Ihr o. g. Buch habe ich mit großer Zustimmung und auch
bisweilen mit lautem Lachen gelesen. Sie schreiben flüssig und bisweilen eben witzig
über Themen, die heute weitgehend verdrängt werden, aber von größter Bedeutung für
Theologie und Kirche sind.Zu den schwierigsten Fragen gehört heute die Lehre von der
Ur- und Erbsünde sowie vomKreuzesopfer, die sie beide engagiert und kenntnisreich
angehen. Gestatten Sie mir (kath.promovierter Theologe, lange in der Akademiearbeit tätig)
dazu ein paar Bemerkungen:
In der biblischen Sündenfallerzählung spielt die Schlange
(gefallener Engel) eine prominente Rolle als Verführer der Frau; eine kleine Angelologie bieten
Sie jedoch nicht. Mir scheint aber, dass ohne sie und die Erzählung vom ‚Fall’
der Engel (vgl. z. B. Gen 6,1-3, auch Offb 12) die Ursünde nicht verstanden werden kann. Nach jüdischem wie
christlichem Verständnis hatte Adam die Wahl zwischen einer himmlischen (= engelgleichen)
Existenz, wie sie dannwieder im Mönchtum angestrebt wurde/wird, und einer
irdischen (Tier-)Existenz. Für letzteres steht dann auch das animalische Fellgewand (Gen 3,21), das
in der Taufe als ‚alter Adam’ ausgezogen werden muss, um Christus als himmlische
Lichtgewand anzuziehen (ImHebräischen bedeutet ‚or’ zugleich ‚Licht’
und ‚Fell’, einmal geschrieben mit Aleph = 1 am Anfang, das andere mal mit Ajin = 70, das heißt, die Einheit
wird durch den Fall zur Vielheit, im Himmel ist alles eins, singen die Engel mit ‚einer’
Stimme).
Die Competenten haben bei der Taufe auf dem ‚alten
Gewand’ herumgetreten, bevor sie das neue anzogen, das zugleich das ‚erste“ ist (Lk
15,22). Die Taufe war daher ‚Rückkehr ins Paradies’, ebenso die Eucharistie als Frucht vom (Kreuz-)Baum
des ewigen Lebens. Die beiden Bäume verhalten sich wie Geist und Materie, Himmel
und Erde, Sonne und Mond, Männlich und Weiblich, chinesisch: Yang und Yin usw. In
ihrer Einheit besteht der ‚Bund’, der in der Ursünde gebrochen und in der Erlösung (am Kreuz)
wiederhergestellt wird.Adam im Paradies (= himmlisches Urbild des Tempels) opfert noch
nicht, weil er noch nicht dem Irdischen verfallen ist, man könnte auch sagen, seine
Existenz ist noch ganz opferförmig in der liebenden Hingabe an den Schöpfer, was dann im neuen
Adam wiederhergestellt wird.
Bei Ihrer Behandlung des Opfers wird das urbildliche Opfer
Abrahams in Gen 22 nur knapp behandelt,während die eher randständige Erzählung von der Opferung der
Tochter (S. 28ff) doch sehrausführlich vorgestellt wird. Für das Verständnis des Opfers
am Kreuz ist aber Gen 22 schlechthingrundlegend, wobei auch die kosmische Symbolik eine herausragende
Rolle spielt (der Widderverweist auf das gleichnamig Frühlingszeichen, weshalb das
Paschaopfer im Frühlingsmonat Nissan zu feiern ist, ebenso ist Ostern am ersten Sonn-tag
nach dem Frühlings-Vollmond).
Schon die Schöpfung beruht auf dem Selbstopfer Gottes (so
Franz von Baader, aber auch verschiedene Schöpfungsmythen), was dann im Erlösungsopfer vollendet
wird. Das heißt, der ganze Schöpfungshintergrund der Erlösungserzählung kommt bei
Ihnen m. E. doch zu kurz (damit hängt auch zusammen, dass der Freitag oder 6. Tag als Tag
der Erschaffung des Menschen auch der Tag seiner Erlösung ist, die Auferstehung geschieht
dann am ‚8. Tag’). Zur kurz kommt m. E. auch, dass das Bundesvolk ein priesterliches Volk ist
(Ex 19), was dann auch durch die Taufweihe für die Kirche gilt, so dass auch ausführlich vom
gemeinsamen Priestertum zu reden wäre, was aber dann doch unterbleibt.
Der zensierte Gott
Das Buch „Der zensierte
Gott. Wie uns Gott in den Zeiten der Verdunkelung der Wahrheit
abhanden kam“ (Patrimonium-Verlag, Mainz 2016, 250 S.) habe ich mit
großer Zustimmung und auch bisweilen mit herzhaftem Lachen gelesen.
Der Autor schreibt flüssig und bisweilen eben witzig über durchaus
schwierige Themen, die heute weitgehend verdrängt werden, aber von
größter Bedeutung für Theologie und Kirche sind. Zu den
schwierigsten Fragen gehört heute zweifellos die Lehre von der Ur-
und Erbsünde – „das Schmuddelkind schlechthin katholischer
Dogmatik“ (S. 149) – sowie vom Kreuzesopfer, die beide engagiert
und kenntnisreich mit einer ganzen Reihe von bedenkenswerten
Perspektiven und Lösungsansätzen behandelt werden. Ein paar
weiterführende Anfragen und Bemerkungen dazu seien nachfolgend
erlaubt.
Die biblische
Sündenfallerzählung wird als „Mythos“ bezeichnet, der
Geschichte gründet und deshalb selbst keine Geschichte erzählt,
sondern von einer vor-geschichtlichen oder (mit Schelling)
transzendentalen „Urtat“ handelt. Dadurch bestimmt sich die
menschliche Freiheit zur Abkehr von Gott und damit zur Unfreiheit
(Triebherrschaft, Teufelsherrschaft). In der Tat symbolisiert die
Erzählung die Triebherrschaft in der Schlange (gefallener Engel),
die als Verführer der Frau eine prominente Rolle spielt. Eine
Angelologie, die zum Verständnis nötig wäre, wird aber leider
nicht geboten. Ohne beispielsweise die Erzählung vom ‚Fall’ der
Engel (vgl. Gen 6,1-3, auch Offb 12) kann die Ursünde des Menschen
wohl kaum verstanden werden.
Nach jüdischem wie
christlichem Verständnis hatte Adam noch vor seiner ‚Fleischwerdung’
die Wahl zwischen einer himmlischen (= engelgleichen) Existenz, wie
sie dann wieder im Mönchtum angestrebt wurde und wird, und einer
irdischen (Tier-)Existenz im ‚Fleisch’. Für letzteres steht dann
auch das animalische Fellgewand (Gen 3,21), das in der Taufe als
‚alter Adam’ ausgezogen werden muss, um Christus als himmlisches
Lichtgewand anzuziehen. (Im Hebräischen bedeutet ‚or’ zugleich
‚Licht’ und ‚Fell’, einmal geschrieben mit Aleph = 1 am
Anfang, das andere mal mit Ajin = 70, das heißt: Durch den Fall wird
die Einheit des Menschen zur Vielheit, im Himmel ist hingegen alles
eins, singen die Myriaden von Engeln mit ‚einer’ Stimme).
Die Competenten
(Taufbewerber) in der frühen Kirche haben vor ihrer Taufe auf dem
ausgezogenen ‚alten Gewand’ herumgetreten, bevor sie das neue
anzogen, das zugleich das ‚erste“ ist (Lk 15,22), nämlich das
Lichtkleid des Himmels. Die Taufe wurde daher verstanden als
‚Rückkehr ins Paradies’, ebenso wurde die Eucharistie gesehen
als Frucht vom (Kreuz-)Baum des ewigen Lebens. Die beiden
Paradies-Bäume, also der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis
von Gut und Böse, verhalten sich wie Geist und Materie, Himmel und
Erde, Sonne und Mond, männlich und weiblich (chinesisch: wie Yang
und Yin). In ihrer Einheit besteht der ‚Bund’, der in der Ursünde
gebrochen und in der Erlösung (am Kreuz) wiederhergestellt wird.
Adam im Paradies, dem himmlischen Urbild des Tempels, opfert noch
nicht, weil er noch nicht dem Irdischen verfallen ist. Man könnte
auch sagen: Seine Existenz ist noch ganz opferförmig in der
liebenden Hingabe an den Schöpfer, was dann im neuen Adam am Kreuz
wiederhergestellt wird, bei dessen Tod der Vorhang vor dem
Allerheiligsten des Tempels zerreißt.
Zum Opfer heißt es zu
Recht, es bilde das Zentrum der Religion. Man könnte auch sagen: das
Zentrum der Welt, denn die Welt ist „da für den Kult“ (J.
Ratzinger). Allerdings wird dann das urbildliche Sohnesopfer Abrahams
in Gen 22 nur knapp behandelt, während die eher randständige
Erzählung von der tatsächlich vollzogenen Opferung der einzigen
Tochter des Richters Jiftach durch diesen selbst (Richter 11,30-40)
doch sehr ausführlich vorgestellt wird (S. 28ff). Für das
Verständnis des Opfers am Kreuz ist aber Gen 22 schlechterdings
grundlegend, wobei auch die kosmische Symbolik eine herausragende
Rolle spielt (der Widder verweist auf das gleichnamig
Frühlingszeichen, weshalb das Paschaopfer im Frühlingsmonat Nissan
zu feiern ist, ebenso ist Ostern am ersten Sonn-tag nach dem
Frühlings-Vollmond).
