Donnerstag, 10. November 2022

Menschlich-Allzumenschliches: Handeln wir irrational?

Menschlich-Allzumenschliches: Handeln wir irrational? Vor einiger Zeit,irgendwo in Deutschland: eine Dönerimbißbude, davor prunkte ein Werbeplakat: „Döner macht schöner!“ Glaubt der Inhaber dieses Imbisses wirklich, daß seine Kunden, essen sie dieses Gericht, dadurch schöner werden und meinen die Kundenin, daß sie wirklich schöner durch den Verzehr eines Döners werden und Männer attraktiver? Wer nun diesen kreativen Werbesloganeinfall hervorgebracht hatte, glaubte der wenigstens an die Wahrheit dieser Verheißung? Niemand glaubt so, aber trotzdem gehen der Erfinder und der Imbißbesitzer davon aus, daß diese Verheißung erfolgreich sein wird, daß Stammkunden bei der Stange bleiben und wohl auch Neukunden so gewonnen werden können. Wie erklärt sich diese Erfolgserwartung? Warum wird etwas „geglaubt“, das so unglaubwürdig ist, daß es keiner wirklich glaubt? Lesen so nicht viele auch ihr tägliches Horoskop? Slavoj Zizek erzählt immer gern diese Begebenheit: Ein Mann befestigt ein Hufeisen an seiner Außentüre, befragt, ob er denn an eine positive Wirkkraft eines solchen Hufeisens glaube, respondiert der: „Nein, aber es soll helfen, auch wenn man nicht daran glaubt.“ Darf man den Verdacht hegen, daß so auch mancher vor einem Marienaltar eine Kerze entzündet? Galilei soll, schenkt man zumindest Berthold Brecht Glauben schenkt, einen großen Sieg errungen haben, als er die Welt aufklärte: Die Erde ist keine Scheibe, über die die Sonne auf- und untergeht. Dann erfand der Aufgeklärte den Photographieapparat, erklettert Bergspitzen, um dort den Sonnenaufgang und ihren Untergang zu photographieren. Der Bildbeweis ist überwältigend: Da geht die Sonne auf! Früge man nun dieses Photoenthusiasten, wo denn die Sonne geweilt hätte, bevor sie aufging, man würde nur eine völlige Verständnislosigkeit zur Antwort bekommen. Gerade noch in ganz in einem voraufklärerischen Weltbild verhaftet, in dem die Sonne noch auf- und unterging, erklärt er nun, daß der Planet Erde doch um die Sonne kreise und so nicht aufgehen könne. Aber er habe doch den Sonnenaufgang photographisch dokumentiert, etwas, was es nicht geben kann. Sind das nun nur kleine Abweichungen des Vernunftmenschen, oder offenbart sich hier, daß wir Menschen doch im Leben nur sehr sparsam unsere Vernunft gebrauchen? Es sei an Wesentlicheres erinnert: Eine Frau liebt einen Mann, diesen einen und nur ihn. Warum liebt sie diesen? So sehr die Liebende diese Frage auch durchdenken und durchgrübeln mag, nie wird sie eine wahre Antwort auf diese Frage finden können. Schon das Phänomen einer Sympathie auf den ersten Blick ist dem so Empfindenden selbst unerklärlich, stößt er doch immer auf diese unbeantwortbare Frage: War der mir auf Anhieb sympathisch ob der Eigenschaft a oder erscheint mir seine Eigenschaft a sympathisch, weil er mir sympathisch war von Anfang an, bevor ich spezifische Eigenschaften an ihm wahrnahm? Zusatz: Es gibt Feministin, die strikt sich gegen die Todesstrafe aussprechen, aber es befürworten, wenn eine Schwangere ihr unschuldigesKind zu Tode verurteilt.

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