Freitag, 7. Februar 2020

Populäre Irrümer: Liebe und tue, was Du willst und: Nur mit dem Herzen sieht man gut

Wer kennte nicht diese zwei Slogans, der erste vom hl. Augustin stammend, der andere dem sehr populärem "Der kleine Prinz" entnommen. Wie auch immer diese beiden Aussagen in ihrem jeweiligen Kontext gemeint sein mögen, sie haben sich daraus emanzipiert zu selbstständigen Aussagen, die gerade in unserer Zeit des Antiintellektualismus sehr populär geworden sind. 
Liebe und tue was Du willst. Wenn das Ziel moralischen Handelns das Gute Tuen ist, dann impliziert dieser Slogan, daß dem Liebenden, weil er liebt, das Erkennen des Guten innewohnt. Der Begriff der Liebe ist nun ein eindeutig zweideutiger, denn er kann das Gefühl der Liebe bezeichnen,also einen sehr starken Affekt oder als moralisch Gesolltes, den Willen, dem, wem man liebt, Gutes tuen zu wollen. (So Thomas von Aquin) Würde hier das Liebe im Sinne von Thomas von Aquin gemeint sein, ergäbe das: Wolle dem, den Du liebst, Gutes und tue was Du willst, nämlich das Gute, denn lieben heißt das Gute Wollen. So bleibt hier nur noch die Liebe als Affekt. Diesem starken Gefühl wohnt nun in keinster Weise die Erkenntnis, was denn das Gute sei inne. Zur Veranschaulichung: Wenn eine Mutter ihr Kind liebend vor der Frage steht, wie ernähre ich mein Kind gesund, dann will sie als Liebende eine gesunde Ernährung für ihr Kind, aber sie weiß damit noch lange nicht, was denn nun eine gesunde Nahrung für ihr Kind ist. Ein patriotisch gesonnener Politiker weiß, nur weil er seine Heimat liebt, auch deshalb nicht, ob die Kernfusion die Zukunftstechnik für eine gute Versorgung mit Strom ist. Je komplexer ein Problem ist, desto weniger reicht der Affekt der Liebe zum richtigen Handeln. Sicher, es gibt einfache Situationen, wenn die Mutter ihr Kind weinend sieht und es spontan in den Arm nimmt, aber möchte das Kind Süßes naschen, ist es schon schwieriger zu entscheiden, ob es gut ist, jetzt konkret in diesem Falle Süßes zu gewähren oder nicht.
Das Erkennen, was in einer bestimmten Situation oder in jedem Falle das Gute ist, bedeutet aber auch nicht, daß dann vom das Gute Erkennenden das Gute auch gewollt wird. Der freie Wille des Menschen kann erkennend, was jetzt das Gute ist, doch das Nichtgute wollen und auch vollbringen. So und nur so kann der Mensch ihm zurechenbar sündigen. So weiß ein Vergewaltiger, daß sein Tuen unmoralisch ist und doch vergewaltigt er. 
Noch verwirrender ist es mit dem Gefühl der Liebe. Ein verheirateter Mann kann sich in eine andere Frau verlieben, ja erkennen, daß er seine Ehefrau nicht mehr aber dafür die andere liebt.Die Morallehre der Kirche sagt ihm, daß er die andere nicht lieben darf, aber das Liebesgefühl läßt sich nicht verbieten, der Ehemann kann sich nur zur weiteren Treue zu seiner Ehefrau verpflichten. Das Gefühl der Liebe beinhaltet so in sich keinerlei Garantie, daß nur geliebt wird, was auch geliebt werden darf. So liebt der Sünder die Sünde, auch wenn er erkennt, daß er so sündigt. Denn das Erkennen des Guten determiniert weder das Gefühl dazu, das als das Gute Erkannte zu lieben noch den Willen, das als das Gut Erkannte zu wollen. 
Wer also einfach nur aus dem Gefühl der Liebe handelt, der hat so keine Garantie, daß er nicht völlig falsch handelt und sogar sündigt. Ein Arzt könnte dagegen, ohne jede Liebe zu seinen Patienten, sie gut, also richtig behandeln, nur weil er weiß, daß er so dauerhaft genügend Patienten haben wird, wohingegen einem Anfängerarzt, der aus seiner Nächstenliebe heraus diesen Beruf erwählte, bei der Behandlung gravierende Fehler unterlaufen können und so er den Patienten sehr schaden kann. 
Nur mit dem Herzen sieht man gut meint im Prinzip Ähnliches: Nur die Liebe sieht gut. Aber wenn die Liebe ein Gefühl ist, vermittelt dies Gefühl in keinster weise die Erkenntnis, was da gesehen wird, etwa ob das Herausoperierte ein bösartiger oder nicht bösartiger Tumor ist. Das liebende Herz will sicher Gutes tuen, aber das Herz ist nicht ein Erkenntnisorgan, als ob dies Gefühl auch ein Wissen  um das Wahre, was ist? und was ist zu tuen, das Gute in sich einschlösse. Anders wäre es, würde zuerst erkannt, was in einer bestimmten Lage das Gute ist, daß dann ein liebendes Herz auch das als das Gute Erkannte wollen will. Nur gehört diese Erkenntnis des Guten nicht in die Kompetenz des Herzens. 
Der heutige Antiintellektualismus verkennt eben, daß das Gute, was zu tuen ist, zu erkennen ist und daß ohne diese Erkenntnis das Gute weder gewollt noch getan werden kann. Das Gute aber als das Gute zu erkennen heißt aber auch nicht, daß der Erkannthabende das Gute nun auch lieben und wollen will. Er kann ebenso das Nichtgute lieben und wollen, etwa die Liebe zu einer schon verheirateten Frau. Gerade das liebende Herz kann zum Sündigen verführen. Zur Veranschaulichung sei an den Roman: Lolita von Vladimir Nabokov erinnert. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen