Montag, 9. Mai 2022

Ein Phänomen wird besichtigt: Gläubige Marktwirtschaftler

(daß die Realität manchmal ganz aussieht, als sie auszusehen hat, oder die Welt der falschen Tatsachen)


Einst, vor 1989 wurde noch der Systemvergleich DDR versus BRD lebhaft betrieben, es siegte immer klar nach Punkten die BRD: Leere Regale, Versorgungsengpässe und als überzeugendsten Beweis: Der Ostdeutsche muß „Trabbi“ fahren, der Westdeutsche fährt Mercedes. Und die unlimitierte Reisefreiheit des Westens...


In der DDR versuche nämlich der Staat die Wirtschaft zu führen und diese Planwirtschaft tauge eben nichts. Im „freien Westen“ dagegen überlasse man alles dem „freien Markt“, der dann alles zum Wohle aller bestens ausfallen lasse. Nur dürfe der Staat sich da in die freie Marktwirtschaft nicht einmischen, denn das störe nur die Wirtschaft. Verglichte man die Wirtschaft mit einem menschlichen Körper, so vertraue ein Marktwirtschaftler auf die Selbstheilungskräfte des Körpers, während der Planwirtschaftler durch Medikamente und gar durch chirugische Eingriffe die Gesundheit wiederherzustellen oder aufrechtzuerhalten versucht.Aber durch solche Eingriffe erkranke der Körper doch nur noch mehr, besser wäre es, ganz auf die Selbstheilungskräfte des Marktes vertrauend auf jegliches staatliche Einwirken in die Ökonomie zu verzichten.


So war der Ausgang des Systemvergleiches immer klar, solange bestimmte mißliche Fragen unterblieben: Warum gab und gibt es in der Marktwirtschaft so viele Arbeitslose, so viele, die von der Sozialhilfe leben müssen, Bürger, die zu den „Tafeln“ gehen müssen, weil ihr Geld nicht ausreicht zum Ankauf des Nötigen? Jetzt wird es aber noch seltsamer: In Verbrauchermärkten: leere Regale, das Sonneblumöl ist zu einer Rarität in den Lebensmittelgeschäften geworden....Toilettenpapier wird nur noch in rationierten Mengen verkauft...selbst einfache Nudeln gibt es nur noch ab und zu. Soetwas kann es doch nur in der „sozialistischen Planwirtschaft“ geben! Jeder Blick auf die Preisauszeichnungen müßte nun jeden Markwirtschaftsgläubigen noch mehr irritieren: Zwischen 20- 30 Prozent beträgt die Preissteigerung auf sehr viele Lebensmittel, etwa für 10 Eier vor Corona zu 1,29 Euro auf 1,99, von 400 Gramm aufgeschnittenen Käse von 1,79 zu 2,79, die Leberwurst von 0,99 Euro auf 1,29! Wohin auch das Auge wandert: überall nur noch Wucherpreise.

Aber die seriösen Medien melden brav, daß die Inflation nur 7 Prozent betrüge. Nicht mitgerechnet, daß oft die einstigen Billigmarken der Supermärkte aus den Regalen verschwunden sind und stattdessen nur noch Markenprodukte angeboten werden. Wer nun die Preisschilder in verschiedenen Verbrauchermärkten miteinander vergleicht, kommt noch mehr ins Staunen:In allen Märkten werden die selben Produkte gleichmäßig verteuert, eine Preiskonkurrenz findet nicht mehr statt. Gemeinsame Preisabsprachen ersetzen die Konkurrenz.

So sieht also eine funktionierende Marktwirtschaft aus- ach nein, irgendwie soll an all dem der russische Krieg schuld sein. Wir Lebensmittelkäufer müssen also diese Höchstpreise zahlen, damit die Ukraine den Krieg gewinnt. Daß die Mieten ins Unermeßliche gestiegen sind und noch weiter steigen, daran soll dann auch wohl der böse Putin schuld haben.

Oder darf der Verdacht gehegt werden, daß nun viele diesen Krieg zum Anlaß nehmen, als Kriegsgewinnler sich eine „goldene Nase“ zu verdienen? Plötzlich legitimiert dieser Krieg eben jede Preiserhöhung! Aber all dies irritiert einen gläubigen Marktwirtschaftler in keinster Weise: Wenn nur alles dem „freien Markt“ überlassen würde, würden die Selbstheilungskräfte des Marktes alle Probleme von sich aus lösen. Nur wer garantiert, daß dieser Glaube wahr ist?


 

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