Donnerstag, 25. November 2021

Gott regiert, aber wie oder hat er aufgehört,zu regieren?

Gott regiert, aber wie oder hat er aufgehört,zu regieren?


In schweren Zeiten fällt die Aussage,Gott regiert, schwer, denn wie sollte das unzählige Elend dann mit der Vorstellung eines göttlichen Regierens in einen Einklang bringbar sein. Wer so frägt, scheint aber zumindest implizite eine Vorstellung von dem Wie des Regierens Gottes vorauszusetzen mit der dann die Welt,so wie sie uns erscheint,kompatibel zu sein.


Diverse Vorstellungsmodelle des Wieregierens Gottes

a) das reformatorische: Luther,Zwingli und Calvin explizierten ihr Konzept eines theozentrischen Determinismus,Luther in seiner Schrift „Vom geknechteten Willen“,Zwingli in „Über die Vorsehung“ und Calvin in seinem „Unterricht über die christliche Religion“. Der Kerngedanke:Gott als der Allmächtige determiniert alles und jedes Einzelgeschehen sowohl in der Natur wie auch in der Geschichte,versimplifziert ausgedrückt: Nach einem in der Ewigkeit von Gott gesetzten Programmes läuft alles in Gottes Schöpfung ab,es kann so keine kontingenten Ereignisse und keinen freien Willen geben.In diesem Konzept kann es so genau genommen kein für sein Tuen und Unterlassen verantwortlich machbares Subjekt mehr geben, also keinen Menschen.


b) das deistische Modell hauptsächlich in England beheimatet.(Untersuchenswert wäre die Frage, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen England als dem Land der Marktwirtschaft und diesem Modell. Vgl O. Spengler,Preußentum und Sozialismus)

Gott erschuf die Welt mit einer perfekten Ordnung ausgestattet und braucht so nicht mehr in ihr zu intervenieren,da alles in ihr von selbst richtig läuft. Eine zeitgeistgemäßere Version des Deismus könnte dann so aussehen: Gott als die Liebe bejaht die Welt und weil er die Freiheit seiner Geschöpfe will, läßt er es zu,daß diese ihre Freiheit auch mißbrauchen. Gott limitiert sich auf ein liebesvolles Zuschauen, denn er hat seine Welt in die Hände der Menschen gelegt. Faktisch heißt das,daß Gott nicht regiert,sondern ähnlich wie im Liberalismus der Staat dem freien Markt die Steuerung der Wirtschaft überläßt, alles der Freiheit des Menschen anvertraut.


c) Das interventionistische Modell, das wohl populärste:Gott steht beobachtend der Welt gegenüber,wie eine Mutter,die ihren Kindern beim Spielen zuschaut, ereignet sich aber ein Malheur, greift sie ein. Um der Freiheit seiner Geschöpfe willen,regiert Gott nicht, aber er interveniert, wenn Gott es für nötig hält.


Faktisch regiert Gott aber im deistischen wie im intervenistischen Modell nicht und dem deterministischen löscht der theozentrische Determinismus das Objekt aus, das Gott regiert,weil es keinen Subjektstatus hat.Es kann in diesem Konzept keinen Menschen mehr geben,Gott als Alleinwirker löscht alles andere als anderes.


Könnte der Begriff des Schicksales ein Ausweg für dieses Problem bieten, daß Gott als Regierender gedacht werden kann und zugleich der Mensch als (endliche) Freiheit? Eine stoische Vorstellung:Die Welt ist ein Theater, in dem Gott jedem seine Rolle zuweist,aber jeder ist dafür verantwortlich,wie er sie spielt,gut oder schlecht.Hier wird die menschliche Freiheit als endliche konstruiert,da die Rolle dem jeweiligen Menschen wie in einem Theaterstück -schicksalhaft – vorgegeben ist,er aber frei ist, wie er sie interpretierend spielt.

Das Ganze als Theaterstück ist dann das Sinnvolle und Gute, aber aus der Perspektive des Einzelschauspielers so nicht erkennbar,denn im Welttheater spielt er nur einen Akt, den seinigen mit in Unkenntnis des Gesamtstückes. So kann er nur Teile des Ganzen wahrnehmen,die er abstrakt betrachtend, herausabstrahiert von der Konkretheit des Ganzen nicht immer so erkennen kann, wie sie wirklich als Teil des Ganzen sind. Aber nur das Ganze ist das Gute. Das wäre dann der Ertrag dieses Konzeptes für das Theodizeeproblem.

Es kann so die Wahrheitsmomente der anderen Modelle in sich aufnehmen,a) daß Gott wirklich regiert,b) daß es in der Welt auch Freiheit gibt,die Gott zuläßt, wie die Menschen ihre jeweilige Rolle spielen und c) daß Gott auch immer wieder in das Theaterstück intervenieren kann, etwa indem er Gebete erhört. Der Begriff des Schicksales kann dabei die Einheit von Gottes Regieren und der menschlichen endlichen Freiheit ausdrücken.

 

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