„Theologie wird Anthropologie“- oder zur anthropozentristischen Wende der Kirche
„Seit dem Konzil steht auch in der Kirche der Mensch im Mittel-punkt, nicht mehr Gott. Das zeigt auch die neue Messe: Wo früher der Tabernakel stand, steht heute der Gemeinde-Vorsteher.“ So urteilt W.J. Mertensacker, Treue. Deutschlands Wesen und Ehre. Ein Plädoyer für Deutschland, S.98. Als weitere Konsequenz dieses Stellungswechsel heißt es dann, daß aus der Theologie eine Anthropologie wird. (S.98)
In dem Tabernakel knüpft die katholische Liturgie an die Tradition des Begegnungszeltes des „Alten Bundes“ an, dem Ort der Gegenwart Gottes, wo Mose sich mit Gott besprach. Wie im „Alten Bund“ Gott seinen Namen im Jerusalemer Tempel wohnen ließ, damit er da ansprechbar und kultisch verehrbar war, so nimmt im „Neuen Bund“ diese Rolle der Tabernakel ein.
Der Priester ist nun als Pontifax der Brückenbauer zwischen dem im Tabernakel gegenwärtigen Gott und der Gemeinde. Vom Tabenakel hin zur Gemeinde wendet er sich, wenn er von Gott her zur Gemeinde hin vermittelt, wenn er aber von der Gemeinde her sich zum Tabernakel wendet, dann vermittelt er zu Gott hin. Das Meßopfer bringt er Gott dar, deshalb wendet er sich gerade bei der Elevation zum Tabernakel, aber wenn er dann sich zum Volke hinwendet, dann teilt er das Sakrament des Altares den Gläubigen aus. So steht der Priester in der „Alten Messe“ nie im Zentrum, sondern er fungiert immer nur als Vermittler zwischen Oben und Unten. Diese Horizontalität manifestiert sich dann auch im inneren Aufbau der Kirche. Der Hochaltar steht auf einem erhöhten Boden, von dem der Versammlungsraum der Kirche, niedriger gelegt durch eine Chor- und Kommunionbank abgetrennt ist. Der Priester steigt empor zum präsenten Gott im Tabernakel des Hochaltares und steigt hinab von dort,wenn er sich dem Volke zuwendet. So gliedert sich auch der Innenraum der Kirche auf in den allerheiligsten Raum,dem vor dem Hochaltar und dem heiligen der sich da versammelnden Gemeinde. So konstituiert sich der heilige Raum der Kirche nicht nur durch seine Differenz zur profanen Welt, dem Außerhalb der Kirchenmauern sondern auch intern durch diese Differenzierung. Die ganze Ordnung der hl. Messe ist so theozentrisch durchgestaltet.
Diese vorkonziliare Ordnung wird nun konfundiert durch die „Neue Messe“. In ihr steht nun wirklich der Pfarrer im Zentrum, der stets zur Gemeinde hin gewandt agiert. Er sagt, daß er zu Gott bete, aber seine Körperhaltung dementiert dies, da er die theoretisch an Gott gesprochenen Gebete praktisch zu seinen Zuhörern spricht. Das eingeschaltete Mikrophon sagt alles, denn in ihm manifestiert sich die Sorge der Kirche, daß auch jeder der Gemeinde das Gebet gut hören kann. Beim Reformator Calvin findet sich schon als Begründung für die Nutzung der Volkssprache für die Gebete in dem Gottesdienst, daß sonst die Gemeinde das Gebete ja nicht verstünde. Es ist dann keine überspitzte Polemik, wenn geschlußfolgert wird, daß der faktische Hörer des Gebetes, die Gemeinde dann auch zum Erhörer der Gebete werden soll. Aus dem Gebet, Gott stehe den Kranken bei, wird so der Appell: Kümmert Euch um Eure Kranken!
Aber diese Anthropologisierung erwirkt auch weitere Folgen für die Theologie im engeren Sinne, für die Gotteslehre. Aus dem Gott, wie ihn die hl. Schrift bezeugt und die Kirche lehrt wird ein Gott nach Menschengeschmack. Hierfür ist Papst Franziskus selbst der beste Beleg.Jesus Christus lehrte uns im „Vaterunser“ wörtlicher als gewohnt übersetzt: Und trage uns nicht in Versuchungen“, aber dem Papst mißfällt die darin enthaltende Gottesvorstellung, daß Gott uns in Versuchungen führen könnte und er will so dies Gebet ändern, meinend, daß es wohl vielen Menschen mißfalle. Gott habe eben so zu sein,wie wir Menschen ihn uns wünschen. Darum widerspricht dieser Papst auch Gott, der die Todesstrafe für schwere Verbrechen einfordert um der Gerechtigkeit willen. Einem humanistischem Anthropologismus ist eben die Todesstrafe etwas Inhumanes .Selbst Gott muß so veranthropologisert werden, er darf nicht mehr so sein, wie er ist, er muß eben unseren menschlichen Wünschen unterworfen werden.
Nach Mertensacker sind die heutigen Predigten nur noch unendliche Variationen des: „Seid nett zueinander und haltet Frieden.“ (S.989 Als Begründung dafür kann dann wohl noch die Aussage: „Weil Gott uns alle liebt“, herangezogen werden, aber auf sie könnte auch verzichtet werden, wenn doch nur noch ein Humanismus gepredigt wird. Dem entspricht es dann auch, daß nicht mehr von der Predigtkanzel herab, also von Oben gepredigt wird zum Volke nach unten, sondern daß dies horizontale Gefälle ersetzt wird durch ein vertikales auf (fast) gleicher Höhe. Der Pfarrer als einer aus der Gemeinde spricht zu den Anderen der Gemeinde. Alle sind Gott eben gleich nahe (oder auch gleich fern) und so vermittelt die Predigt auch nicht mehr zwischen Oben und Unten, zwischen Himmel und Erde, sondern ist eben die Darlegung des persönlichen Glaubens des Pfarrers zur Anregung des Glaubens seiner Hörer.
So wird auch Papst Franziskus Kampf wider die „Alte Messe“ verständlich, denn für ihn ist dieser Anthropozentrismus der nachkonziliaren Kirche irrevokabel und darf so nicht durch eine weitere Zelebration der theozentrischen „Alten Messe“ in Frage gestellt werden .
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