Spontan wird zu Demokratie das Gelten der Menschenrechte, somit auch des Grundrechtes auf die freie Religionsausübung assoziiert, während die Monarchie oder gar eine Diktatur durch die Nichtanerkennung dieser Grundrechte sich negativ auszeichnen. So klar und übersichtlich scheint die politische Welt strukturiert zu sein.
Aber dann muß gelesen werden:
„Berlin. Jeder zweite Deutsche ist angesichts der hohen Corona-Infektionszahlen für ein Verbot der Weihnachtsgottesdienste. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprachen sich 50 Prozent dafür aus, öffentliche Gottesdienste in den Kirchen zu untersagen, nur 35 Prozent wollen sie trotz Ansteckungsgefahr beibehalten. 15 Prozent machten keine Angaben.“ (www.rnd.de>Panorama>Mediabox 21.12.2020)
Kann also in einer Demokratie die Mehrheit oder die Regierung im Sinne der Mehrheit die Weihnachtsgottesdienste verbieten? Erinnert man sich an diese Meldung auf Kath de (22.10.2020): „Zwei Drittel der Deutschen würden laut einer Umfrage bei Corona bedingten Absagen den Weihnachtsgottesdienst nicht vermissen. Nur bei einem Fünftel der Befragten ist das der Fall, wie eine am Donnerstag veröffentlichte repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "INSA Consulere" im Auftrag der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" ergab“ , so muß zumindest konstatiert werden, daß ein Weihnachtsgottesdienstverbot politisch durchsetzbar wäre.
Hier stehen wir aber vor einem prinzipiellen Problem der Staatsform der Demokratie: Gerade weil Demokratie immer auch die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit bedeutet, inkludiert das auch, daß per Mehrheit Grundrechte außer Kraft gesetzt werden können. Das extremste Beispiel dafür: daß in fast allen westlichen Demokratien das Recht auf Leben für Menschen im Mutterleibe weitestgehend abgeschafft ist, denn nun dürfen Mütter ihr eigenes Kind im Mutterleibe töten lassen nur weil sie es töten lassen wollen. Polen, das sich energisch dem widersetzt soll nun ja durch die europäische „Rechtsstaatsklausel“ dazu gezwungen werden, dies polnischen Müttern auch zu erlauben. Als die türkische Regierung erwog, das Volk über die Wiedereinführung der Todesstrafe entscheiden zu lassen, erklärte das politische Europa, daß die Türkei nicht ein Mitglied der EU werden könne, wenn in ihr die Todesstrafe wieder zugelassen würde. Polen dagegen würde mancher gern aus der EU wieder ausschließen, weil es das Töten von Kindern im Mutterleibe nicht erlauben will.
So konfus stellt sich die Lage der Menschenrechte, des elementarsten in den westlichen Demokratien dar: Einen Mörder zu Tode zu verurteilen, gilt als völlig inakzeptabel, aber das Töten von Kindern im Mutterleibe gilt als Grundrecht der Frau. Noch verwirrender wird es, hält man sich vor Augen, daß in zwei Diktaturen, in der kommunistische Stalins und faschistische Francos dies Töten der Kinder verboten wurde. Achteten etwa zumindest in diesem Punkte Franco und Stalin die Menschenrechte mehr als die westlichen Demokratien? Bei Franco war das nun nicht anders zu erwarten, war er doch ein gläubiger Christ, der so nicht nur in dieser Causa bereit war,auf die Katholische Kirche zu hören, während das bei katholischen Politikern aller demokratischen Parteien Deutschlands eher eine Ausnahme bildet.
Könnte also auch ganz demokratisch das Grundrecht auf der freien Religionsausübung eingeschränkt werden, wie es 50 Prozent der Deutschen bejahen? So unschön das auch uns Christen klingen mag: Es ist möglich. Nun geht es faktisch in Deutschland nicht um das Verbot der Gottesdienste, sondern nur darum, daß sie nicht öffentlich gefeiert werden dürfen. Das muß man als Christ als akzeptable Einschränkung wohl hinnehmen, da die hl. Messen weiter gelesen werden können, das ist das Wichtigste und daß ob der Praxis der Teilnahmemöglichkeit an den Messen per Medien auch dem Recht der freien Ausübung der Religion so genüge getan ist. Denn der demokratische Staat hat das Recht, zum Schutze der Gesundheit aller, öffentliche Veranstaltungen zu verbieten, da die Teilnehmer solcher Veranstaltungen ja nicht nur ihre eigene sondern auch die anderer Mitmenschen gefährden und somit auch öffentliche Gottesdienste.
Dies zeigt uns aber auch, wie fragil das Verhältnis der Demokratie zu den Grundrechten ist. Sie können ganz demokratisch eingeschränkt, ja faktisch außer Kraft gesetzt werden wie die staatliche Erlaubnis zur Kindestötung im Mutterleibe es beweist. Andererseits kann es Diktaturen geben, wenn man nicht im Falle von Franco eher von einem autoritären Regiment sprechen müßte, in denen weitestgehend im Einklang mit der Katholischen Kirche regiert wurde zum Wohlergehen des Volkes. Demokratie, das heißt eben auch, daß zwei Wölfe und ein Lamm darüber entscheiden, was es zum Mittagsessen geben wird.
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