Montag, 22. Februar 2021

Ein zu hartes Urteil über andere Religionen? Respektiert sie nicht!

Ein zu hartes Urteil über andere Religionen? Respektiert sie nicht!


Der Respekt vor allen Religionen ist irreligiös. Wer glaubt, verehrt keine Idole.“, urteilt Nicolas Gomez Davila. (Es genügt,dass die Schönheit unseren Überdruss streift...Aphorismen, 2017, S.115.)

So darf doch nicht über andere Religionen geurteilt werden, wenn doch auch in ihr Gläubige nach dem Willen Gottes fragen und gemäß dem von ihnen Erkannten dann auch zu leben versuchen. Zudem, wie sollte in unseren postmodernen nichthomogenen Gesellschaften noch ein friedliches Miteinander möglich sein, wenn die Anhänger der verschiedenen Religionen sich in einem gemeinsamen Lebensraum nicht wechselseitig respektierten?

Mit Küngs Weltethosprojekt müßten wir wohl einstimmen in die Parole, daß es ohne einen Frieden zwischen den Religionen keinen Weltfrieden geben könne. Deshalb müsse jede Religion respektiert werden.

Nur, wenn dem so wäre, warum verunmöglicht dann Jesus, der Sohn Gottes ein solches wechselseitiges Respektieren die Religionen, indem er sich selbst exclusiv als die Wahrheit verkündet, als den einzigen Weg zum Vater. Wie könnte er da noch die anderen Religionen respektieren, wenn sie so keine Wege zu Gott, dem Vater sein können, sondern nur Irrwege? Kann man sich Jesus vorstellen, andächtig vor einer griechischen Götterstatue stehend, sie als ein Bild eines Gottes respektierend?

Wäre es vorstellbar, daß das Volk Israel nach dem Einzug in das Land, das Gott ihnen verheißen und nun schenkt, den dort heimischen Völkern erklärte, daß sie ihre Götter respektieren würden, ja sie vorschlagen möchten, daß sie in ihrem Tempel Statuen der dort beheimateten Religionen aufznehmen, wenn sie bei sich auch Jahwetempel errichteten?

Nein der strenge Monotheismus läßt das nicht zu. Oder sollten wir nun urteilen, daß die Christen mit ihrem Exclusivanspruch, nur sie sei die wahre Religion, selbst die Unterdrückung und Verfolgung durch den Römischen Staat provoziert zu haben; ein wenig Respekt vor den Römischen Göttern hätte dem Frieden so sehr genützt und vielen Christen den Märtyrertod erspart?

Wer so urteilt, präsumiert damit, daß der weltliche Friede das höchste Gut ist, um dessen willen die Religionen ihre eigenen Wahrheitsansprüche relativieren müssen und daß es Gott gleichgültig ist, ob er gemäß der wahren Religion verehrt wird oder gemäß allen Religionen, so wie jede es für wahr hält.

Wie ist nun die zweite Aussage zu verstehen, daß der Gläubige keine Idole verehrt? Das könnte meinen, daß wer nach seiner Meinung wahrhaft Gott verehrt, kann nicht gleichzeitig die Verehrung von den Nichtgöttern der anderen Religionen zulassen, denn indem er das zuläßt, verehrte er sie. Oder meint das, das ein Respekt den anderen Religionen gegenüber, der darin besteht, auch sie zu verehren, mit dem Glauben an den einen wahren Gott nicht kompatibel sei. Es könnte aber auch gemeint sein, daß nur wenn der vom Gläubigen verehrte Gott wie ein Idol verehrt würde, dies den Respekt den anderen Religionen gegenüber zulassen könne, weil der Glaube an Gott, der sich als wahre Verehrung weiß, den Respekt nicht zulassen könne. Denn Gott ist nur einer und darum kann es nur eine wahre Verehrung von ihm geben. Dieser Aphorismus läßt alle drei Deutungen zu, er ist eben polyinterpretabel.

Die Auslegung: Verehrt keine anderen Religionen, wenn zu dem Respekt die Mitverehrung der Götter der anderen Religionen oder die Mitverehrung gemäß den anderen Religionen gehört, ist wohl die akzeptabelste Ausdeutung, aber es ist nicht sicher, ob der Aphorismus das so meint. Noch gravierender aber ist die Frage, ob ein solcher Respekt den anderen Religionen gegenüber Gott gefällt, ob das wirklich in seinem Sinne ist.

Eine andere Ausdeutung könnte differenzieren zwischen den Religionen, die nicht zu respektieren seien und den jeweiligen Anhängern, die dann als Menschen zu respektieren wären, auch wenn ihre Religion nicht respektabel sei. Aber es ist sehr fraglich, ob ein Mensch sich als respektiert ansieht, wenn seine Religion nicht respektiert wird.

Festzuhalten ist aber, daß der Diskurs über das Verhältnis der Religionen zueinander, wie es sein soll, seit dem 17. Jahrhundert mit seinen innerchristlichen Religionskriegen bestimmt wird durch das Ideal des friedlichen Miteinanders aller Religionen und daß darum die Wahrheitsansprüche aller Religionen herabgestuft werden müssen. Davila ist so, wie auch sonst ein radicaler Außenseiter in der Moderne, erinnert er doch-ganz unzeitgemäß- an die Radicalität eines Glaubens, der sich als der wahre weiß und sich nicht relativieren läßt.


Corollarium 1

Wenn jede Religion zu respektieren ist, müßte dann nicht auch die Verehrung der Göttin Kali durch Menschenopfer in Indien respektiert werden? R. Kraft schildert beeindruckend diese Menschenopferpraxis in seiner großen Erzählung: „um die indische Kaiserkrone“, isb in Band 2 und 3. Daß dies nicht nur in irgendeiner dunklen Vergangenheit sich ereignete, im 19. Jahrhundert nach R. Kraft sondern jetzt, bezeugt diese Meldung:

Ehepaar gesteht Ritualmord an Kindern Die indische Polizei hat zwei Kinderleichen gefunden. Die Menschenopfer sollten ersten Erkenntnissen zufolge die Göttin Kali gnädig stimmen. Die Ermittler waren zufällig auf den Ritualmord gestoßen.

Spiegel, 25.11.2010, 16.39 Uhr“

 

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