Donnerstag, 24. November 2022
Irritierendes: Die Ehe, auflösbar von Gott? Löst Gott Bünde auf?
Irritierendes: Die Ehe, auflösbar gar von Gott? Löst Gott Bünde auf?
Wer in der hl. Schrift liest und sie dabei nicht nur als ein Dokument vergangener und längst überholter Vorstellungen ansieht, kann in ihr auf sehr Irritierendes und Verwirrendes stoßen. Besonders befremdlich wirken da die Propheten, die nicht einfach nur Zukünftiges voraussagen sondern auch offenbaren, was Gott will und wirkt mitten in unserer Geschichte, als existierte nicht der Grundsatz, daß in ihr nur wir Menschen agieren, wenn auch gelegentlich aus religiösen Motivationen heraus.
Gott versteht seinen Bund mit dem Volke Israel wie eine Ehe. Er hat sich mit diesem Volke verehelicht, wobei er die Rolle des Ehemanns, Israel die Rolle der Ehefrau einnimmt. So lesen wir es auch beim Propheten Jeremia. Diese Identifizierung des Bundes mit der Ordnung der Ehe setzt nun auch ein Problem aus sich heraus: Welche Folgen hat ein Ehebruch des Volkes, der Ehefrau für diesen Bund? Der Prophet Jeremia spricht Klartext: „daß ich Israel,die Abtrünnige, weil sie die Ehe gebrochen,entlassen und ihr einen Scheidebrief gegeben hatte“.(3,8). Ein „libellum repudii“stellte Gott so selbst aus, um Israel aus der Ehe zu entlassen!
Aber ist das denn vereinbar mit dem Glauben an Gottes Treue zu seinen Erwählten? Wer so frägt, hat vergessen, daß Gott einen Bund mit Menschen schließt, in dem Gott seine Zusagen, ich will euer Gott sein und für euch da sein, an Bedingungen schließt, daß die Menschen, mit denen er einen Bund schließt, auch ihre Bundesverpflichtungen einhalten. Durch den Ehebruch hat hier sein Volk selbst den Bund gebrochen und deshalb entläßt Gott dies Volk aus seinem Bund. Gottes Treue bedeutet also im Puncto des Ehebruches, daß er gemäß der Ordnung der Ehe die Ehebrüchige aus der Ehe entläßt. Vordem rief er zu ihr: „Kehre um zu mir!“ (3,7), aber Israel wollte nicht umkehren. Genau diesen zentralen Gedanken finden wir in Paulus Traktat über die Juden in seinem Römerbrief (9-11) wieder: Ob des Unglaubens an Jesus Christus hat Gott die Juden aus dem Bund entlassen und die Christgläubigen in den Bund aufgenommen. Aber er mahnt: Wenn Gott schon sein ersterwähltes Volk aus dem Bund entlassen kann ob ihres Unglaubens, um wie viel mehr kann er dann die Heiden wieder aus dem Bund entlassen, ihnen sozusagen den Scheidebrief ausstellen, wenn sie vom Glauben abfallen. Ja, Gott kann sogar die Verstoßenen wieder in den Bund aufnehmen, bekehren sie sich zum Glauben an Jesus Christus.
Aber im jüdisch christlichen Dialog hört sich das dann ganz anders an: Hier wird gelehrt, daß Gottes Bund mit dem Volke Israel unkündbar sei und daß so auch der Zusatzbund mit den Heiden in der Gestalt der Kirche unkündbar sei! Gott könne und wolle so keinen „Scheidebrief“ ausstellen. Die Ehe sei eben auch und gerade für Gott unkündbar. Der Vorteil dieser Unkündbarkeitsvorstellung ist offensichtlich: „Kehret um!“, diese göttliche Aufforderung hat keine Bedeutung mehr für Juden und Christen, denn wir leben in der unaufkündbaren Liebe Gottes zu uns und sogar zu allen Menschen. Aber nicht nur der Prophet Jeremias kennt einen solchen Bund nicht, nicht einmal Gott selbst!
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