„Nur 6,6 Prozent der deutschen "Katholiken" besuchen die Hl. Messe!“
So melden es die Medien übereinstimmend, einen lesenswerten Artikel zu dieser Misere bietet Kath net am 27.3.2025.Die Zahlen sind eindeutig, die Interpretation der Zahlen fällt dann aber äußerst vielfältig aus und sagt im Regelfall viel mehr über den Interpreten als über das zu erklärende Ereignis aus.
Ich möchte mal ab ovo ganz simpel anfangen: Ich genoß viele Jahre einen evangelischen Religionsunterricht und hatte zur Matura das Religionsfach als das vierte Prüfungsfach erwählt, ja dies Fach gehörte neben der Mathematik zu meinen Lieblingsfächern. Sicher bin ich mir, daß in all den Religionsstunden das Thema: Gottesdienst gar nicht vorgekommen ist oder wenn denn doch, dann nur negativ akzentuiert: Christ sein hieße nicht, Sonntag für Sonntag in die Kirche zu rennen, sondern die Nächstenliebe zu praktizieren. Ich hege denn Verdacht, daß das im katholischen Religionsunterricht nicht viel anders sich verhält.
Wo lernt heute denn noch ein Christ, daß die hl.Messe etwas Wesentliches des Lebens eines Christen zu sein hat? Er liest doch nur dieses, daß die Allermeisten nicht zur Messe gehen und wer hat noch Verwandte oder Bekannte, die zum Gottesdienst gehen und es dann noch mitteilen? Es ist nicht nur faktisch so, daß kaum noch wer in den Sonntagsgottesdienst geht, sondern es erscheint geradezu als Norm, daß man nicht zur Messe geht. Denn das, was alle tuen und was alle unterlassen, erscheint uns als das Normale und jedes davon abweichende Verhalten als nichtnormal.
Es könnte nun eingewendet werden, daß doch jeder Christ seine persönliche Entscheidung treffe, ob er zum Gottesdienst ginge oder nicht und daß er Gründe oder Motive benennen könne, warum er sich so gegen einen Gottesdienst entscheide. Viel realistischer ist aber wohl die Vermutung, daß es denn meisten so selbstverständlich ist, nicht zum Gottesdienst zu gehen, daß sie ad hoc gar keine Gründe dafür angeben könnten. Die Herausbildung von Selbstverständlichkeiten, Aristoteles expliziert das in seiner Habituslehre, entlastet den Einzelnen davon, sein jeweiliges Verhalten immer auf das Neue erklären und vor sich selbst begründen zu müssen: Es ist mir eben selbstverständlich.
Würde jemand nun doch anfragen, warum der Angefragte obschon er ein Christ sei, nicht zur hl.Messe ginge, dann dürfte er im Regelfall auch eine der geläufigen und akzeptierten Standartgründe zitieren können von: „Warum sollte ich in der Kirche beten, das könne ich doch überall“ über: „Warum solle ich mir eine Predigt anhören, in der der Priester ja nur menschliche Meinungen über Gott erzählt“ bis zu: „Das sei doch alles nicht mehr zeitgemäß“. Es ist eben solch eine Selbstverständlichkeit geworden, nicht zu gehen, daß dies Verhalten als nicht mal als ein zu begründendes angesehen wird. Unnormal ist es doch, noch zur Messe zu gehen.
Sicher ist das Faktum, daß nur noch 6,6 Prozent der Katholiken Deutschlands zur Messe gehen vielfältig verursacht, aber es kann nicht wegdiskutiert werden, daß es auch einen kirchlichen Eigenanteil daran gibt. Meine These dazu lautet nun: Der christliche Glaube wird heutzutage, anhebend mit der Aufklärung primär als eine moralische Praxis verstanden. Der deutsche Aufklärer Kant erklärt in seiner Schrift über die Religion in den Grenzen der Vernunft, daß der Kirchgang und alle religiösen Handlungen wie das Beten, das Fasten und alles andere nichts mit einem vernünftig praktizierten Glauben zu tuen habe, daß es eigentlich nur darauf ankäme, anständig zu leben, halt seine Pflichten zu erfüllen,um es mal preußisch zu formulieren. Alles Kultische sei dagegen nur etwas Irrationales.
Auch wenn die Allerwenigsten Kants Religionskritik kennen, so verhalten sie sich doch wie Kantianer: Um zu wissen, wie man zu leben habe, braucht man keine Religion, das sage einem allein die Vernunft und das fällt ineins mit dem, was man so meint, daß es sich so gehöre und was sich nicht gehöre.Und dann kann man noch an Gott glauben, hier urteilte Kant noch ganz anders, ist ihm Gott doch noch eine Denknotwendigkeit der praktischen Vernunft. Aber der postaufklärerische Mensch urteilt: Irgendwie wird es da schon was Höheres geben, aber im praktischen Leben lebt man dann ohne diesen irgendwie geglaubten Gott. Erst die postaufklärerische Philosophie, Feuerbach,Marx und dann Nietzsche propagierten den Tod Gottes, der nun erst populär wird als die große Gleichgültigkeit allen theologischen Fragen gegenüber. Gott interessiert nicht mehr, nicht mal mehr in der Kirche.
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