Dienstag, 7. November 2023

Die Kirche zwischen Reformen,Revolutionen,Restaurierungen und Weiterentwickelungen

Die Kirche zwischen Reformen,Revolutionen,Restaurierungen und Weiterentwickelungen


Wer den aktuellen Diskurs über die Kirche, noch nicht verstimmt unbeachtet läßt, stößt auf eine eigentümliche Confusion. Einigkeit besteht fast nur darin, daß sich die Lage der Kirche zumindest in Westeuropa und Amerika verschlechtert und daß irgendwie darauf zu reagieren ist. Der Begriff der Reform erfreut sich dabei größter Beliebtheit bei einem gleichzeitigen Höchstmaß an Unklarheit, was denn mit dieser Vokabel überhaupt gemeint ist:


Die erste Möglichkeit wäre, daß die außer Form geratene Kirche in ihre Form zurückzuführen sei. Diese Art von Reform wäre dann eine Restauration einer normativen Ursprungsform, von der sich die Kirche entfremdet habe, sodaß sie zu ihrer Ursprungsform sich zurückbekehren solle.


Die zweite Möglichkeit wäre die, daß unter der Prämisse des Glaubens an einen allgemeinen Menschheitsfortschritt die Kirche diesen Fortschritt mitzugehen habe,sodaß sie stets, um auf der Höhe der Zeit zu sein, sich zu reformieren habe.


Die dritte Möglichkeit wäre die, daß die Kirche sich als Religionsdienstleister versteht, der permanent seine Angebotssortiment der aktuellen Nachfrage der potentiellen Kunden anzupassen habe.


Die vierte Möglichkeit wäre die, Reformen zu verstehen auf die Reduzierung auf das Mach- und Finanzierbare, sodaß die Kirche auf manch Wünschenswertes zu verzichten habe, da es das nicht mehr realisieren könne. Dies Reformverständnis setzte aber eine Reformeuphorie wie etwa in der Zeit des Bundeskanzlers Brandt voraus, die es nun zurückzustufen gälte, daß man sich auf das real Machbare konzentriere. Ohne eine sogeartete Reformbegeisterung ist aber das Pathos dieses Reduktionismuses auf das Machbare nicht mehr möglich, aber faktisch werden so Reformen in der Kirche durchgesetzt.


Wer daraufhin den aktuellen Reformdiskurs analysiert, wird feststellen, daß die zweite und dritte Variante des Reformverständnisses diesen Diskurs dominieren. Allen gemein ist, daß die als notwendig angesehenen Veränderungen extern begründet werden, daß sich etwas verändere und daß daraufhin die Kirche zu reagieren habe. Ganz anders ist das Verständnis der Reform als das einer Weiterentwickelung, daß eben etwas in ihr schon Impliziertes sich exemplifiziert.Organisch wüchse die Kirche nicht nur nach außen hin sondern auch innerlich. So können große Theologien, die etwa des hl. Augustin oder hl.Thomas von Aquin als Entfaltugen der im Ursprung der Kirche offenbarten Wahrheiten begriffen werden. Der Begriff der Entwickelung im kirchlichen Diskurs läßt aber die Vorstellung von revolutionären Entwickelungen nicht zu, denn es kann und darf in der Kirche nichts Neues geben, sondern es kann nur das impliziet Enthaltende im Laufe der Kirchengeschichte sich explizieren. Philosophisch könnte man von revolutionären Entwickelungen sprechen hinsichtlich des Überganges vom Polytheismus zum Monotheismus und von da zum Atheismus, aber das kann nicht als eine legitime Entwickelung interpretiert werden, weil im Atheismus die Substanz des Poly- wie des Monotheismus destruiert wird, daß es Göttliches als Nicht-weltimmanentes gibt.

Wird von einer normativen Ursprungsform ausgegangen, die die Kirche ganz oder teilweise verlassen habe, dann müßte jede Kirchenreform einen restaurativen Charakter aufweisen. Dem modernen historischen Denken ist aber die These einer normativen Ursprungsform unzumutbar, erkennt es doch entweder nur eine Folge differenter Kirchenformen in der Geschichte oder aber eine Entwickelung im Geiste einer Fortschrittsgeschichtsphilosophie. Simpler konstruiert ist die Vorstellung, daß sich die Kontexte der Kirche im Laufe der Zeiten stets geändert haben und sich verändern, sodaß diese sich wandelnden Kontexte die Kirche dazu nötigen, sich stets neu in sie einzupassen. Nicht entfaltet so die Kirche sich im Laufe ihrer Geschichte,so wie etwa aus einem Kleinkind ein Erwachsener wird, sondern sie muß sich stets neu mit ihrer gesellschaftlichen Umwelt sich arrangieren. „Das kann man jetzt nicht mehr so sagen!“, lautet die Kurzformel für solche Anpassungsprogramme. So gibt aber die Kirche den Glauben an offenbarte Wahrheiten auf, indem sie sich von der Welt vorschreiben läßt, was sie wie zu sagen habe und wie sie sich zu gestalten habe. Da nun mal in der heutigen Zeit die parlamentarische Demokratie als die beste Staatsform angesehen wird, muß eben auch die Kirche sich parlamentaisch-demokratisch gestalten, völlig gleichgültig der Ordnung der Kirche gegenüber, die Gott ihr eingestiftet hat: So das Kernanliegen des Synodalen Irrweges. Das ist aber das Gegenstück zu der Vorstellung einer Weiterentwickelung der Ordnung der Kirche, denn die läßt keine Negation der ursprünglichen Ordnung der Kirche zu.


Aber die Zeiten stehen auf Umsturz und Revolution, zumindest im deutschen Kirchendiskurs!Dabei ist aber jede Revolution der Kirche notwendigerweise ein Aufstand gegen den Herrn der Kirche, der ihr seine Ordnung eingesetzt hat.


 

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