Samstag, 5. Dezember 2020

Leben ohne eine allgemein anerkannte Moral- geht das?


 (Wie beim Versuch der Kritik des Moralismuses das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird)

Friedlicher würde unser Welt nur werden,wenn wir erkennen,daß jeder seine eigene Moral hat, nach der wir ihn gern leben lassen würden. Suum cuique.“ So lautet der letzte Satz der Betrachtung: „Die mörderische Macht der Moralisten. Im Würgegriff der Gutmenschen.“, von K.Kunze, herausgegeben von den Deutschen Konservativen 2020.

Ob wirklich jeder in unseren postmodernen Zeiten nach seiner ihm eigenen Moral lebt, ob nicht vielmehr auch jetzt eine Moral vorherrscht, die sich die Einzelnen nur individuierend aneignen, wie jeder Deutsche Deutsch spricht, aber jeder doch individuell, darüber ließe sich debattieren,aber nehmen wir mal an, daß es sich so verhielte.

Warum soll dann einer die Moral des Anderen tolerieren, daß er nach seiner Moral lebe? Ich toleriere Deine Moral, damit Du die meinige tolerierst, könnte als Begründung des Tolerierens angefügt werden. Das ist aber selbst ein moralischer Satz, einer utilatiristischen Moral zuschreibbar, sodaß sich die Frage erhebt, warum denn jeder dieser Moral der Wechselseitig zustimmen sollte. Der Text sagt, damit die Welt friedlicher würde. Damit ist aber eine universalistische Moral skizziert, ein Grundsatz formuliert, der nicht mehr vereinbar ist mit der Vorstellung, daß jeder nach seiner persönlichen Moral leben solle. Denn nun wird von jedem die Zustimmung zu dieser Moral verlangt, die so eine von allen zu akzeptierenden avanciert.

Aber das Problem liegt auch in einem reduktionistischen Moralverständnis. Primär regelt eine Moral das Wie des Zusammenlebens in einer sozialen Gemeinschaft. Dann kann es auch die Vorstellung moralischer Pflichten sich selbst gegenüber geben, daß nicht nur das Morden anderer Menschen moralisch verurteilt wird sondern auch der Selbstmord. Aber primär regelt die Moral den Umgang der Menschen untereinander normativ. Das verlangt aber notwendigerweise, daß diese Moral von allen Mitgliedern eines Sozialverbandes bejaht wird. Davon wäre dann die Privatsphäre der Bürger zu unterscheiden, in der sie beliebig leben können, sofern davon nicht andere betroffen sind. So darf ein Ehemann in seinen Privaträumen rauchen so viel er will, erklärte aber seine Frau, daß in allen Räumen, in denen auch die Kinder anwesend sind, um der Gesundheit der Kinder er nicht rauchen dürfe, so muß er das akzeptieren und sich auf sein Raucherzimmer zurückziehen.

Dies Beispiel soll auch veranschaulichen, daß es nicht erstrebenswert sein kann, das gesamte Miteinanderleben durch staatliche Gesetze zu regulieren, daß also das Miteinander der Menschen moralisch reguliert wird in der großflächigen Regulierung durch staatliche Gesetze. So sollte es einsichtig sein, daß die Eltern selbst festlegen, wie sie ihre Kinder aufklären, unabhängig nun vom schulischen Sexualkundeunterricht, aber daß nun ein sexueller Mißbrauch der Kinder durch das Recht, die Kinder nach der Privatmoral der Eltern zu erziehen, nicht legitimiert werden kann.

Es kann so in einem Staate nur solche Privatmoralen toleriert werden, die den staatlichen Gesetzen nicht widersprechen. Oder dürften etwa Eltern ihre Kinder zur Prostitution gebrauchen, um so Geld verdienen, wenn sie erklärten, ihre Moral erlaube das, und die soll gefälligst von den Anderen als die ihrige geduldet werden?

Grundsätzlicher: Jede Moral inkludiert Geltungsansprüche: So hat man zu leben, und auch die Forderung, daß jeder jede Moral des Anderen zu tolerieren habe, ist ein Geltungsanspruch, der so eine universalistische Moral fundiert. Es gibt kein Gemeinschaftsleben ohne eine von allen zu akzeptierenden Moral, was es aber gibt,das sind Zeiten des Kampfes, in denen verschiedene Moralen um die Vorherrschaft in einer Gesellschaft kämpfen, wie jetzt in Europa, in dem sich die christliche Moral als öffentlich allgemeine verabschiedet, um der Moral der Politischen Korrektheit zu weichen in Konkurrenz zum Islam, der ebenso seine Vorherrschaft erkämpfen will. Das ergibt das Phänomen des Pluralistischen als ein Zwischenstadium, wo eine neue Herrschaftsmoral sich noch nicht fest etabliert hat. Daß jede Moral dann ihre Ketzer und Dissidenten produziert, gehört eben zu den Härten des Lebens.

 

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