Mittwoch, 18. Mai 2022

Über die verlorene (christliche )Hoffnung auf den neuen Menschen

Über die verlorene (christliche)Hoffnung auf den neuen Menschen


Ein Enthusiast spricht sich aus: „Ja,nach der Reinigung durch Leid und Feuer!Die Revolution wird die Menschen reinigen,von den Schlacken der Selbstsucht befreien.Leid wird die Menschen enger zusammenschließen,die Menschheit zu einer Wiedergeburt führen.“ „Mir kommt eben der Gedanke,daß die Menschen nach der Reinigung so froh und glücklich sein werden...“ So spricht der idealistische Studentenrevolutionär Petrowski (ein wahrhaft russischer Charakter) am Vorabend der Oktoberrevolution in: Josef Kallinikow, Frauen und Mönche, 7.Buch, 4.Kapitel.

Offenkundig liegt diesem Gedanken eine zutiefst religiöse Erlösungsorstellung zu Grunde, daß um des neuen Menschen willen der „alte Adam“ in uns überwunden werden muß. Der Mensch müsse von neuem, von „Oben“, wie es in Jesu Taufkatechese im 3.Kapitel des Johannesevangeliums heißt, geboren werden, damit er sein adamitisches altes Ego auslöscht, um eine neuer Mensch in Christo zu werden. Jesus Christus verkündigte eben nicht nur das Reich Gottes sondern auch den neuen Menschen, denn was nützte selbst ein Reich Gottes, wenn in ihm wir Menschen doch die alten Adamsmenschen blieben. So expliziert Paulus das Getauftwerden als ein Mitgekreuzigtwerden, sodaß unser alter Adam in der Taufe stirbt, um uns ein neues Leben als Christen zu ermöglichen.Die urchristliche Umkehrpredigt meinte eben doch etwas anderes als ein moralpädagogisches Selbstoptimierungsprogramm: Die Geburt des neuen Menschen, der den alten Adam hinter sich läßt, stand so auf der Tagesordnung der Menschheitsgeschichte. Die traditionelle Fegefeuervorstellung transformiert diesen urchristlichen Glauben an den neuen Menschen schon, denn nun wird der neue Mensch erst jenseitig nach seiner Purifizierung durch das Fegefeuer erhofft, der Christ erwies sich doch oft als noch sehr dem alten Adam verwandt und deshalb solch einer jenseitigen Reinigung bedürftig.

Anfänglich klang das enthusiastischer, der Glaube an den neuen Menschen in Christo, der als Gläubiger und Wiedergeborener schon der neue Mensch sein sollte.

Wie ein schlechter Baum keine guten Früchte erbringen kann, so könne eben auch der postlapsarische Mensch keine guten Werke vollbringen. Sein Sein als Sünder qualifiziert auch all seine Werke als sündige. Deshalb muß das Sein des Menschen verändert werden, damit er dann auch anders leben kann. Diese Seinsveränderung, die könne nur die göttliche Gnade bewirken, sie muß sozusagen den Menschen innerlich purifizieren, damit er so als Gereinigter auch als Christ leben kann.

Der Revolutionsenthusiast dieses russischen Romanes ist so ein säkularistischer Gläubiger, indem er auch an die Möglichkeit und Notwendigkeit des neuen Menschen glaubt, nur erhofft er sich die Wiedergeburt des Menschen durch die politische Revolution. Aus dem religiös sakramentalitischen Projekt des neuen, den alten Adam in sich überwindenden Menschen wird so ein politisch revolutionäres Projekt. Dem gingen die Französische Revolution, aber auch das Projekt der Aufklärung und des Bildungsbürger-tumhumanismus als Versuche, den neuen Menschen hervorzubringen, zuvor. Die jetzige Postmoderne signalisiert so den Erschöpfungszustand des Glaubens an jede Möglichkeit des neuen Menschen. Der Skeptizismus, daß doch alle Versuche, den Menschen und die Welt besser zu machen, gar zu erlösen, nur dazu führen, daß alles noch schlimmer wird, desavouiert jedes utopische Denken, daß der neue Mensch doch eine reale Möglichkeit sein könnte.

Wer heutzutage einmal eine Taufe miterlebt, aufmerksam hinhört, kann die grundlegende Änderung der kirchlichen Verkündigung gerade da bemerken. Das Sakrament der Taufe erschafft nicht mehr einen neuen Menschen, gebiert ihn neu, tötet nicht mehr den alten Adamsmenschen, als der jeder Mensch geboren wird, sondern symbolisiert nur noch, daß Gott zu diesem Zutaufenden sein Ja sagt.Gott bejaht ihn, so wie er ist. Die Taufe ist so ein rein affirmativer Akt. Daß Gottes Liebe jeden Menschen unbedingt bejahe, daß sie jedem gelte, erübrigt völlig die Vorstellung von einer Notwendigkeit einer Wiedergeburt und Neuwerdung des Menschen. Gott sagt eben nur noch: Du bist gut und die Welt, in der Du lebst, ist gut, Alles ist gut, denn Gott ist das große Ja zu Allem. Der „Alte Adam“ darf so einfach bleiben, wie er ist. So braucht und kann es auch keine Hoffnung mehr geben auf den „neuen“,den „gereinigten“ Menschen.

Für die christliche Ethik hat dieser Perspektivenwechsel beachtliche Konsequenzen: Da auch der gläubige Christ alt adamitisch bleibt, muß die kirchliche Morallehre dem angepaßt werden, die Kirche kann nicht von ihm etwas fordern, was er als Mensch, der eben kein neuer und gereinigter ist, nicht leisten kann. Er bleibt, um es bildlich zu formulieren, ein schlechter Baum, der keine guten Früchte hervorbringt, zu dem Gott aber trotzdem sein Ja sagt.

Aus der Kritik des „Alten Adams“ und seiner Welt, daß Beides überwunden werden sollte durch den neuen Menschen in Christo im Hoffen auf die neue Welt des Reich Gottes wird so die reine Affirmation des Menschen und der Welt, so wie sie nun mal ist, durch die heutige Kirche. Durch die Kirche soll nicht mehr der Mensch und die Welt geändert werden sondern die Kirche habe sich dem Menschen, so wie er und die Welt nun mal ist, einzupassen. Bis in die aktuellste Tagespolitik verkündet so die Kirche nur noch ihr Ja zu Allem und Jedem, ob es die Zwangsimpfung ist, die Waffenlieferungen an die Ukrainie, die aktive Teilnahme an dem Kampf gegen Rechts oder die begeisterte Zustimmug zur Glorifizierung gelebter Homosexualität: Sie sagt nur noch Ja im Namen eines Gottes, der auch nur ein göttlicher Jasager ist.


 

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