Dienstag, 28. November 2023

Ein beliebtes Narrativ der Kirche – aber wie ideologisch verfährt die Kirchengeschichtsschreibung?

Ein beliebtes Narrativ der Kirche – aber wie ideologisch verfährt die Kirchengeschichtsschreibung?


Kirchliche Narrative sind eben große Erzählungen, die eben auch eine identität-stiftende Funktion für die Kirche erfüllen. Humoristisch formuliert sieht ein genuin protestantisches der Geschichte der Kirche so aus:Die ganze Welt wurde von Rom beherrscht, aber nicht die urchristlichen Gemeinden, die man sich so anarchisch individualistisch zu imaginieren habe wie das Gallierdorf von Asterix und Obelix: hierarchiefrei, ganz aus der Zauberkraft des persönlichen Glaubens lebend, ohne Priester, Opfer und Kirchenrecht, eine einzige geschwisterliche Liebes-gemeinschaft. Aber dann, aber dann verrömerte sich das Urchristentum und wurde zur Katholischen Kirche mit all ihren Abscheulichkeiten:Papst,Kleriker, Priester, die Gott wieder Opfer darbringen und philosophisch-scholastischen Dogmen,die nichts mit dem schlichten Evangelium des Jesus von Nazareth gemein habe.Dann aber kam Luther und führte die Christen heraus aus dieser abscheulichen Römischen Kirche zur Freiheit des Christenmenschen. Peinlich ist nun aber, daß dies Narrativ sich jetzt auch unter Katholiken größter Beliebtheit erfreut.

Aber was ist denn an diesem Narrativ alles unwahr? Der Erfolg dieses Narratives beruht auf seiner Plumpheit, daß einfach die Idealgestalt des Gemeindelebens der so verfahrenden Kirchengeschichtsschreibung in das sog.Urchristentum hineinprojiziert wird, um es dann als die Realität des Anfanges zu behaupten, wovon sich dann das Urchristentum entfremdet habe, bis es zur Katholischen Kirche sich pervertiert hätte.Das Konstrukt des authentischen Urchristentumes dient so nur der Delegitimierung der Katholischen Kirche. Man möchte eben eine ganz andere und neue Kirche kreieren, deren Substanz einfach die Sehnsüchte und Wunschvorstellungen dieser Kirchenkritiker bildet.

Dazu muß nun behauptet werden, daß der Herr seine Kirche einfach verlassen habe,um sie ganz der Willkür der Menschen zu überlassen, die dann auch diese Gunst weidlich ausnützten, bis sie die Katholische Kirche erschaffen hatten als einer einzigen Persiflage auf das wahre Urchristentum. Leider hat es dies Urchristentum genauso wenig gegeben wie das uns allen so liebe Asterix-und Obelixdorf. 1

1.Zusatz:

Zu  diesem Narrativ gehört auch, daß das Urchristentum in keiner Kontinuität mit dem ersten Bund Gottes mit dem Volk Israel gesehen wird, daß das erste Volk wie das der Kirche des zweiten Bundes keine Gruppe von Einzelindividuen ist sondern ihm eine eigene Organisationsstruktur zu eigen ist, daß es so wie im ersten Bund einen Tempelkult und dazu berufene Priester gab so auch im zweiten Bund das Meßopfer und die dazugehörigen Priester. 

2.Zusatz

Der große Historiker Leopold von Ranke postulierte: Geschichte so schreiben,wie sie war, aber nur Optimisten glauben, daß so unsere Geschichtsbücher verfaßt werden. 

 

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