Samstag, 8. Juni 2019

Irritierendes: Gott erkennen und Gott beweisen

Gott ist erkennbar, seit Schaffung der Welt für den Menschen, denn er ist für ihn aus der Welt, weil sie seine Schöpfung ist, erkennbar, wie im und durch ein Kunstwerk der Künstler des Werkes. Das ist eine der Zentralaussagen des Römerbriefes 1-8. Die Intention dieser Aussage ist eindeutig: Weil Gott von allen erkennbar war und ist, ist der Unglaube unentschuldbar. Nicht nur dem jüdischen Volke, allen war Gott durch seine Schöpfung erkennbar- und so sind sie alle schuldig vor Gott, weil sie nicht so Gott erkannten, wie sie ihn erkennen konnten und daß sie dann nicht so gelebt haben, wie es ihnen möglich gewesen wäre,hätten sie ihre Möglichkeiten der Gotteserkenntnis ausgeschöpft.
Eine Frage stellt sich nun dazu: Ist die von Paulus postulierte menschliche Möglichkeit des Erkennens Gottes identisch mit der Vorstellung von der Beweisbarkeit Gottes durch etwa die Gottesbeweise? Ist Erkennen gleichbedeutend mit Beweisen?
Stellen wir uns Folgendes vor: Eine Mutter erkennt: "Mein Kind ist krank" und geht mit ihm schnellstens zum Arzt. Der Arzt untersucht dann das Kind und die Untersuchung beweist dann, daß es wirklich erkrankt ist. Das Erkennen der Mutter ist aber noch nicht ein Beweisen der Erkrankung. Die Erkenntnis der Erkrankung des Kindes ist aber für die Mutter so hinreichend gewiß, daß sie mit dem Kinde zum Arzt geht. Erkennen und Beweisen sind so nicht das Selbe. Ein Wirt erkennt, daß ein Gast so viel Bier getrunken hat, daß er nicht mehr Autofahren kann, aber erst eine Untersuchung einer Blutprobe von ihm beweist seine Fahrunfähigkeit. 
Die Gottesbeweise leisteten dann also mehr als die Erkennbarkeit Gottes, sie bezeugen seine Beweisbarkeit. Aber leisten sie wirklich, was sie uns verheißen? Erinnern wir uns an den bekanntesten: Alles, was ist, ist verursacht von enem anderen, und das wiederum von einem anderen- es muß aber am Anfang etwas geben, was nicht durch etwas anderes  verursacht ist, denn es könne keinen regressus infinitus geben, daß es keinen Anfang gibt, der nicht wiederum ein Produkt von etwas ist.Dieser Anfang, der selbst nicht durch ein Anderes ist, das ist Gott.
- 1 kann verstanden werden als das Produkt von: -2 plus 1, -2 wiederum als das Produkt von: -3 plus 1 und so weiter. Es gibt keinen Grund dafür, daß die so angefangene Reihe mit einem: - n  endet,das nicht wiederum als Produkt von: diesem Minus n  -1 und dann plus 1 begriffen  werden kann. Hier liegt ein regressus infinitum vor und es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, den hier abzulehnen. 
Beeindruckender ist aber der ontologische Gottesbeweis: Gott ist das Höchste, über das hinaus nichts Höheres gedacht werden kann. Wenn Gott als nur in unserem Denken seiend gedacht wird, dann wird er nicht als das Höchste gedacht, denn etwas, das in uns seiend und auch außerhalb unseres Denkens als seiend gedacht wird, ist höher gedacht als das, was nur im Denken als seiend gedacht wird. Also wird Gott nur als das Höchste gedacht, wenn er auch als außerhalb unseres Denkens als seiend gedacht wird. 
Das überzeugte als Beweis, wenn nicht etwa ein Atheist, etwa Lenin erwidern könnte, daß nicht Gott sondern die Materie das Höchste ist, über das nichts Höheres hinaus gedacht werden kann, weil Gott ja nur -im Gegensatz zur Materie - in unserem Denken ist. (Man unterschätze das Niveau des Atheismus nicht, wie ihn etwa Lenin entfaltet hat in seinen erkenntnistheoretischen Schriften, etwa:"Materialismus und Empiriokritizismus".Daß Gott das Höchste ist, über das hinaus nichts Höheres mehr gedaccht werden kann, das müßte selbst noch einmal bewiesen werden, denn seit Ludwig Feuerbach wird das bestritten. 
Jetzt fragen wir mal ganz anders: Kann Gott noch geglaubt werden, wenn er beweisbar wäre? Werwandelte nicht dann das Beweisenkönnen Gottes den Glauben in ein Schauen Gottes? Ist etwa die Nichtbeweisbarkeit Gottes der Ermöglichungsgrund des Glaubens an ihn? 
Wenn der Glaube bedeutet, etwas für wahr halten, daß Gott ist also für wahr zu halten, so würde doch der Beweis, daß Gott ist, ein Fürwahrhalten ausschließen, denn was bewiesen ist, halte ich nicht für wahr, weil ich es gewiß weiß. So kann ich sagen, daß ich es für wahr halte, daß der Epheserbrief von Paulus geschrieben worden ist, auch wenn die Mehrheit der Exegeten das verneint, aber doch immer mit dem selbstkritischen Ton, daß es keine bewiesene Erkenntnis ist.  
Wenn der Glaube aber Vertrauen meint, dann wird es noch klarer: Wenn eine Frau zu ihrem Ehemann sagt:" Ich vertraue Dir, daß Du mich nicht im letzten Urlaub betrogen hast", dann könnte sie das nicht sagen, wenn sie einen Privatdetektiv engagiert hätte und der ihr bewiesn hat, daß der Mann sie im Urlaub nicht mit wem betrogen hat. Der Beweis seiner ehelichen Treue in diesem Urlaub verunmöglicht so die Aussage, daß sie ihm vertraut, daß er sie nicht betrogen hat in diesem Urlaub.
Glauben impliziert so ein Defizit an Erkenntnis, daß das Erkannte noch nicht bewiesen ist, daß aber so den Glauben erst ermöglicht.
Wenn aber nur das wissenschaftlich Bewiesene als Erkennnis anerkannt wird, dann, aber nur dann ist der Glaube an Gott etwas Erkenntnisloses.        


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