wollen, muß das die Kirchenleitung akzeptieren, denn das gehört zu einer Serviceausrichtung der Kirche genauso notwendig dazu wie daß die Gottesdienste unterhaltsam für die Gemeinden zu gestalten sind.

Aus dem Vermittler zwischen Gott und der Gemeinde, dem priesterlichen Amt wird so eine Servicekraft im Dienste an der Gemeinde, die sich normativ an den Wünschen der Gemeinde auszurichten habe. So regiert in der Kirche weder Gott noch sein Vermittler, der Priester sondern allein die Gemeinde. Das ist dann die Stunde der organisierten Laiengemeinschaften der Kirche, die nun die systematische Parlamentarisierung der Kirche, auch als „Synodalisierung“ bezeichenbar, vorantreiben will, damit die Kirche ein reiner Servicebetrieb für ihre potentiellen Kunden wird.


Zusatz:

Es wäre wirklich notwendig, die klassische Vollkommenheitslehre Gottes zu prüfen, ob hier wirklich Gott noch als lebendiger Gott gedacht wird, oder ob er nicht an seiner Vollkommenheit stirbt, mehr einem toten als einem lebenden Sein gleicht.

 

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