Dienstag, 21. Februar 2023
Skandalös, nicht zumutbar: Solange wir in unserem Körper weilen, sind wir fern von Gott
Skandalös, nicht zumutbar: Solange wir in unserem Körper weilen, sind wir fern von Gott
Wie konnte der Apostelfürst Paulus nur der korinthischen Gemeinde und dann als Leser seines Briefes auch uns nur das schreiben: „Wir sind also immer zuversichtlich,auch wenn wir wissen, daß wir fern vom Herrn in der Fremde leben, solange wir in diesem Leibe zu Hause sind.“(2.Kor 5,6)
Der Leib ist tatsächlich ein entscheidendes Thema der Theologie des Paulus. Er entfaltete seine Lehre im 1.Korintherbrief 15,35-58, und er setzt die Explikation im 2.Korintherbrief fort im 5.Kapitel. Im Hintergrund dürfte wohl die Weisheit 9,15 stehen: „denn der vergängliche Leib beschwert die Seele,und das irdische Zelt belastet den um vieles besorgten Geist.“ Oppositionell stehen sich hier Leib und Seele bzw das irdische Zelt und der Geist gegenüber. Das ist der Gegensatz von dem Vergänglichen und dem Unvergänglichen. Der Leib und das irdische Zelt stehen hier so als die stofflichen Träger der Sorge um Irdisches der Seele bzw dem Geist als der Sorge um das Unvergängliche gegenüber. Dem um das Unvergänglich besorgten Geist widerstreitet so der Leib mit seinen Sorgen.
Das wäre somit eine anthropologische Grundlegung eines innermenschlichen Konfliktes der Ausrichtung auf das Irdisch-Vergängliche mit der Ausrichtung auf das Ewige. Der Christ richtet sich nicht auf das Sichtbare sondern auf das Unsichtbare aus, „denn das Sichtbare ist vergänglich, das Unsichtbare ist ewig.“ (2.Kor 4,18)Dieser Dualismus prägt nun die paulinische Anthropologie. Der Mensch ist leiblich-vergänglich und seelisch-unvergänglich. Paulus modifiziert nun aber diesen einfachen Dualismus, indem er nun einen weiteren einführt, den des irdischen und den des nichtirdischen Leibes. „Gesät wird ein irdischer Leib,auferweckt ein überirdischer Leib.“(1.Kor 15,44). Der irdische Leib,weil er irdisch ist, ist vergänglich und nur der überirdische ist somit unvergänglich.
Die Pauluskritiker urteilten, daß es keine leibliche Auferstehung geben könne und daß so auch Jesus Christus nicht leiblich auferstanden sein könne, da die Leiblichkeit notwendigerweise das Wiedersterbenmüssen in sich trägt. Paulus insistiert dagegen auf der Bedeutung der Leiblichkeit für das Menschsein, gibt aber seinen Kritikern recht, daß der uns bekannte irdische Leib vergänglich ist und so nicht an einem ewigen Leben partizipieren kann. Gott wird so den Verstorbenen einen anderen überirdischen Leib geben, mit dem er die sonst nackte Seele bekleidet. Die Seele wird mit einem himmlischen Haus überkleidet. (2.Kor 5,2) Anders verhielte es sich mit denen, die lebten, wenn Jesus Christus wiederkommen wird zu richten die Lebenden und die Toten.Der Leib der da Lebenden wird verwandelt werden in einen himmlischen. (1.Kor 15,51)
Das theologische Denken des Paulus ist ein strikt dualistisches. So ist für ihn der Himmel die Heimat des Menschen und die Erde der Ort seines Exiles. Zu dieser Exilsexistenz gehört der irdisch-vergängliche Leib, und zu der himmlisch- unvergänglichen Existenz so der himmlische Leib. Die menschliche Identität, daß der Paulus, der auf der Erde lebte, auch der ist, der nun im Himmel ist, garantiert die Seele, die von ihrer Natur aus unvergänglich ist.
So ist in dieser Anthropologie es evident, daß solange ein Mensch in seinem irdischen Leib auf Erden wandelt, er fern von seiner Heimat, dem Himmel lebt. Damit er da aber auch ewig leben kann, stattet Gott ihn mit einem unvergänglichen himmlischen Leib aus.
Die christliche Religion lebt tatsächlich aus einem solchen metaphysischen Dualismus. Er ist schon grundgelegt durch die mythologische Erzählung vom Fall des Menschen aus dem Paradies durch seine Sünde. Dem Paradies mit den Ureltern aller Menschen stehen die gefallenen Menschen in ihrer außerparadiesischen Existenz auf der Erde gegenüber. Sie sind nun die exilierten Kinder Evas und Adams, die so fern ihrer Heimat leben müssen. Die Sehnsucht nach der verlorenen Heimat macht so den Charakter jeder Erlösungsreligion aus, daß Jesus Christus uns heimholt, das spezifisch Christliche. So gehört dieser paulinische Skandal konstitutiv zur christlichen Religion, anthropologisch fundiert. Das Problem aber, daß zusehens ein rein materialistisches Menschenverständnis sich in der Kirche eingeheimatet hat, daß er nur körperlich-irdisch sei ohne eine unsterbliche Seele, sodaß er auch nur auf Erden beheimatet sein könne.
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