Frieden zwischen den Religionen eine Selbstverständlichkeit, gäbe es keinen Religionsmißbrauch
So simpel könnte man sich das vorstellen,daß im Prinzip alle Religionen in sich friedfertig seien und daß selbstverständlich die Differenzen zwischen den Religionen auf keinen Fall ein Grund für Gewaltanwendungen sein können, vielleicht versehen mit dem Zusatz,daß doch kein vernünftiger Mensch seine Religion so ernst nähme, daß er um ihretwillen gewalttätig würde. Demzufolge gilt, wenn im Namen einer Religion Gewalt angewendet wird, dann wird da die Religion immer nur zu einer Gewaltlegitimierung mißbraucht und das von Menschen, die selbst gar nicht religiös wären, sondern sie nur für ihre Zwecke instrumentalisierten.
Es irritiert nun keinen Kenner der Aphorismen von Nicolas Gomez Davila (Es genügt,dass die Schönheit unseren Überdruss streift...Aphorismen, 2017, S.115) auch zu dieser Allgemeinvorstellung ein sehr kritisches Fragezeichen gesetzt zu finden: „Der Respekt vor allen Religionen ist irreligiös.Wer glaubt,verehrt keine Idole.“ Wenn aber eine Respektlosigkeit des Gläubigen allen anderen Religionen zum Wesen des Religiösen gehörte, wie sollte dann noch ein friedliches Neben- oder gar Miteinander noch denkbar sein? Ein Gegeneinander der Religionen wäre ja, hätte dieser Aphorismus recht, geradezu dadurch präfiguriert.
Ein Orientierungsversuch:
Eine Möglichkeit, die Vielheit der Religionen zu erklären, wäre die These, daß es viele Götter gäbe, sodaß die religöse Vielheit die Vielheit der Götter entspräche. Wenn nun das Verhältnis der Götter untereinander nicht als ein friedliches Miteinander sondern auch als ein Gegeneinander vorgestellt würde, ergäbe sich fast schon notwendig, daß auch die Religionen widereinander kämpften. Einfacher wird diese Vorstellung, wenn von National- oder gar Stammesgöttern ausgegangen wird, so daß den realen Konflikten zwischen Stämmen umd Völkern ein diesen Konflikten übergeordnete Konflikte zugrunde lägten, die zwischen Göttern, die dann real in den Konflikten zwischen den Stämmen und Völkern engagiert wären.
Eine andere Möglichkeit wäre die, ausgehend von der These, daß es nur einen Gott gäbe, die Vielzahl der Religionen zu erklären durch die Differenz der einen wahren Religion zu den vielen anderen falschen, in denen eben nicht wahrhaftig der wahre Gott geglaubt wird. Diese Vorstellung inkludiert ein hohes Konfliktpotential und wird deshalb kaum noch vertreten. Aber man kann nicht bestreiten, daß dies zumindest die ursprüngliche Haltung aller monotheistischen Religionen war und heute so zumindet vom islamistischen Islam auch so noch geglaubt wird. Für die westliche Welt bildeten dagegen die innerchristlichen Religionskriege des 17.Jahrhundertes den Emergenzpunkt zur Pazifizierung der christlichen Religion durch die Aufklärung.
Eine dritte Möglichkeit wäre die, wiederum ausgehend von der These, daß es nur einen Gott gäbe, zu urteilen, daß die Vielzahl der Religionen nur die Vielfalt möglicher legitimer Glaubensweisen an Gott widergäbe. Alle Religionen seien auf den gleichen einen Gott ausgerichtet und von diesem einen Gott als gleichlegtime anerkannte. Nur gibt es in den heiligen Schriften keiner monotheistischen Religion eine sogeartete Gottesvorstellung. Die Basistexte und ihre diesen Texten getreuen Auslegungen müssen so einer Neuinterpretation unterworfen werden, sodaß sie so verharmonisiert werden können um des Friedens der Welt willen. Der globalisierte Dialog der Religionen dient primär dieser Verharmonisierung der Religionen in ihrem Verhältnis zueinander. Aber dafür ist der Preis des Verzichtes auf die Ursprungstreue zu zahlen.
Mit dem sich revitalisierenden Islam ist nun ein politischer Akteur auf der Weltbühne wieder aufgetreten, der sich dieser Domestikation der Religion widersetzt. Diese Religion versteht sich dabei gerade auch als eine Widerstandsform gegen den westlichen (Kultur)Imperialismus, vgl dazu sehr gediegen: Ernst Nolte, Dritte radikale Widerstandsbewegung: Der Islamismus. Hier wird die Politik wieder religiös fundiert und nur eine solche Politik wird als bejahbare Politik beurteilt. Die westliche Kultur sieht dagegen in der Emanzipation der Diskurse der Politik von allem Religiösen den Garant humaner Politik.
Von einem Mißbrauch der Religion seitens der Religion kann so deshalb nur gesprochen werden, wenn die Domestikation der Religion durch die Aufklärung und die Emanzipation der Politik von der Religion bejaht wird. Ob des hohen Konfliktpotentiales zwischen nichtdomestizierten Religionen setzt sich wohl die westliche Konzeption durch, aber das ist keine Selbstverständlichkeit. Im Judentum erleben wir eine Gegentendenz zu dieser westlichen Religionsauffassung und gerade dies Judentum, als orthodoxes bezeichnet,erweist sich gerade jetzt in Israel als ein sehr lebendiges. Dem korreliert der sich revitalisierende Hinduismus Indiens, Es scheint so, daß eine Revitalisierung einer Religion die Überwindung ihrer Domestikation durch die globalisierte Aufklärung des 18.Jahrhundetes erheischt. Das spricht für das Aufkommen unfriedlicherer Zeiten im Namen von Religionen. Denn dann wird die Gewalt im Namen Gottes legitimiert ausgeübt.
Corollarium 1
Zum Vitalismus: Jeder kennt die Lieblichkeit einer Schmusekatze, aber das ist nicht ihre ganze Wahrheit, denn zu der gehört auch die Begeisterung, mit der sie sich in ein Nest voller Jungvögel stürzt und sie alle masakriert. Die Lebensbejahung im Sinne des Vitalismus affirmiert beide Wahrheiten der Katze und verurteilt eine Lebensbejahung, die nur der Schmusekatze gilt. Die Moral der alleinigen Anerkennung der Schmusekatze wird so nietzscheanisch als eine Lebensverneinung verurteilt. Auch die Religionen sind nicht von ihrem Wesen her notwendig reine Affirmationen des Ideales der Schmusekatze.
Corollarium 2
Wer nun meinte, die christliche Religion kenne keine Gewalt im Namen Gottes, der möge bitte 1.Könige 18 nachlesen und auch diese Wahrheit, daß der Prophet Gottes dann alle Baalpriester töten ließ. (18,40)
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