Samstag, 20. Februar 2021

Anmerkungen zur Neidkultur- wie sehr beherrscht sie den öffentlichen Diskurs?

Anmerkungen zur Neidkultur- wie sehr beherrscht sie den öffentlichen Diskurs?


Eine kleine Alltagsszene: Eine junge Frau, nicht sehr attraktiv aussehend, von Natur aus eben benachteiligt und dann noch wenig Geld verdienend, geht spazieren, da kommt es zu einer folgenreichen Begegnung: Eine junge Frau steht ihr gegenüber, in Allem ganz das Gegenteil, bezaubernd schön aussehend, ausgestattet mit dem Selbstbewußtsein einer Frau, die weiß, daß sie gefällt und dann noch mit einem echten Pelzmantel.

Diese Frau ist all das, was unser Mauerblümchen nicht ist: schön und erfolgreich. „Wer sieht noch auf mich, wenn diese Frau neben mir steht?“Alle noch so wohlklingende Phrasen wie: Alle Menschen seien gleich, jede junge Frau sei irgendwie schön und liebenswürdig,blamieren sich angesichts dieser Realität. Zerknirscht, mit hängendem Kopfe wendet sich unser Mauerblümchen ab, sich eingestehend, daß sie so nie wird aussehen können.

Aber so endet diese Begegnungsgeschichte nicht. „So will ich mich nicht diskriminieren lassen!“ Was also unternehmen? Jetzt naht die Rettung in der Gestalt der Moral: „Es ist unmoralisch, sich mit einem Pelzmantel zu bekleiden- das arme Tier, was dafür getötet worden ist! Gott, ich danke Dir, daß ich nicht so unmoralisch bin, einen Pelzmantel anzuziehen!“

Dann fällt ihr noch eine feministische Parole ein: „Frauen, die sich schön machen, degradieren sich damit nur zum Sexobjekt männlicher Begierden herab. Das mache ich nicht! Dann fällt ihr noch das linksmoralistische Argument ein: „Das Geld, was diese Frau beim Friseur ausgab, um ihre Schönheit zu optimieren, hätte sie lieber für hungernde Kinder in der 3.Welt spenden sollen- ach wie unmoralisch ist diese Frau doch...Ich dagegen, Gott, ich danke Dir, daß ich nicht bin wie die!“

So ummäntelt sich der Sozialneid mit der Moral; moralisch lebt es sich gut, wenn auf die Anderen herabgeschaut werden kann. Welchen Schaden richtet nun die Neidmoral an? Schöne Frauen trauen sich kaum noch, schöner zu erscheinen durch das Tragen von echten Pelzmänteln. Es ist ein Sieg der Gleichmachereiideologie: Weil nicht allen es gegeben ist, schön zu sein, darf keine Frau mehr schön sein. Denn die schlimmste Diskriminierung der Frau ist doch die schönere Frau, das Fundament des Feminismus. Frauen definieren sich ja tendenziell eher durch ihre Schönheit: „Bin ich attraktiver oder weniger attraktiv als die Anderen?“ (darum lautet ja die Frauenfrage: „Spieglein, Spieglein an der Wand, sprich, wer ist die Schönste im ganzen Land?“), wohingegen Männer sich tendenziell mehr über ihre Leistung und ihren beruflichen Erfolg definieren.

Der Sozialneid verlangt so nach einer Gesellschaftsordnung der Gleichgemachten, denn jede Schönere und jeder Erfolgreicherer diskriminiert die Anderen. Es darf gefragt werden, ob die politische Forderung nach Gerechtigkeit so populär sein könnte, würde sie nicht von dem Sozialneid der vielen auf die Erfolgreicheren sich speisen.

Aber wäre dies Ziel erreicht, wie könnte der Einzelne dann noch als Besonderer wahrgenommen werden? Verschwindet nicht in der Gleichheit aller alles Individuell-Besondere? So entspringt den Erfolgen der Nivellierung der Wille, sich wieder durch etwas von all den Anderen wieder auszuzeichnen. Einst war es ein Privileg von Gutverdienern, sich täglich zu Mittag ein Fleischgericht leisten zu können. Aber in Folge der Industrialisierung der Landwirtschaft gelang es, die Produktionskosten für das Fleisch so sehr zu senken, daß selbst Sozialhilfeempfänger sich regelmäßig ein Fleisch auf den Teller leisten können. Der Fleischverzehr war nun so entprivelligiert und vulgär worden. Die einen wandten sich so ab von dem gemein gewordenen Fleischverzehr und ernährten sich nur noch vegetarisch aus sehr teuren Bioläden, die Anderen kritisierten den Fleischmassenkonsum- daß nun der „gemeine Mann“ äße, was doch ein Privileg der Besserverdiener zu sein habe. Also wird eine deutliche Erhöhung der Fleischpreise verlangt, damit das Fleisch wieder als Privilegessen genossen werden kann. Seit dem es die staatlichen Schulen für jedes Kind gibt und so die Schulbildung kein Vorrecht der Bessergestellten mehr ist, verlangen die Privatschulen, damit ihre Kinder besser unterrichtet werden als die des „gemeinen Mannes“. Man beachte hier die Doppeldeutigkeit von „gemein“: Das ist gemein von Dir! Das ist allen gemein! Aus aristokratisch vornehmer Perspektive ist der „gemeine Mann“ als Jedermann auch immer der „gemeine“ im moralisch abwertenden Sinne, er ist eben „vulgär“. Vergleiche dazu die lateinische Bibelausgabe als „Vulgata“= gleich die „gemeine“ Bibel für jeden Gebildeten im Kontrast zur Bibel in der griechischen Sprache (als Septuaginta und als Neues Testament )als Sprache der Theologen.

Die Gleichheit evoziert so den Willen zur Differenz: Nicht will ich sein wie all die Anderen, das evoziert aber wieder den Sozialneid, daß alle gleich zu sein haben. So bekämpfte das Bürgertum in seinen Revolutionen die Privilegien des Adels, wollte aber zugleich seine privilegierte Stellung gegenüber der Arbeiterschaft bewahren. Dies evozierte dann die revolutionäre Arbeiterbewegung mit ihrer Forderung nach der Gleichmachung aller. So wird es in der Sozialgeschichte der Menschheit nie einen beruhigten friedlichen Zustand geben, denn jede Ungleichheit evoziert den Sozialneid und jeder Erfolg dieses Neides evoziert wieder den Ruf nach neuen Privilegierungen: Nicht wie alle will ich sein!

 

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