Eingestreute Fragmente zur Gotteserkenntnis Teil 2
Wäre Thomas Mann ein großer Schriftsteller, wenn er keines seiner Werke verfaßt hätte, wäre ein Künstler ein Künstler ohne seine Werke? Wenn das Sein dem Tuen vorausgeht, wie es einer der altwürdigen scholastischen Grundsätze aussagt, könnte das ja so verstanden werden, als ginge dem Kunstwerk der Künster voraus. Nur, solange er kein Kunstwerk erschaffen hat, ist er kein Künstler sondern nur einer seiner Potenz nach. Ja, er könnte auch, aktualisierte er diese Potenz nicht, auch „nur“ ein einen bürgerlichen Beruf Ausübender sein, dem so die Potenz zu diesem Berufsleben innewohnte.
Man ist fast geneigt, in Anlehnung an Slavoj Zizek zu formulieren, daß das erschaffene Kunstwerk rückwirkend erst die Voraussetzung seiner Realisierung hervorgebracht habe, das Künstlersein des Hervorbringers des Kunstwerkes.
Wenn nun die Schöpfung Gottes Kunstwerk ist, was bedeutet das für das Gottsein Gottes? Die Pozenz, die Schöpfung hervorzubringen, müßte, konventionell gedacht, dem Erschaffen vorausgehen. Erst durch die Aktualisierung wurde Gott auch der Schöpfergott.Wollte man nun hier den aristotelischen Gedanken einschreiben, daß Gott als actus purus zu denken ist, daß es in ihm keine nichtrealisierten Möglichkeiten gäbe, müßte die Schöpfung von Ewigkeit her sein und es dürfte so nicht die Möglichkeit, die dann nicht realisierte der Nichtscöpfung geben.
Gehört nun zum Gottsein sein Schöpfersein nicht notwendig dazu, er hätte die Welt auch nicht schöpfen können, dann erzwingt dies die Frage, welche Bedeutung dann die Schöpfung für Gott selbst hat, wenn sie für sein Gottsein nicht wesentlich ist.
Für einen Künstler gilt doch, daß er nur durch seine Kunstwerke zu einem Künstler geworden ist. Vielleicht müßte der Gedanke der Notwendigkeit dann differenzierter gedacht werden: Keine äußere Notwendigkeit erzwingt, daß Gott die Welt erschuf, aber zum Gottsein Gottes könnte es dazugehören, zu schöpfen. So wie die Liebe keine Liebe ist ohne ein Objekt, das geliebt wird, so könnte doch auch gedacht werden, daß Gott ohne ein Objekt, das er erschafft und regiert, kein Gott ist. So ist ja auch ein König, der nicht regiert, kein König, oder höchstens noch nur ein für die Medien inszenierter König, wie etwa der Englands.
Denn wenn die Schöpfung für Gott keine wesentliche Bedeutung hätte, könnte dann Gott für die Schöpfung eine wesentliche Bedeutung haben? Ist Gottes Liebe zu seiner Schöpfung, sein Engagement für sie nachvollziehbar, wenn die Schöpfung für Gott eigentlich keine wesentliche Bedeutung hätte? Könnte die Schöpfung für Gott nicht eine ähnliche Bedeutung haben wie ein gelungenes Kunstwerk für seinen Hervorbringer, dem Künstler?
Was würde auch eine Frau davon halten, erklärte ihr ein Mann, daß er sich selbst vollkommen genüge, da er sich selbst liebe, aber sie auch, aber wäre sie nicht, fehlte ihm nichts ob seiner vollkommenen Selbstgenügsamkeit. Er bräuchte nur sich.
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