Samstag, 17. Februar 2024

Verprotestantisierung der Katholischen Kirche- wird da etwas übersehen?

Verprotestantisierung der Katholischen Kirche- wird da etwas übersehen?


In einer kleinen aber bedenkenswerten Erwägung von G. Lukacs zur Verhältnis-bestimmung zwischen der Magie und der Religion (G. Lukacs,Die Eigenart des Ästhetischen, Bd 1, S.199) findet sich diese Anmerkung: „erst im Calvinismus ist ein ernster Versuch entstanden,die Überreste der Magie radikal zu liquidieren.“ Vielleicht ist die These einer Verprotestantisierung der Katholischen Kirche etwas ungenau, übersieht sie die Differenzen im Protestantismus etwa zwischen der lutherischen und der calvinistischen Theologie. Wenn im innertheologischen Diskurs von der Magie geschrieben wird, dann meint man damit in der Regel nämlich nicht Magie im religionswissenschaftlichen Sinne, sondern als eine polemische Formel wider ein sakramentalistisches Verständnis der Eucharistie und der Taufe, aber auch der Glaube daran,daß Gott Gebete erhören könne, kann als „magisch“ desavouiert werden.

Karl Barths Theologie könnte man so im Sinne Lukacs als die reformierte Theologie bezeichnen, die dieser Ausmerzung alles Magischen am besten entspricht. Er wollte die Sakramente, die letzten 2, die die Reformation noch übriggelassen hatte, entsakramentalisieren, indem er sie in den Bereich der Ethik verordnen wollte. In seiner „Kirchlichen Dogmatik“ dekonstruierte er das Sakrament der Taufe, die Dekonstruktion der Eucharistie gelang ihm nicht mehr, seine „Dogmatik“ blieb unvollendet. Seine Hauptthese: Die Sakramente vermitteln nichts sondern sind Antworthandlungen auf das uns objektiv gegebene Heil und gehören so in die Ethik. Magisch wäre dann die Vorstellung, daß Gott durch Medien das Heil vermittele, denn damit schriebe man den Medien, den Sakramenten etwas zu, was Gott allein zukäme, Heil zu wirken.

Die Kirche und insbesondere auch der Gottesdienst vermittelt so nichts sondern stellt nur dar, was uns Menschen gälte. Das Heil wird dabei so sehr verobjektiviert, das es als allen geltendes verstanden wird unabhängig von der subjektiven Er- und Anerkenntnis. Barth bezeichnet so Barrabas gern als den ersten durch Christus Erlösten, denn der wurde freigelassen, weil Jesus Christus gekreuzigt wurde. Er sei gerettet, eben rein objektiv, wohingegen wir Christen das auch glauben, was uns rein objektiv gälte. Barth kann das auch so formulieren: Weil Jesus der am Kreuz von Gott Verworfene sei, sei er der einzig Verworfene, sodaß kein anderer Mensch noch ein von Gott Reprobierter sein könne. Das ist eine modernisierte Version der calvinistischen Prädestinationslehre, daß Got von Ewigkeit her bestimmt hat, wer als Erwählter in das ewige Leben eingehen wird und wer als Verworfener es nicht könne. Das bedeutet aber nun für den Empfang der Sakramente, daß nur der zum Heil Erwählter sie zum Heile empfangen könne, der Nichterwählte aber nicht. So entscheide allein Gottes Erwählen, wer das Heil erlangt und wer nicht. Genau dieses „Allein“ der calvinistischen Erwählungslehre schließt jede Möglichkeit aus, daß durch ein menschliches Mitwirken das Heil erwirkt oder vermittelt werden könnte. Das ist das, was Lukacs hier unter dem Begriff der Magie subsumiert als durch die calvinistische Theologie Überwundenes.

Diese ursprüngliche calvinistische Prädestinationslehre modifizierte Barth nun so, daß nur Jesus Christus der von Ewigkeit her Verworfene sei, damit alle anderen als Erwählte gerettet werden. Jesus starb am Kreuz den Tod des Verworfenen, damit kein anderer diesen Tod mehr zu sterben bräuchte. Somit sind alle Menschen von Gott Bejahte. Darin trifft sich nun diese Theologie mit der Menschenrechtsideologie, des Glaubens an den absoluten Wert jedes Menschen und seiner unveräußerlichen Rechte. Die versimplifizierte Version besagt dann nur noch: Von Ewigkeit her liebt Gott jeden Menschen und hat sein Ja zu jedem Menschen dann uns endgültig durch Jesus offenbart. Das Evangelium verkündet so nur noch, was unabhängig von dem Glauben an es jedem gilt. So bedarf es keinerlei Art von einer Heilsvermittelung, sondern nur noch eines Erkennens der Wahrheit.

Das wäre dann die endgültige Überwindung jeder Art von Magie in der Kirche, wenn unter der Magie tatsächlich verstanden würde, daß das Heil durch kirchliche Handlungen zu vermitteln sei. Der Glaube an so Heilsvermittelndes wäre dann eine magische Vorstellung, ja machte die Magie aus. Stattdessen wirke Gott allein das Heil, calvinistisch ausgedrückt durch sein ewiges Prädestinieren allein. Da diese Vorstellung nun so leicht anschließbar ist an die Menschenrechtsideologie, reüssierte sie sowohl im Protestantismus wie auch in der Katholischen Kirche trotz ihrer spezifisch calvinistischen Herkunft in deren Erwählungslehre. Die Verprotestantiierung der Katholischen Kirche ist so genauer gesehen eine Vercalvinisierung, wenn man dabei die Umformung der calvinistischen Prädetinationslehre durch Karl Barth berücksichtigt mit ihrer Vermengelung mit der Menschenrechtsideologie.

Die vulgärisierte Version der Taufe: Gott liebt dies Kind und als Zeichen dieser Liebe wird es nun getauft, zeigt, wie diese Melange aus der calvinistisch-barthianischen Prädestinationslehre und der Menschenrechtsideologie sich in der kirchlichen Praxis manifestiert: Jeder Mensch sei ein Bejahter und die Taufe soll uns nur noch daran erinnern, daß es so sei und so auch diesem Kinde gälte.

 

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