Schon die Schöpfung
beruht auf dem Selbstopfer Gottes (so Franz von Baader, aber auch
verschiedene Schöpfungsmythen), was dann im Erlösungsopfer Christi
vollendet wird. Das heißt, die christliche Erlösungserzählung ist
vor dem Hintergrund der Schöpfungserzählung zu verstehen. Damit
hängt auch zusammen, dass der Freitag oder 6. Tag als Tag der
Erschaffung des Menschen (und zwar am Nachmittag, denn am Vormittag
werden die Landtiere erschaffen) als Kar-Freitag auch Tag und
‚Stunde’ seiner Erlösung ist; die Auferstehung geschieht dann am
‚8. Tag’ (Sonntag) als Symbol der Unendlichkeit (vgl. die
liegende Lemiskate: ∞) oder der Ewigkeit jenseits der
Sieben-Tage-Schöpfung. Zur kurz kommt m. E. in Lays Darstellung
auch, dass Israel als Bundesvolk ein priesterliches Volk ist
(Ex 19), was dann auch durch die Taufweihe für die Kirche gilt,
weshalb auch ausführlich vom gemeinsamen Priestertum zu reden wäre.
Durchgängig thematisiert
wird die Kritik an der Protestantisierung der katholischen Kirche.
Luther hat ja das Messopfer abgeschafft, Liturgie/Kult weitgehend auf
die Predigt reduziert, das Priestergewand (weiße Lichtkleid) auf den
schwarzen Professorentalar und die Heilsbotschaft für die ganze ’in
Geburtswehen’ seufzende Schöpfung auf die Rechtfertigung des
einzelnen Sünders. Seit der Aufklärung geht nun mit der
‚Zensurierung’ des Gottesbildes (der liebende Gott darf nicht
zugleich ein strafender und ‚eifersüchtiger’ sein, vgl. S. 64f)
wird der Wahrheitsanspruchs der Bibel bei ‚unpassenden’ Stellen
relativiert. Insbesondere aber ist das (Weihe-)Priestertums nicht
mehr durch das Opfer charakterisiert. Sehr bedenkenswert sind hier
die Ausführungen zum Priesterzölibat, zur Opferbereitschaft des
Berufs des Soldaten und zur Organspende als Opfer (S. 214-230). Im
Grund kann man das ganze sterbliche Leben als ‚Opfer’ verstehen,
wobei auch der Zusammenhang von Opfer und Geschenk sowie von Opfer
und Geld weiter zu bedenken wäre.
Wie sehr Lays Analyse der
Herrschaft des Zeitgeistes auch auf gegenwärtige Schulbücher für
den katholischen Religionsunterricht zutrifft, lässt sich im
Hinblick etwa auf das neue RU-Buch „Leben gestalten“ (5./6. Jg.,
2016) bestätigt finden. Hier wird das Christentum mit Judentum und
Islam de facto gleichgestellt (gegen Dei Verbum Nr. 4, wonach
„keine neue öffentliche Offenbarung mehr zu erwarten [ist] vor der
Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus in Herrlichkeit“, der
Islam also gar keine Offenbarungsreligion sein kann). Auf jede
(Religions-)Kritik an ihnen wird verzichtet – außer der, dass es
über Gott ohnehin nichts Genaues zu wissen gibt und wir nur mit
subjektiven Gottesbildern zu tun haben oder mit entfernten Analogien,
bei denen das Unähnliche die Ähnlichkeit bei weitem überwiegt (4.
Laterankonzil von 1215).
Lay erinnert entsprechend
an „eine religionspädagogische Geschichte“ (S. 234), wonach ein
Elefant mit verbundenen Augen erforscht wird, der so jeweils nur
unterschiedliche Teilaspekte von sich zu erkennen gibt. Erst nach
Abnahme der Augenbinde erkennen die Forscher, was sie eigentlich im
Ganzen und in Wahrheit vor sich haben. Zitiert wird dabei aus dem
Bestseller „Die Nebel von Avalon“ (1993) von Zimmer Bradley, die
sich gegen einen strukturell gewaltsamen Monotheismus für einen
pazifistischen Polytheismus stark macht, der Satz: „Die Wahrheit
hat viele Gesichter.“ In dem RU-Buch heißt es analog: „Die
Kirche hat viele Gesichter.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen