Freitag, 4. November 2022

"Esau aber habe ich gehaßt", spricht Gott. Unzumutbares in der hl. Schrift?

„Esau aber habe ich gehaßt“, spricht Gott. Unzumutbares in der hl.Schrift Der Apostelfürst Paulus schreibt es so in seinem Traktat über Gottes Verhältnis zu dem jüdischen Volke in seinem Römerbrief, 9-11. Bevor Jakob und Esau Gutes oder Böses tuen konnten als ihnen anrechenbares Tuen entschied Gott, daß der Ältere dem Jüngeren zu dienen habe, ihm so untertan zu sein habe, denn: „Jakob habe ich geliebt,Esau aber habe ich gehaßt.“ (Röm 9,13) Gottes Lieben und Hassen sei so seine ganz und gar freie Entscheidung, daß Gott souverän erwählt, wen er will und daß repobiert, wen er will- nicht nach Werken, sondern es sei Gottes freie Gnadenwahl. Damit konfrontiert uns dieser Text mit einem der dunkelsten Mysterien Gottes, das Geheimnis seines Erwählens und Verwerfens. Dem Jesuiten A.Arndt war schon in vorkonziliarer Zeit das zuviel und so interpretierte er in seiner Vulgataausgabe diese paulinische Aussage so um: „Das Wort hassen wird in der heil.Schrift bisweilen vergleichsweise oder die Liebe verneinend genommen,besonders wo es dem Worte lieben gegenübergestellt wird, und bedeutet nicht eine eigentliche Abneigung,sondern eine geringere Zuneigung,einen geringeren Grad von Liebe“. Diese Deutung widerspricht sich nun aber offenkundig selbst, denn wenn das Hassen dem Lieben in der hl. Schrift gegenübergestellt wird, dann kann der Haß nicht eine geringere Liebe bedeuten. Ein geringerer Grad an Liebe ist eben nicht das Gegenteil von einem Geliebtwerden. Schon in vorkonziliareren Zeiten empfand so mancher Bibelleser Aussagen der Bibel als so skandalös, daß er sie weginterpretieren wollte und manchmal verliefen dann solche Versuche so armselig wie dieser jesuitische. Aber damit stehen wir immer noch vor dieser skandalösen Aussage des Apostelfürsten. Dabei ist davon auszugehen, daß die hl. Schrift keine Falschaussagen über Gott enthält- in diesem Punkte jedenfalls ist sie als irrtumsfrei anzusehen. Wie kann so von Gott ausgesagt werden, daß er von 2 Kindern das eine liebte und das andere haßte, wenn er sie schon liebte bzw haßte, bevor sie Taten vollbrachten ob derer er sie liebte oder haßte? Daß Gott von Anfang an ein Kind liebt, diese Aussage ist dem modernen Christen so geläufig geworden, denn das wird ja heutzutage in fast jeder Taufe so verkündet: „Dies Kind wird getauft als ein Zeichen dafür, daß Gott schon zu ihm sein „Ja“ gesagt habe“, daß sie gar nicht mehr auffällt. Aber daß Gott von Anfang an ein Kind haßt, das kann doch nicht wahr sein! Gott hasse doch überhaupt nicht, nein, das könne er gar nicht, weil er doch nur die reine Liebe sei. Vielleicht ist eben Paulus Römerbrief nicht das Beste der Bibel, steht in ihm doch schon gleich am Anfang: „Denn es offenbart sich der Zorn Gottes vom Himmel“(Röm 1,18). Weder hasse Gott noch zürne er. Nur, woher weiß das der moderne Christ? Aus der hl. Schrift wenigstens nicht! Denn da wird von Gottes Zorn und gar von seinem Haß geschrieben. Für diese so anstößige Aussage des göttlichen Hasses gibt es aber eine theologische Erklärung, eine, die aber in der nachkonziliaren Kirche völlig verdrängt worden ist. Bevor ein Mensch sündigen kann und auch sündigt, ist jeder im Urteile Gottes schon ein Sünder. Der Beweis: Jeder ist von seiner Geburt an zum Sterbenmüssen verurteilt. Dieser