Donnerstag, 8. September 2022

Entleerter Glaube - Notizen zum Niedergang der christlichen Religion. Ursachenforschung

Entleerter Glaube – Notizen zum Niedergang der christlichen Religion


Wen die Frage umtreibt, wie es in der jetzigen Zeit zur Selbstdestruktion des Christentumes und der Kirche kommen konnte, der findet dazu in dem Büchlein: „Credo. Glaube und Bekenntnis der Christen Bd 1-3, herausgegeben vom Medienverbundprojekt zum Katholischen Erwachsenen-Katechismus reichliches Material. Durch diese Bände wird so viel Unkraut in den Katechismus hineingesät, daß es all die guten Pflanzen der Lehre der Kirche überwuchert und so zum Absterben bringt.

So wird in dem 1.Band (S.19) der Glaube verstanden. Der Glaube bestünde in dem Bekenntnis: „Ich glaube dir, ich glaube an dich.“ So wird das dann erläutert: „Glaube in diesem Sinn ist die Begegnung zwischen Personen, zwischen Ich und Du und Wir und schließt Vertrauen, Hingabe und Liebe ein.“

Das scheint nun wirklich ein recht konfuses Gerede zu sein. Erstens ist dieser Glaube nicht eine Begegnung, sondern höchstens der Effekt, den eine Begegnung bei dem Ich oder dem Du oder dem Wir hervorrufen kann. Daß nicht jede Begegnung diese Effekte evoziert, ist offenkundig. Der geneigte Leser möge sich nur kurz vor Augen halten, wie vielen Menschen er beim Einkaufen in einem Verbrauchermarkt begegnet, ohne daß dies zu einem Vertrauen, einer Hingabe oder gar zur Liebe zu den ihm Begegneten führt.

Also muß es sich wohl um eine besonders qualifizierte Begegnung handeln, die solche Effekte hervorruft. Im Genre des Liebesfilmes und der Liebesromane findet ein Leser solche Begegnungsszenen mehr oder weniger gut dargestellt zu Hauff ! Glaube wäre dann einfach ein Synonym für ein spontanes Sichverlieben in einen Menschen, der einem begegnet. Aber Liebe ist nicht Glaube!

Glaube soll dann heißen: „Ich glaube dir“. Konkretisieren wir das etwas: Da sagt wer:“Das tat ich nicht mit Absicht!“ und der so Angesprochene antwortet: „Ich glaube Dir“. Die Aussage: „Ich glaube Dir“ bezieht sich immer auf etwas von der Person, der gegenüber so sich geäußert wird. „Ich glaube Dir,Jesus, wenn Du sagst, daß Du der Sohn Gottes bist!“ Würde der so Glaubende wissen, daß Jesus der Sohn Gottes ist,könnte er es nicht mehr glauben, denn der Glaube impliziert immer eine defizitäre Erkenntnis. Wenn jemand die Wahrheit sagt, daß er nicht zur Verabredung gekommen ist, weil er erkrankt war, und ich weiß, daß er die Wahrheit sagt,kann ich nicht mehr urteilen:“Ich glaube Dir!“

Was glaubt denn der von Jesus, wenn er zu ihm sagt: „Ich glaube Dir!? Das Zumverschwindenbringen des Was man den von Jesus glaubt oder als was man ihn glaubt, macht das Spezifische dieses Destruktionsversuches des christlichen Glaubens aus. Es wird so ein gehaltloser Glaube konstruiert. Dabei wird aus der trüben Quelle der philosophischen Schule des Personalismus geschöpft, alles ist Begegnung zwischen Ich und Du, ohne daß dabei dieser philosophische Ansatz auf seine Tragweite und Angemessenheit überprüft wird. Auch bleibt völlig ungeklärt, warum denn eine Begegnung mit irgendwem zu einem: „Ich glaube Dir“ führen kann. Realistischer ist es doch, daß man sich so zu jemandem äußert, den man gut kennt. Wer wollte bestreiten: Wer dagegen spontan einem Verkäufer vertraut, das sei genau das richtige Produkt für Sie, wird sicher oft Enttäuschungen erleben, weil er betrogen wurde. Der christliche Glaube bezieht sich immer auf etwas, was er für wahr hält. Der Glaube ist so fundiert in einem cognitiven Akt, diese Fürwahrhalten, einem affektiven, daß darauf vertraut wird und einem voluntativen, daß das Geglaubte auch gelebt werden will. Aber der Glaube ist nicht abhängig von „Begegnungen“ und aus Begegnungen entsteht nicht einfach dieser Glaube. So ergibt sich ja die Liebe auf den ersten Blick auch nicht einfach aus der Begegnung zwischen einem Ich und einem Du. Die Vorstellung von dem Amorpfeil, der ins Herz trifft, ist da tatsächlich realistischer.

Aber für den theologischen Liberalismus ist diese Entsubstantialisierung des Glaubens ein Zentralanliegen, können so doch alle Dogmen der Kirche und ihre Lehre als nicht so wichtig entwertet werden, weil es jetzt nur noch auf das personalistische Begegnen ankäme. Die vulgärste Version lautet dann: Wenn ich als Christ nett zu meinem Nächsten mich verhalte, kann der in meinem Nettsein, meinem ihm Bejahen, um es eleganter zu formulieren, die Liebe Jesu zu ihm erfahren und so gläubig werden- daß man sich wechselseitig mag und annimmt und bejaht. Theologischer formuliert: Der christliche Glaube ist die wechselseitig gelebte Nächstenliebe. 

Der Hebräerbrief definiert Glaube  so: "Feststehen in dem, was man erhofft,Überzeugtseinn von dem,was man nicht sieht"  11,1. 

 

Zusatz:

Was bedeutet die Aussage, daß ich wem vertraue?  Sagt eine Ehefrau zu ihrem Mann: "Ich vertraue Dir!", so bedeutet daß: Ich gehe davon aus, daß du so bist und dich so verhältst, wie man es von einem guten Ehemann erwartet. Sagt das ein Vorgesetzter zu diesem Mann, bedeutet das: Ich gehe davon aus, daß du so bist und dich so verhältst, wie man es von einem guten Angestellten erwartet. Es existiert also, wenn von einem Vertrauen gesprochen wird eine Norm und daß wer diese Norm erfüllt, wobei nicht gewußt wird, ob die Norm erfüllt wird, aber davon ausgegangen wird. Jedes Vertrauen setzt so ein Manko an Wissen, ist das wirklich so,voraus. 

 

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