Freitag, 2. September 2022

Ein vergessenes Reformverständnis = zurück zum Ursprünglichen!

Ein vergessenes Reformverständnis = zurück zum Ursprünglichen!


Wer den aktuellen innerkirchlichen Diskurs über die „notwendigen“ Reformen, die Klage über einen vermeintlichen „Reformstau“ mitverfolgt, dem müßte eigentlich eines auffallen, daß nicht mehr klassisch von einem Zurück zu den Ursprüngen der Kirche die Rede ist, sondern daß das Argument dominiert, daß die Kirche dem allgemeinen Fortschritt verschlafen und ihn nun nachzuholen habe. Es ist so, als stünde die Katholische Kirche immer noch im Mittelalter, wohingegen die „Kirchen der Reformation“ sich modernisiert hätten, sie seien eben in der Moderne angekommen. Jetzt gälte es also, in der Gegenwart anzukommen, die durch die normativen Vorgaben der Demokratie, der Menschenrechte und der Liberalität bestimmt sei. Darum muß eben auch die Modernisierung der Kirche einer Verprotestantisierung gleichen, denn der Protestantismus ist die Gestalt der reformatorischen Theologie der Moderne.

Kann da noch das ursprüngliche Reformverständnis, das ein Retour zum Ursprunge meint, ein Element dieses Reformdiskurses sein? Die Vorstellung eines normativen Anfanges, von dem sich dann die Kirche fortentwickelt habe und nun aus dieser Entfremdung sich zurückrufen läßt, ist unversöhnlich mit der Fortschrittsideologie, daß die Anfänge immer nur das Nochnichtentwickelte bedeuten,die überwunden werden müssen. Kinder müssen eben aus ihren Kinderschuhen herauswachsen.

Materialiter läßt sich die Reformagenda des Synodalen Irrweges auch schwerlich mit der Maxime einer Rückkehr zum Ursprünglichen legitimieren. Zu deutlich dominiert da der Wille zur Zeitgemäßheit. Die Zeitgemäßheit konnte dabei nur soweit zu dem Kriterium einer sachgemäßen Ecclesiologie avancieren, wie die Fortschrittsideologie in der Kirche Anerkennung fand. Denn die Zeit wird ja in dieser Ideologie verstanden als ein Entwickelungsprozeß, der unaufhaltsam vom Niedrigen zum Höheren aufsteigt, sodaß das, was gestern noch als wahr galt, heute schon überholt und veraltet ist. So kann nur das Zeitgemäße wahr sein, indem alle Wahrheit in dem Laufe der Zeit immer wieder überholt wird.


Wer also ein Retour zu den Ursprüngen einfordert, gleicht einem Erwachsenen, der sich nach seiner verlorenen Kindheit sehnt. So wird das Reformkonzil von diesen Fortschrittsgläubigen einerseits gegen jede conservative Kritik verteidigt, weil die ein Zurück zum Ursprünglichen fordert und andererseits wird ein Über -das- Konzil- Hinaus gefordert, weil selbst das 2. Vaticanum beginnt, zu veralten.


So scheint das ursprünglich kirchliche Verständnis von einer Reform nicht mehr ein Bestandteil des Reformdiskurses sein zu können. Wie sollte auch die Normativität des Ursprünglichen noch begründet werden in dem Modell des Fortschrittes, in dem ein Sichentfernen vom Ursprung als ein Positives beurteilt wird. Materialiter heißt das ganz einfach, daß Jesus von Nazareth und das Urchristentum so sehr zeitbedingt sind, daß außer ein paar Kerngedanken, daß Gott als die Liebe alle und jeden Menschen liebe, alles andere für uns Heutigen keine Bedeutung mehr haben könne, denn wir sind doch schon so viel weiter als die Damaligen.


 

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