Tod ist nun der Sünde Sold, es gehört nicht zur Natur des Menschen, sterben zu müssen, sondern Gottes Gerechtigkeit verurteilt den sündigenden Menschen dazu. Wie kann Esau aber schon von seiner Empfängnis an ein Sünder sein im Urteile Gottes, wenn er doch noch gar keine Sünde begehen konnte, wie Paulus hier ausfrücklich es formuliert? Paulus gibt uns in dem Römerbrief selbst dazu die Antwort, indem er von Adam, dem ersten Menschen schreibt: „in quo omnes peccaverunt“ = in welchem alle gesündigt haben. (Röm 8,12). Auch das Kind Esau hat so in Adam schon gesündigt! Das ist die Substanz der sog. Erbsündenlehre, ohne die diese Aussage über das Kind Esau unbegreiflich bleiben muß! Das „in quo“ ist nun allerdings eine der schwerst verständlichen Aussagen des Römerbriefes. Erasmus von Rotterdamm ist dabei als der Vater der modernistischen Auslegung anzusehen, indem er gegen den hl. Augustin schrieb: weil wir alle wie Adam sündigen. Dies Nachahmungsverständnis kann aber nicht erklären, warum jeder Mensch von seiner Geburt an dem Sterbenmüssen unterworfen ist, denn da der Tod der Sünde Sold ist, müßte er nur sterben, wenn und seit dem er gesündigt hat. Aber Kinder sterben schon, bevor sie eigenverantwortlich gesündigt haben. Die Universlität der Sünde ist so schon gar nicht mehr begreifbar, denn sündigten wir nur kontingent, warum sollte dann wirklich jeder sündigen, könnte er dann doch in der Kraft seines freien Willens auch das Sündigen unterlassen. Ein Erklärungsversuch des „in quo“: Jeder Mensch ist ein Exemplar des Menschseins, er ist nur ein Individuum, insoweit er sich von allen anderen Menschen unterscheidet. Aber er ist auch wie jeder Mensch, nur da er an dem allgemeinen Menschsein partizipiert, ist er ein Mensch, ein Fall des Menschseins, ein individuiertes Menschsein. Adam ist nun nicht einfach ein Mensch, der erste in der Serie der Menschen, sondern der Mensch. Gott konzipierte ihn als Freiheit, (vgl dazu philosophisch: Pico della Mirandola), das heißt, der erste Mensch bestimmte durch seine Urtat das Wie des Menschseins. Diese intelligible Tat (Kant) modifizierte die Natur des Menschen, die nun zu der Natur des gefallenen Menschen wurde. Das Menschsein geht so dem individuierten Menschsein voraus. Der Mythos vom Sündenfall erzählt diese vorgeschichtliche Tat, durch die das Menschsein sich selbst als eins zur Sünde entwarf. Indem jeder Einzelmensch am allgemeinen Menschsein partizipiert, ist die Sünde Adams die seinige, wie eben die Natur des Menschen seine ist, sonst könnte er kein individuiertes Menschsein sein. Der ideele Mensch Adam individuiert sich anders formuliert in der Vielzahl seiner Abbilder, der vielen wirklichen. Weil so jeder Mensch ein erbsündlicher ist, ist Gottes Zorn über jeden Menschen. Gott erwählt nun einige, denen er um des Heilswerkes Christi von dieser Erbsünde befreit, wie etwa Maria oder der sie ihnen nicht zur Sünde anrechnet. Das ist Gottes freies Erwählen, von dem Paulus hier im Römerbrief schreibt. Er hat so Jakob erwählt. Das ist Gottes Gnade, aber diese Gnade ist nicht etwas, worauf der Mensch einen Anspruch anmelden könnte: Gott müsse ihn, weil er sein Geschöpf sei, begnaden. Gottes Gnadenwahl, warum erwählte er Jakob und warum erwählte er nicht Esau muß aber ein göttliches Mysterium bleiben, weil Gott frei erwählt.

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